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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Sabina.
    Jemand räusperte sich bei der Tür. Ich drehte mich um. Es war Julia, Janas Magd. Sie kam vorsichtig herein und grüßte mich mit einem Kopfnicken. Jana zwang sich ein Lächeln ins Gesicht.
    »Was gibt’s?«
    Für einen Augenblick dachte ich, Julia würde aufs Neue Fryderyk Miechowita ankündigen, und wusste, dass ich dann das nächstbeste Stück, das mir in die Hände geraten wäre, zertrümmert und die Trümmer im ganzen Haus herumgeworfen hätte. Aber Julia trug lediglich etwas in der hohlen Hand und brachte es Jana hinüber.
    »Der Rossknecht hat diese Brosche im Stall gefunden«, sagte sie. »Er dachte, sie gehört Ihnen, und hat sie mir gegeben.«
    Jana starrte die Brosche an. »Ich muss sie verloren haben«, murmelte sie und nahm sie entgegen.
    »Sie lag auf einem der Balken, der die Pferche begrenzt. Sie haben sie vermutlich abgenommen und dort dann vergessen.«
    »So war es wahrscheinlich«, sagte Jana. Sie kramte in ihrer Börse herum und holte eine Hand voll Geld heraus. »Gib ihm das als Belohnung. Er hätte die Brosche auch einstecken können, ohne dass es mir aufgefallen wäre.«
    Julia nickte und blieb stehen.
    »Ist noch etwas?«
    »Ein Bote steht unten.«
    Jana musterte ihre Magd. »Was stimmt nicht mit ihm?«
    »Er redet seltsam … wie einer, der nicht sagen will, was ihm wirklich auf dem Herzen liegt …«
    »Woher kommt er?«
    »Hat er nicht gesagt. Aber er redet …«, Julia räusperte sich, »… so wie die Juden.«
    Ich dachte: Mojzesz hat schon wieder ein neues Problem, dann schämte ich mich dafür. Janas Augen war anzusehen, dass sie zumindest ebenfalls dachte, der Mann unten sei ein Abgesandter von Mojzesz Fiszel. »Schick ihn herauf«, sagte sie.
    Jana hielt die Brosche hoch und betrachtete sie. Dann legte sie sie vorsichtig auf das Schreibpult. Sie wirkte ratlos. Sabina nahm sie und hielt sie ins Licht.
    »Ein schönes Stück«, sagte sie. »Meine Mutter hatte eine ähnliche.«
    »Ich habe sie deswegen ausgesucht«, erklärte Jana abwesend. »Sie ist schön, aber wertlos. Ich fand sie drüben im Laden zwischen dem Krempel, der sich so ansammelt. Es sollte so aussehen, als wäre sie das Schmuckstück, das dein Vater mir geschenkt hat.«
    Sabina warf mir einen undeutbaren Blick zu.
    Jana schüttelte den Kopf. »Das hat jedenfalls nicht geklappt.«
    »Es hat doch geklappt. Der Knecht ist eine ehrliche Haut.«
    »Die Brosche war als Falle gedacht, um einen Dieb zu fangen, der mir einen Ring gestohlen hat.«
    Ich sah auf, aber Jana beachtete mich nicht. Sie betrachtete kopfschüttelnd die Brosche. »Aber der Ring ist weg, das ist unbestreitbar.«
    »Du müsstest schon jeden einzelnen der Dienstboten in Versuchung führen, um herauszubekommen, ob der Dieb unter ihnen ist«, sagte Sabina. Jana zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht hast du ihn ja nur verloren«, schlug ich vor.
    »Wie hätte ich ihn denn verlieren sollen? Ich habe ihn ja nie getragen, weil er mir nicht passte.«
    Was? Wieso zum Teufel hatte Paolo sich ausgerechnet diesen Ring schnappen müssen? Ich war erleichtert, dass es mir noch nicht gelungen war, dem Goldschmied die Metalle zukommen zulassen. Andererseits – nun musste ich wieder von vorn anfangen; und es war damit zu rechnen, dass Jana ihre Schmucksachen jetzt mit Argusaugen bewachte. Wenn ich alles so weit geregelt hatte, dass ich ihr den Ring zurückbringen (und den neuen aufstecken) konnte, würde sie herzlich darüber lachen. Doch ihr jetzt schon reinen Wein einzuschenken, hätte mein sorgsam aufgebautes Überraschungsmoment vollkommen zerstört und ihm jede Wirkung genommen. Und Wirkung, dessen zumindest war ich sicher, konnten wir derzeit jede Menge gebrauchen.
    Ich hörte Schritte an der Tür und drehte mich um. Jemand, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte, blieb am Eingang stehen und verbeugte sich so tief, dass man nur annehmen konnte, er war gut darin geübt. Als er sich wieder aufrichtete, ohne die Augen zu heben, sah ich einen mir völlig unbekannten jungen Mann, der seine Jarmulke in den Händen hielt. Ich bildete mir ein, einen kurzen, scharfen Blick empfangen zu haben, aber ich war mir nicht sicher.
    »Gott mit Euch, Euer Gnaden«, sagte er zu niemandem im Besonderen.
    »Ich bin Jana Dlugosz, die Herrin dieses Hauses«, sagte Jana. »Willst du zu mir?«
    »Ich habe eine Nachricht«, erklärte er dem Parkett.
    »Du wolltest sie meiner Magd nicht ausrichten.«
    »Sie ist etwas … delikat.«
    Jana, Sabina und ich wechselten einen Blick. Ich

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