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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zuckte mit den Schultern. Ganz unten in meinem Magen begann etwas zu pochen.
    »In diesem Haus hat keiner vor dem anderen ein Geheimnis«, sagte Jana scharf, nachdem sie meinen Blick etwas länger erwidert hatte als Sabina. »Blick auf und rede freiheraus. Für wen von uns ist die Nachricht?«
    Er hob die Augen und sah mir geradewegs ins Gesicht. »Für Euer Gnaden«, sagte er und zeigte auf mich.
    Das Pochen in meinem Magen verstärkte sich. Ich erkannte,dass Jana und Sabina darauf warteten, dass ich etwas tat. Ich sagte in der absoluten Überzeugung, einen Fehler zu machen: »Dann lass uns mal hören, was du mir zu sagen hast.«
    Er zögerte einen winzigen Augenblick. Er wartete darauf, dass ich ihn beiseite nahm und mir seine Botschaft in einer ruhigen Ecke anhörte; und ich ahnte, dass es besser gewesen wäre, es so zu tun. Doch nach Janas Einleitung hatte ich keine Chance mehr dazu. Ich fragte mich, wer er war und was er von mir wollte – von Mojzesz konnte er jedenfalls nicht geschickt worden sein. »Wo kommst du überhaupt her?«
    »Von Salomon Schlom.«
    Wer zum Henker war das? »Ich glaube nicht, dass ich schon das Vergnügen hatte«, erklärte ich steif. Wenn Joseph ben Lemel oder Lewko ben Jordan mir trotz all meines Widerstands einen Unterhändler geschickt hatten, um mich doch noch zu überzeugen, dann waren sie mehr als hartnäckig. Aber ich ahnte, dass es mit den beiden nichts zu tun hatte.
    »Der Pfandleiher in der Vorstadtgasse.«
    Ich starrte den jungen Mann an. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Jana sich versteifte und wie Sabina unwillkürlich einen Schritt näher tat. Ich holte Atem, aber es war zu spät: Der Bote redete weiter. Man musste ihm zugute halten, dass er trotz aller Appelle immer noch bemüht war, sein Anliegen so weit wie möglich zu verschleiern – sein Meister musste ihm höchste Diskretion eingeschärft haben. Tatsächlich aber machte er dadurch alles nur noch schlimmer.
    Entgeistert hörte ich ihm zu, wie er hervorsprudelte: »Reb Schlom schickt mich, um daran zu erinnern, dass er die zugesagten Dinge noch nicht erhalten hat. Vorher kann er den Ring nicht zurückgeben, lässt er sagen.«
    »Ring?«, stieß Jana hervor. »Den Ring, der aussieht wie ein geschlungener Zweig?«
    Der Bote schlug den Blick nieder. »Ich kenne das Stück nicht, Euer Gnaden.«
    Janas Blicke schossen zwischen dem Boten und mir hin und her. Ich wünschte mich in eine Maus zu verwandeln und davonhuschen zu können – oder noch besser, auf der Stelle von der Katze gefressen zu werden.
    »Das muss ein Missverständnis sein«, sagte ich lahm. »Er hat das Haus verwechselt.«
    »Reb Schlom schickte mich zu Reb Peter Bernward, Euer Gnaden. Es hieß, ich sei hier richtig.«
    »Mehr als richtig«, knurrte Jana.
    »Ja nun …«, sagte ich.
    »Was für Dinge sind es denn, nach deren Erhalt dein Meister meinen Ring wieder freigeben will?«
    Der Bote warf mir einen vorsichtigen Blick zu. Ich schloss die Augen. Er hatte nichts falsch gemacht, aber ich hätte ihn dennoch liebend gern erwürgt. Er wartete ein paar Augenblicke, erkannte, dass ihm von meiner Seite aus kein Wink gegeben wurde, was er sagen sollte, und blökte: »Gold und Steine, Euer Gnaden.«
    »Und du wolltest zu Peter Bernward?«
    Er sah mich verzweifelt an. »Euer Gnaden sind doch Reb Bernward?«
    »Wie er leibt und lebt«, hörte ich meine Tochter sagen.
    »Jana«, begann ich resigniert, »ich wollte, dass du es erst erfährst, wenn …«
    »Warte«, sagte sie. Sie suchte in ihrer Börse nach ein paar Münzen und winkte den Boten heran.
    »Es tut mir Leid, dass das auf diese Weise …«
    »Warte, bitte «, sagte sie. Sie drückte dem Boten das Geld in die Hand. »Sag Meister Schlom, er wird das Gewünschte unverzüglich erhalten. Um welche Menge handelt es sich?«
    Der Bote holte ein Wachstäfelchen aus seiner Tasche. Seine Blicke irrten immer noch zwischen Jana und mir hin und her. Er händigte es ihr aus. Sie überflog die eingekritzelte Notiz und nickte. »Ein wenig übertrieben, aber alles in allem entspricht esdem Wert des Rings.« Sie gab das Täfelchen zurück. »Ich kümmere mich darum. Meine Empfehlung an Meister Schlom.«
    »Euer Gnaden.« Er bückte sich wieder, so tief er konnte, schlich rückwärts zur Tür – ratloser Seitenblick zu meiner Person eingeschlossen –, richtete sich dort auf, stülpte die Jarmulke auf und verschwand. Wir hörten ihn auf dem Gang vor dem Saal zur Treppe stapfen und dann die Treppe hinuntergehen. Im Saal

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