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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Angst, und er spürte, wie sich sein Schließmuskel entspannte. Als ihm der Geruch in die Nase stieg, zitterte Belfontaine vor Scham.
    Dann verschwand das Trugbild seines Vaters so plötzlich, wie es gekommen war, und er sah schreiende oder weinende Männer auf dem Treppenabsatz sitzen. Er drehte sich zum Rest seiner Truppe um und stellte fest, dass die meisten auf dem Rückzug waren. Doch als wäre das nicht bereits schlimm genug, ritt ihnen eine Kompanie der Stadtwache entgegen.
    Hatten die den Verstand verloren, zu Pferd gegen Energiewaffen anzutreten? Aber dann sah er, dass keiner seiner Soldaten auch nur daran dachte, nach einer Waffe zu greifen – sie waren viel zu beschäftigt damit, herumzuhüpfen und sich ihrer Anzüge zu entledigen. Dieser verdammte Planet trieb sie in den Wahnsinn!
    Bevor er diese neue Entwicklung ganz begriffen hatte, hörte er ein anderes Geräusch, ein Knirschen von Stein auf Stein.
    Er drehte sich um. Auf einer Seite des großen Haupttors hatte sich eine Öffnung in der Burgmauer aufgetan, und aus dieser strömte die Palastwache, von der man ihm versichert hatte, sie sei nicht in der Burg.
    Belfontaine griff an seine Seite, wo eine Schusswaffe hätte sein sollen, aber seine Finger strichen nur über das Gewebe seiner Thermounterwäsche. Er bückte sich und versuchte, die Waffe in dem Kampfanzug zu finden, der ihm als ein Häufchen auf die Knöchel hinabgerutscht war.
    Na, kleiner Mann?
    Die Worte dröhnten wie ein Kanonenschlag in seinem Geist, vertraut und fremd zugleich. Das war zu viel; Lyle Belfontaine wurde zum ersten Mal in seinem Leben ohnmächtig.
    Als Belfontaine zu sich kam, fand er sich auf einer langen Couch wieder, ohne seine Kampfausrüstung. In einem großen steinernen Schlund brannte ein angenehmes Feuer, das den Geruch von Cottman-Balsam verströmte. Er lag benommen und konfus in seiner besudelten Thermowäsche.
    Er hörte das leise Rascheln von Stoff und drehte den Kopf in die Richtung des Geräuschs. Eine dunkelhaarige Frau in einem rubinroten Kleid kam in sein Blickfeld. Das Kleid fiel weich und fließend um ihre schlanke Gestalt, als sie auf ihn zuging; um ihren Kopf wehte ein hauchdünner Schleier. „Na, geht es schon besser?“ Er starrte sie einen Augenblick lang an, unfähig, ihre Frage zu begreifen. Belfontaine hatte die Sprache der Einheimischen nie sehr gut beherrscht, und in seinem momentanen Zustand der Verwirrung verließen ihn seine Kenntnisse völlig. Schließlich begriff er, nickte und setzte sich so schnell auf, dass ihm schwindlig wurde. Die Frau war klein, nicht größer als er, und so jung, dass sie seine Tochter hätte sein können, aber nur mit seiner verschmutzten Unterwäsche bekleidet, fühlte er sich hilflos und verletzlich. Und widerlich – er stank nach Schweiß, Angst und Schlimmerem.
    Hinter der Couch näherten sich Stiefeltritte, und Belfontaine wandte den Kopf, um festzustellen, wer es war. Lew Alton tauchte auf, ein dämonisches Grinsen im Gesicht. Wenn Lyle nicht seine Waffen verloren hätte, er hätte den verhassten Mann auf der Stelle über den Haufen geschossen.
    „Sie wollten doch immer Burg Comyn von innen sehen, nicht wahr, Lyle? Jetzt haben Sie ihr Ziel erreicht“, sagte Alton ernst. „Möchten Sie einen Becher Wein?“ Im ersten Moment raubte diese offene Unverschämtheit Belfontaine die Sprache. Dann fauchte er: „Was tun Sie hier? Ich dachte, Sie seien mit den anderen … Und was haben Sie mit mir und meinen Männern gemacht?“ „Ich habe gar nichts mit Ihnen gemacht, kleiner Mann. Sie haben sich alle Schwierigkeiten selbst eingebrockt. Was ist jetzt mit dem Wein? Ich werde einen Becher trinken, und ich schlage vor, Sie schließen sich an.“ Lew ging zu einem kleinen Tisch und goss zwei Gläser voll. „Möchtest du auch welchen, Valenta?“ „Ich glaube, ja“, antwortete die Frau. Alton schenkte einen weiteren Becher ein und reichte ihn Valenta. Die anderen beiden stellte er auf ein kleines Tablett und ging zu Belfontaine hinüber.
    Kleiner Mann. Das waren genau die Worte, die er gehört hatte, bevor er … nein, er wollte lieber nicht daran denken. Er wusste genau, er hatte Lews Stimme gehört, aber nicht als normalen Schall. Die Resonanz war anders gewesen. Er musste über eine Art Gerät gerufen haben, irgendein primitives Ding, vermutlich ein uralter Lautsprecher. Er hatte sich lediglich eingebildet, dass er die Worte in seinem Kopf hörte, das Ganze war sicher nur eine Täuschung gewesen, die auf seinen

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