Der Sohn des Verräters - 21
anschloss, wie sie manchmal genannt wurde.
„Hier wären wir endlich.“ Rafael trat vor und öffnete eine Doppeltür. Er stieß beide Flügel auf und winkte sie in einen großen Salon. Im Kamin brannte ein Feuer, der Duft von kürzlich aufgetragenem Bienenwachs stieg von den schweren, hölzernen Stühlen davor auf und strafte Rafaels Andeutung über den Zustand ihrer Unterkunft Lügen. Der dicke Teppich unter ihren Füßen war staubfrei, und die Vorhänge vor dem Fenster sahen relativ neu aus.
Ein hübscher Raum, der für eine Frau möbliert war. Die Wände waren in einem hellen Goldton gehalten, und der Wandteppich stellte eine Gruppe von Damen dar, die sich über einen riesigen Stickrahmen beugten. Es gab kleine, mit dickem Samt gepolsterte Fußschemel und mehrere kleine Tische ebenso wie einen größeren, an dem bequem sechs Leute sitzen konnten. In seiner Mitte stand eine Vase mit Blumen, deren schwacher Duft sich mit dem Geruch des Feuers vermischte.
Katherine sah sich um, ihr Künstlerblick erholte sich nach der Öde der Schiffskabine zusehends. Sie drehte sich einmal um sich selbst und entspannte sich in der Wärme des Raumes, dann schenkte sie Rafael ein strahlendes, wenn auch müdes Lächeln. „Es ist sehr schön hier. Danke. Sie haben keine Vorstellung, wie … Dieser Raum ist fast so groß wie unser gesamtes Quartier auf Terra. Und Holz, richtige Holzmöbel. Die haben wir auf Renney auch, und ich habe sie wohl vermisst, ohne dass ich es richtig merkte. Ich hoffe, es war nicht zu viel Mühe.“
Rafael zuckte nur die Achseln. „Die Diener haben alles hergerichtet. So, das Hauptschlafzimmer ist durch diese Tür, Bad und Abtritt sind den Flur entlang, zweite Tür rechts. Ihr könnt es nicht verfehlen. Dort findet ihr Bademäntel und Handtücher und alles. Ich lasse euch etwas zu essen bringen, wenn ihr mir sagt, ob ihr Frühstück oder Mittagessen vorzieht. Lew meint, das Essen auf den Schiffen ist bodenlos schlecht, und ihr wollt bestimmt sofort etwas Schmackhaftes.“
„Was ist hinter der anderen Tür?“ Terese deutete zu einem geschlossenen Portal am anderen Ende des Raums.
„Da sind die anderen Schlafzimmer, und du kannst dir aussuchen, welches du haben möchtest“, antwortete Rafael. Er hatte offensichtlich viel Erfahrung mit Kindern und trotz seiner eigenen Zweifel auch ein angeborenes Talent für sie.
Tereses Miene hellte sich auf. „Ein eigenes Zimmer? Ich muss es mit niemandem teilen?“
„Du bist alt genug für ein eigenes Zimmer, Terese – was für ein schöner Name.“ Rafael warf Herm einen Blick zu, der Bände sprach, und Herm wurde leicht verlegen, auch wenn die beengten Lebensverhältnisse auf Terra ihm keine große Wahl gelassen hatten. Aber Rafael hatte Recht. Seine Tochter war tatsächlich viel zu alt dafür, sich ein Zimmer mit einem ihrer Brüder zu teilen.
Herm beobachtete, wie Katherine den Mantel auszog und sich umsah, wo sie ihn aufhängen konnte. Da erschien eine Dienerin, ein rotbackiges Mädchen, dessen Haar von einer Schmetterlingsspange am Hinterkopf zusammengehalten wurde. Es nahm Katherine den Mantel ab und machte rasch einen Knicks. „Willkommen auf Burg Comyn, Vai Domna.
Dom Aldaran.“
„Danke.“
„Ich bin Rosalys, und ich werde mich um euch kümmern. Domna Marguerida hat mich geschickt. Sie sagt, sie bedauert, dass sie nicht selbst kommen kann, um euch zu begrüßen, ebenso wenig wie Domna Linnea, und hofft, ihr werdet verzeihen.“
„Selbstverständlich“, antwortete Herm. „Wir verstehen vollkommen.“ Er warf Rafael einen raschen Blick zu. Liegt Regis tatsächlich im Sterben?
Ja. Es war ein massiver Schlaganfall, und bis jetzt sind die Heiler nicht in der Lage, etwas für ihn zu tun. Selbst Mikhail und Marguerida mit ihren unglaublichen Fähigkeiten konnten ihm nicht helfen, und glaub mir, sie haben es versucht. Mein armer Bruder ist vor Enttäuschung außer sich, und ich kann es ihm nicht verübeln. Er hat all diese Macht und ist doch hilflos.
Dieser letzte Gedanke ergab für Herms müdes Gehirn nicht sofort einen Sinn, deshalb schob er ihn beiseite. Es besteht wohl keine Möglichkeit, dass das Medizinische Zentrum im Hauptquartier helfen könnte?
Die? Sie erlauben Darkovanern seit fünf Jahren nicht mehr, ihre Einrichtungen zu benutzen – seit der neue Stützpunktleiter ein paar Medienschirme in einer Kneipe in der Handelsstadt installieren wollte und Regis sie sofort wieder abbauen ließ. Belfontaine rächte sich, indem er das Krankenhaus
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