Der Sohn des Verräters - 21
glaube nicht, dass er bei einer so schrecklichen Sache übertreiben würde. Deshalb kann uns seine Gattin, Lady Linnea, nicht willkommen heißen, wie sie es unter anderen Umständen tun würde, und deshalb hat Lew Alton Rafael zu unserer Begrüßung abkommandiert.“
„Hast du gewusst, dass er …? Was genau hat dich veranlasst, uns aus den Betten zu holen und Hals über Kopf hierher zu bringen?“ „Eine Vision, Liebes, falls man Stimmen so nennen kann.
Ich verfüge über das, was wir die Aldaran-Gabe nennen, die gelegentliche Fähigkeit, die Zukunft vorherzusehen, obwohl ich sie in diesem Fall eher vorher gehört als gesehen habe. Ich wusste plötzlich, dass die Legislative aufgelöst werden würde, und erkannte welche Auswirkungen das hatte. Also tat ich, was ich für das Beste hielt, nämlich uns alle so weit und so schnell wie möglich vom Territorium der Föderation wegzuschaffen.“
„Dann wusstest du also nicht, dass Regis krank ist“ Nana wusste, dass er das zweite Gesicht hat – aber das ist zu viel … erst Telepathen und dann auch noch Hellseher. Ich frage mich, was er mir noch verschwiegen hat. Nein, ich will es gar nicht wissen. Nicht jetzt, nicht heute. Ich ertrage keine weiteren Enthüllungen mehr.
„Ich hatte eine Ahnung, könnte man sagen. Aber obwohl ich gleichzeitig die Empfindung von etwas Schrecklichem in Bezug auf Regis und die Maßnahme von Nagy hatte, verriet mir nichts, wann das sein würde. Regis’ Erkrankung hätte Wochen oder Jahre in der Zukunft stattfinden können, Sie konnte aber auch bereits passiert sein. Die Aldaran-Gabe ist nicht präzise, und nicht alles, was wir vorhersehen, tritt auch ein. Zum Beispiel kann es sein, dass ich jemanden an einem Unfall beteiligt sehe – einem Luftautoabsturz, vielleicht – aber an dem Tag, an dem es passiert, beschließt der Betreffende, lieber daheim zu bleiben. Was die Auflösung der Legislative angeht, war ich mir meiner Sache ziemlich sicher, denn wir waren seit zwei fast Monaten nicht fähig gewesen, richtig zu arbeiten, alle hielten gewissermaßen den Atem an und warteten auf das Henkersbeil. Ich nehme an, auch manche meiner Kollegen ohne jegliche paranormalen Fähigkeiten haben teilweise kommen sehen, was schließlich eintrat. Ich hatte lediglich den Vorteil, wenn man es so nennen will, dass ich ein bisschen deutlicher vorgewarnt wurde. Es war von meiner Seite vor allem eine Frage des Vertrauens – zu glauben, was ich vorhersah, und danach zu handeln. Das ist im Wesentlichen alles, was ich dir erzählen kann.“
„Wer kommt an die Macht, wenn Regis nicht mehr ist?“
Herm lachte leise. „Mein Schwager Mikhail, der jüngere Bruder von Rafael. Ich habe ihn noch kennen gelernt, kurz bevor ich Darkover verließ, damals war er Anfang zwanzig. Ein tüchtiger Mann.“
„Der jüngere Bruder? Ist das nicht ein bisschen merkwürdig?“
„Doch. Es ist so; Regis hat seinen jüngsten Neffen schon vor langer Zeit zu seinem Erben bestimmt, noch bevor er Lady Linnea geheiratet hat. Mikhail ist der Sohn seiner Schwester, Javanne Hastur. Regis hatte andere Kinder, aber die wurden bereits in der Wiege ermordet, wie viele andere Leute damals, und zwar von den Weltenzerstörern, einer Geheimorganisation der Terraner. Dann heiratete er Linnea, und sie hatten drei Kinder, einen Sohn namens Danilo und zwei Töchter.“
„Aber warum wird Mikhail dann sein Nachfolger?“ Katherine ließ sich beinahe unbewusst ablenken. Hauptsache, sie dachte an etwas anderes als an Telepathen. Das war ihr für den Augenblick zu viel. Und sie musste immer weiterreden, damit sie nicht zum Nachdenken kam.
„Das ist eine komplizierte Angelegenheit, aber im Wesentlichen hat Danilo Hastur auf die direkte Thronfolge verzichtet, um durch seine Heirat mit Miralys Elhalyn zum Erben der Domäne Elhalyn zu werden. Die Elhalyn stellen seit Beginn der überlieferten Geschichte die Könige Darkovers, aber die eigentliche Regierungsgewalt blieb immer in den Händen der Familie Hastur, Die beiden Familien sind verwandt, und Regis’ Mutter war Alanna Elhalyn … Deine Augen werden glasig.“
„Ja? Das wundert mich nicht. in meinem Kopf geht es zu wie in einem Bienenstock. Ich bin unglaublich müde, Herm! Ich habe geschlafen und geschlafen, weil ich wusste, du würdest mir nicht sagen, was los ist, und es hat mir solche Angst gemacht. Wenn ich wach war, hätte ich dich jedes Mal erwürgen können! Und trotzdem fühle ich mich so ausgelaugt. Und ich habe Angst. Was wird aus uns
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