Der Sohn des Verräters - 21
werden?“
„Nun, als Erstes werden wir etwas zu essen bekommen, richtiges Essen, und dann werden wir in einem richtigen Bett schlafen.“
„Du weißt, was ich meine!“
„Ja. Ich glaube, wir werden auf absehbare Zeit hier auf Darkover bleiben, Liebes. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht nach deiner Meinung fragen konnte, aber ich musste mich rasch entscheiden, sonst hätte ich riskiert, als Staatsfeind in einem Gefängnis der Föderation zu landen. Und misstrauisch, wie die Terraner in letzter Zeit waren, hätte man dich und die Kinder wahrscheinlich mit mir eingesperrt.“
Katherine nickte. „Ja, bei meinen Kontakten zu den Separatisten dürftest du Recht haben, Aber was wird mit Renney geschehen?“
„Ich habe keine Ahnung. Ich denke, dass die geschützten Planeten sich selbst überlassen sind oder es bald sein werden.
Nach meiner Vermutung – und es ist wirklich nur eine Vermutung – wird die Föderation damit drohen, ihre Präsenz aufzugeben, ihre geliebten technischen Errungenschaften abzuziehen, in der Annahme, die geschützten Welten werden dann gezwungen sein, sich ihrem Willen zu beugen und ihnen das zu geben, was sie am meisten wünschen, nämlich die totale Vorherrschaft über alle Planeten. Ich kann nur raten, ob sie eine solche Drohung tatsächlich wahr machen, und ehrlich gesagt, bin ich zu müde, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen.“
„Das alles zeichnet sich doch bestimmt schon lange ab.“
„Ja. Die Föderation sieht schon seit Jahren Gespenster, noch bevor ich Lews Posten als Senator übernommen habe.
Sie haben nach einem Konflikt gesucht, um all die Plünderungen zu rechtfertigen, die sie in den letzten beiden Generationen begangen haben. Sie haben sich auf einen Krieg vorbereitet, und es gibt niemanden außer ihnen selbst, gegen den sie kämpfen könnten. Also haben sie beschlossen, dass die Kolonien der Feind oder der potenzielle Feind sind und dass Sie gewaltsam auf Linie gebracht werden müssen.“
„So wie bei der Besetzung des Sonnensystems Enki.“ Ihre Stimme klang leise und müde.
„Das ist ein Beispiel von vielen. Jetzt aber genug davon. Lass uns jetzt essen und ein Bad nehmen, damit wir den Gestank vom Schiff loswerden. Danach fühlst du dich viel besser, das verspreche ich dir. Darkover mag in manchen Dingen ein wenig rückständig sein, aber was Komfort und Sauberkeit angeht, sind wir die zivilisierteste Welt der gesamten Galaxis.“
3
Gisela Aldaran-Lanarts Füße ruhten auf einem gepolsterten Schemel vor ihrem Sitzplatz, auf ihren Knien lag eine weiche Wolldecke. Sie starrte auf die gläsernen Scheiben des Schachspiels, das ihr Marguerida vor drei Jahren zu Mittwinter geschenkt hatte, aber sie war so vertraut mit dem Brett, dass sie es gar nicht mehr richtig wahrnahm. Es war wunderschön, mit von Meisterhand geschnitzten Spielsteinen, so dass die Furchen und Faltenwürfe das Licht einfingen und die Figuren beinahe lebendig wirkten. Das waren sie jedoch nicht, vielmehr waren sie eingeschlossen in Stein, und Gisela fühlte sich häufig wie eine von ihnen.
Wenn sie einsam war, nahm sie oft die Figuren zur Hand, strich über die Falten, spürte den Knochen und das Holz, aus denen sie geschnitzt waren. Gisela hatte Plastiken immer gemocht, und als sie noch klein war, hatte sie dies und jenes aus Feuerholz geschnitzt, bis ihr Kindermädchen erklärte, das sei eine schmutzige Gewohnheit, und sie zwang, damit aufzuhören. Gisela hatte immer geglaubt, die Gestalten existierten bereits im Holz und warteten nur darauf, befreit zu werden. So wie sie selbst sich danach sehnte, aus diesem Gefängnis von Palast freizukommen.
Nur wenige Menschen auf Burg Comyn verstanden sich auf dieses komplexe Schachspiel und konnten eine Partie mit ihr wagen: Lew Alton, Marguerida, Danilo Syrtis-Ardais und Donal Alar, der Neffe ihres Mannes und Friedensmann von Mikhail Hastur. Ihrer Schwägerin ging sie möglichst aus dem Weg, obwohl es immer noch gefahrloser war, ihr über den acht durchsichtigen Ebenen des Spiels zu begegnen als in den Fluren der Burg. Lew Alton war ein guter Gegner, aber sein Spiel war unberechenbar, und Danilo war viel zu geschickt, so dass Giselas Spielweise ihn enttäuschte. Damit blieb noch Donal, dem seine Pflichten wenig Zeit ließen, aber er versuchte sie so oft wie möglich herauszufordern. Sie waren ebenbürtige Gegner, und Gisela genoss ihre Begegnungen beinahe so sehr sie sich eben gestattete, etwas zu genießen.
Alles war so furchtbar öde. Sie hatte das
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