Der Sohn des Wolfs
– «
»Aber wie kannst du das? – Das Auswaschen?«
»Glaubst du, das hielte mich? Schlimmstenfalls übergebe ich alles Vater Roubeau. Ich kann es ihm anvertrauen, den Goldstaub bei der Bank der Kompanie einzuzahlen.«
»Daran zu denken! – Ich will ihn nie wiedersehen.«
»Gott segne dich.«
»Aber so fortzugehen Ach, Clyde, ich kann nicht! Ich kann nicht!«
»So, so; natürlich kannst du. Laß das nur meine Sorge sein. Sobald wir alles geordnet haben, brechen wir auf und – «
»Aber wenn er zurückkehrt?«
»Ich zerschmettere jeden – «
»Nein, nein! Keinen Kampf, Clyde! Versprich mir das.«
»Also schön! Dann sage ich nur den andern, daß sie ihn rausschmeißen sollen. Sie haben gesehen, wie er dich behandelt hat, und sie haben nicht allzuviel für ihn übrig.«
»Das darfst du nicht; du darfst ihm nichts Böses tun.«
»Wie? Soll ich zugucken, wenn er hereinkommt und dich vor meinen Augen holt?«
»Nei – ein«, flüsterte sie und streichelte ihm die Hand.
»Dann überlaß es mir und kümmere dich nicht darum. Ich werde dafür sorgen, daß ihm nichts geschieht. Ein Wunder, daß er dir nichts getan hat! Wir gehen nicht wieder nach Dawson. Ich bitte ein paar Jungens, ein Boot auszurüsten und den Yukon hinaufzufahren. Wir kreuzen die Wasserscheide und flößen den Indian-Fluß hinunter, um sie zu treffen. Dann – «
»Und dann?«
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Ihre Stimme sank zu einem sanften Flüstern, jedes Wort war eine Liebkosung. Der Jesuit rückte nervös hin und her.
»Und dann?« wiederholte sie.
»Ja, dann staken wir uns hinauf, immer höher, und umgehen die White-Horse-Schnellen und den Bax Canon.«
»Ja?«
»Und dann kommen der Sixty-Mile-Fluß, die Seen Chilcoot, Dyea und endlich das Meer.«
»Aber, Liebster, ich kann ja kein Boot staken.«
»Du kleines Gänschen! Ich nehme Sitka Charley mit; er kennt jedes Fahrwasser, jeden Lagerplatz und ist der beste Reisende, den ich je getroffen habe; er ist Indianer. Du hast nichts zu tun, als mitten im Boot zu sitzen, zu singen, Cleopatra zu spielen und mit den – nein, wir haben Glück; es ist zu früh für Moskitos.«
»Und dann, Antony?«
»Und dann mit dem Dampfer nach San Francisco und in die Welt hinaus! Nie wieder zurück in dies verfluchte Loch. Denk! Die ganze Welt steht uns offen! Ich verkaufe alles. Oh, wir sind reich. Das Waldworth-Syndikat gibt mir eine halbe Million für das, was noch im Boden steckt, und doppelt soviel habe ich bei der P. C. Kompanie zugute. Wir reisen zur Ausstellung nach Paris. Wir reisen nach Jerusalem, wenn du willst. Wir kaufen uns einen italienischen Palast, und du sollst Cleopatra spielen, soviel es dir Spaß macht. Nein, Lucretia sollst du sein, Acte, oder wonach dein Herzchen sich sonst sehnt. Aber du darfst nicht, du darfst wirklich nicht – «
»Das Weib Cäsars muß über jeden Vorwurf erhaben sein.«
»Natürlich, aber – «
»Aber ich werde nicht deine Frau, nicht wahr, Liebster?«
»Das meinte ich nicht.«
»Aber deshalb wirst du mich doch ebenso liebhaben und nie denken – ach! ich weiß, du bist ja doch wie die andern Männer; du wirst meiner überdrüssig und – und – «
»Wie kannst du nur so was sagen? Ich – «
»Versprich es mir.«
»Ja, ja, ich verspreche es.«
»Du sagst das so leichthin, Liebster; aber wie kannst du es wissen? – oder ich? Ich habe so wenig zu geben, und doch ist es so viel. Ach, Clyde! Versprich mir, daß du mich nie verläßt!«
»So, so! Du mußt nicht schon zu zweifeln beginnen. Bis der Tod uns scheidet!«
»Denk dir! Das sagte ich einmal zu ihm – zu ihm, und jetzt?«
»Und jetzt, mein kleines Lieb, sollst du dir nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen. Natürlich werde ich dich nie, nie – und – «
Und zum erstenmal begegneten sich ihre zitternden Lippen.
Vater Roubeau hatte durch das Fenster Ausschau gehalten, konnte es aber jetzt vor Spannung nicht mehr aushalten. Er räusperte sich und drehte sich um. »Jetzt sind Sie an der Reihe, Vater!« Whartons Gesicht glühte nach seiner ersten Umarmung. In seiner Stimme war ein triumphierender Klang, als er jetzt vor dem andern zurücktrat. Er zweifelte nicht an dem Ausgang, und das tat Grace auch nicht, denn ein Lächeln umspielte ihren Mund, als sie sich jetzt zum Priester umwandte.
»Mein Kind«, begann er, »mein Herz blutet um Sie. Es ist ein schöner Traum, aber es kann nicht sein.«
»Und warum nicht, Vater? Ich habe ›ja‹
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