Der Sohn des Wolfs
Schicksal der P. C. Kompanie gebot, und ihm einen Kredit entlockte. Aber die Papiere lauteten offiziell auf Edwin Bentham. Sie war es, die ihren Säugling die Flüsse hinauf und hinab, über Deiche und Wasserscheiden, auf Dutzenden wilder Züge schleppte. Und doch redeten alle von der Energie dieses Bentham. Sie war es, die die Karten studierte, die Minenarbeiter ausforschte und ihm Geographie und lokale Kenntnisse in den leeren Schädel hämmerte, bis jeder seine fabelhaften Kenntnisse von Land und Leuten bewunderte. Selbstverständlich sagte man auch, daß seine Frau tüchtig sei, aber nur wenige kluge Köpfe verstanden sie ganz zu schätzen und bemitleideten sie.
Sie tat die Arbeit; er erntete Ehre und Lohn. Im Nordwest-Territorium kann eine verheiratete Frau weder ein Flußbett noch eine Grube oder einen Claim auf ihren Namen registrieren lassen; deshalb ging Edwin Bentham zum Goldkommissar und sicherte sich den Claim Nummer dreiundzwanzig, zweite Reihe, auf dem Franzosen-Hügel. Als der April kam, wuschen sie tausend Dollar täglich aus, mit der Aussicht auf noch viele solche Tage.
Am Fuße des Franzosen-Hügels floß der Eldorado vorbei, und an seinem Ufer stand die Hütte Clyde Whartons. Er wusch zwar noch nicht täglich seine tausend Dollar aus, aber seine Haufen von Goldsand wuchsen von Tag zu Tag, und die Zeit mußte kommen, da diese Haufen durch seine Pfanne rinnen und ihm im Laufe von einem Dutzend Tagen mehrere hunderttausend Dollar bringen mußten. Er saß oft in seiner Hütte, rauchte seine Pfeife und träumte – aber nicht von Goldstaub und Goldsand. Sie trafen sich häufig, da die Wege zu ihren Claims sich kreuzten, und im Frühling des Nordlands gibt es viel zu reden; aber nicht ein einziges Mal verrieten sie ihre Gefühle, weder durch einen Blick noch durch ein unüberlegtes Wort.
So war es anfangs. Eines Tages aber wurde Edwin Bentham brutal. So sind alle Knaben. Außerdem begann er jetzt, da er ein großer Mann am Franzosen-Hügel geworden war, sehr eingebildet zu werden und zu vergessen, daß er alles seiner Frau zu verdanken hatte. An diesem Tage hörte Wharton davon, suchte Grace Bentham auf und redete wirres Zeug. Das machte sie sehr glücklich, obwohl sie nichts davon hören wollte und ihm das Versprechen abnahm, nicht mehr so zu ihr zu sprechen. Ihre Stunde hatte noch nicht geschlagen.
Aber die Sonne kam auf ihrer Wanderung nach dem Norden, die Finsternis der Mitternacht wurde zu dem bleigrauen Schimmer der Dämmerung, der Schnee schmolz, das Eis war von Wasser bedeckt, und die Schmelze begann. Tag und Nacht glitt der gelbe Sand durch die schnellen Pfannen und zahlte den starken Männern aus dem Süden sein Lösegeld. Und in dieser geschäftigen Zeit schlug Grace Benthams Stunde.
Für uns alle schlägt einmal eine solche Stunde – das heißt für die von uns, die nicht zu phlegmatisch sind. Einige Menschen sind gut, nicht aus eingewurzelter Liebe zur Tugend, sondern aus reiner Faulheit. Wer von uns schon schwache Augenblicke gehabt hat, wird das verstehen.
Edwin Bentham wog am Schanktisch in Forks Wirtschaft Goldstaub ab – reichlich viel von seinem Goldstaub ging diesen Weg – , als seine Frau die Böschung herabkam und in Clyde Whartons Hütte schlüpfte. Wharton hatte sie nicht erwartet, aber das tat nichts zur Sache, und viel Elend und müßiges Beraten wäre vermieden worden, hätte Vater Roubeau sie nicht gesehen und wäre vom Hauptweg eingebogen.
»Mein Kind – «
»Halt, Vater Roubeau! Obwohl ich nicht von Ihrem Glauben bin, habe ich doch Achtung vor Ihnen; aber treten Sie nicht zwischen diese Frau und mich!«
»Wissen Sie, was Sie tun wollen?«
»Ob ich es weiß! Und wenn Sie Gott der Allmächtige wären und mich ins ewige Feuer werfen wollten, so würde ich mich Ihnen doch in dieser Sache widersetzen.«
Wharton hatte Grace auf einen Stuhl gesetzt und stand kampfbereit vor ihr.
»Sitzen Sie ruhig auf dem Stuhl und bleiben Sie ruhig«, fuhr er, zum Jesuiten gewandt, fort. »Jetzt will ich zuerst Ihnen etwas sagen. Nachher können Sie sprechen.«
Vater Roubeau verbeugte sich höflich und gehorchte. Er war ein sanfter Mann und hatte gelernt, seine Zeit abzuwarten. Wharton schob einen Stuhl neben den der jungen Frau und preßte ihre Hand in der seinen.
»So hast du mich lieb und willst mich mitnehmen?« Ihr Gesicht leuchtete von Vertrauen zu dem Mann, bei dem sie Zuflucht gesucht hatte.
»Weißt du nicht, Liebste, was du vorhin sagtest? Selbstverständlich will ich
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