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Der Sohn des Wolfs

Der Sohn des Wolfs

Titel: Der Sohn des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Heiligen Kreuz.
    Die Welt wird nie erfahren, welche Versprechungen er machte, und welche Lügen er erzählte – die Schwestern schwatzen nicht; als er aber zurückkehrte, hatte er ein Messingkruzifix auf der Brust und seine Nichte Madeline im Kanu. Am Abend gab es eine große Hochzeit und einen solchen Potlach, daß an den beiden folgenden Tagen niemand im Dorf an Fischfang dachte.
    Am Morgen aber schüttelte Madeline den Staub des Lowers von ihren Mokassins und fuhr mit ihrem Manne in einem flachen Boot den Fluß hinauf bis zu einem unter dem Namen Lowerdorf bekannten Platze.
    Und in den folgenden Jahren war sie ihm eine gute Gattin, die seine Mühsal teilte und ihm sein Essen kochte. Und sie hielt die Zügel straff, bis er lernte, wie ein Pferd zu arbeiten und auf seinen Goldstaub zu achten. Schließlich machte er einen reichen Fund und baute sich ein Haus in Circle City; und er war so glücklich, daß die Leute, die ihn in seinem Hause besuchten, die Köpfe schüttelten und ihn sehr beneideten.
    Aber das Nordland begann sich zu entwickeln, und die Anfänge eines Gesellschaftslebens zeigten sich. Bisher hatte das Südland nur seine Söhne geschickt; jetzt spie es eine neue Schar aus, und diesmal waren es Töchter; nicht Schwestern und Gattinnen, aber doch Frauen, die den Männern neue Dinge in die Köpfe setzten und den Ton in der ihnen eigenen Art und Weise hoben. Die Squaws versammelten sich nicht mehr zum Tanz, ihr lautes Lachen lief nicht mehr durch die Reihen beim guten alten ›Virginia Reel‹, und sie sangen nicht mehr den lustigen ›Dan Tucker‹. Mit dem ihnen angeborenen Stoizismus ergaben sie sich in ihr Schicksal und sahen von ihren Hütten aus klaglos ihre Herrschaft in die Hände ihrer weißen Schwestern übergehen.
    Und wieder kam eine Einwanderung aus dem fruchtbaren Südlande über die Berge. Diesmal waren es Frauen, die die Macht im Lande bekamen. Ihr Wort war Gesetz; ihr Gesetz war eisern. Sie sahen mit zornigen Blicken auf die indianischen Frauen, während die andern, zuerst eingewanderten Frauen stiller wurden und demütig wanderten.
    Es gab Feiglinge, die über den Pakt, den sie mit den Töchtern des Landes geschlossen hatten, erröteten, Menschen, die plötzlich ihre dunkelhäutigen Kinder verabscheuten. Aber es gab auch andere – Männer – , die ihrem ersten Schwur treu blieben und stolz auf sie waren. Als es Brauch wurde, daß die Leute sich von ihren eingeborenen Frauen scheiden ließen, erwies Cal Galbraith sich als Mann; aber dafür bekam er auch die Verachtung derer zu fühlen, die zuletzt gekommen waren und am wenigsten von den Dingen verstanden, die aber jetzt die Macht im Lande hatten.
    Eines Tages kamen Gerüchte, daß im Oberlande, weit hinter Circle City, Gold gefunden worden war. Hundeschlitten brachten die Neuigkeit nach Salt Water, kostbare Schiffe trugen die Beute über den Stillen Ozean, Drähte und Kabel sangen die Nachricht, und die Welt hörte zum erstenmal vom Klondike und von Yukon.
    Cal Galbraith hatte die ganzen Jahre still für sich gelebt. Er war Madeline ein guter Gatte gewesen, und sie hatte ihn gesegnet. Jetzt aber überkam ihn gleichsam ein Gefühl des Unbefriedigtseins, eine unklare Sehnsucht nach Menschen seiner eigenen Rasse, nach dem Leben, von dem er ausgeschlossen war – eine nicht ungewöhnliche Sehnsucht, die Männer zuweilen fühlen, eine Sehnsucht, sich frei zu machen und das Leben von neuem zu versuchen. Dazu kamen den Fluß herab wilde Gerüchte über das wunderbare Dorado, glühende Beschreibungen dieser Stadt aus Blechhäusern und Zelten und wunderbare Geschichten von Glücksfällen der Chechaquas, die jetzt das ganze Land überschwemmten. Circle City war tot. Die Welt war den Fluß hinaufgezogen und dort zu einer neuen und sehr merkwürdigen Welt geworden.
    Cal Galbraith, der fern von den Ereignissen saß, wurde von Unruhe und von der Lust gepackt, mit eigenen Augen zu sehen. Und im Frühling ließ er sich eines Tages eine große Menge Goldstaub auf der Goldwaage der Kompanie abwiegen und einen Wechsel auf Dawson ausstellen. Er beauftragte Dixon mit der Aufsicht über seine Mine, küßte Madeline zum Abschied, versprach, wiederzukommen, ehe das erste Eis sich auf dem Yukon zeigte, und fuhr dann mit dem Dampfer den Fluß hinauf.
    Madeline wartete – wartete die drei hellen Monate. Sie versorgte die Hunde, beschäftigte sich viel mit dem kleinen Cal, sah den Sommer schwinden und die Sonne ihre lange Reise nach Süden antreten. Und sie betete

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