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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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diese: Er hatte die Katze gefunden, und er hatte sie bis an ihr seliges Ende begleitet. Die Frage war nur: Würde er ihr zuliebe lügen? Sie hatte keine Ahnung.
    Das Kleid fiel schließlich von ihr ab, ein Haufen ver schwitzte Baumwolle zu ihren Füßen. Dann kippte Monica die ganze Schachtel Badesalz in die Wanne – ein Weihnachtsgeschenk von ihrer Schwiegermutter. Auch nett, ihr so ein Reinigungsmittel zu schenken, vor allem die Botschaft dahinter. Monica dagegen hatte sich sogar jeden Kommentars enthalten, als Jessica verriet, dass Jenny von Oma einen Kaschmirschal bekommen habe, der aber voll gekratzt hätte.
    Monica stieg in das illegale Wasser. Die Temperatur war genau richtig, ein belebendes Lauwarm. Sie ließ ihren Körper unter die seidige Wasseroberfläche gleiten und spürte unter sich das angenehme Schmirgeln der noch nicht aufgelösten Salzkristalle.
    Auch zu Weihnachten keine Nachricht von Aoife. Sie, Monica, hatte ihr immerhin eine Karte an ihren Arbeitsplatz geschickt. Es gab Dinge, die durfte man nicht schleifen lassen, egal, was war. Ihr war aber aufgefallen, dass ihre Mutter eine Karte bekommen hatte, wenn auch keine Weihnachtskarte. Ebenso Michael Francis. Auch dazu hatte sie geschwiegen.
    Die Wanne war ein gusseisernes Ungetüm, groß genug, um sich der Länge nach hineinzulegen. Sie hätte gern ein neues, modernes Bad gehabt, aber davon wollte Peter natürlich nichts hören. Das hatte man davon, wenn man einen Anti quitätenhändler heiratete. Peter konnte stundenlang darüber dozieren, wie nannte er es? Die Integrität des Ensembles! Die Integrität des Ensembles vertrug angeblich keinen neumodischen Kram. Aber was war so schlimm an einer neuen Badematte? Egal, sie hielt sich zurück. Sie hatte nämlich den Verdacht, dass sein mangelnder Modernisierungswille insgeheim auf eine Art Jenny-Nostalgie zurückging, auf die gute alte Zeit, als die Kinder noch dauernd hier lebten und sie alle zusammen waren. Und solange er an dem Zustand von vorgestern nichts änderte, konnte er sich einbilden, dass auch alles noch so war wie früher. Gretta hatte schon recht, wenn sie sagte: An manche Dinge rührt man besser nicht.
    Aus diesem Grund hatte sie eine korrodierende Eisenwanne auf Dackelfüßen, eine Toilette mit blätterndem Echtholz- Toilettensitz und einen donnernden Hochspüler, dessen Kette ständig riss. Es gab Regale, auf denen sie gut Badeschaum oder Shampoo hätte unterbringen können, stattdessen sah man dort eine Dauerausstellung von Peters historischen Me dizinflaschen. Ihr Bett verfügte über eine durchgelegene Sprungfedermatratze, auf der sie niesen musste, und ein ei sernes Bettgestell mit reichlich Rost. Auch ein Elektroherd war tabu, sie musste sich mit einer altertümlichen Koch stelle mit Holzfeuerung behelfen, die Peter irgendwo auf dem Sperrmüll gefunden und restauriert hatte. Das Schwarzoxid, mit dem er das Ding gestrichen hatte, war übrigens bis heute auf dem Fußboden sichtbar. Außerdem musste es jedes Mal mit Unmengen von Holz gefüttert werden und machte selbst die Zubereitung einfacher Speisen unglaublich kompliziert – wie die Mädchen bestätigen konnten. Flur, Auffahrt und Hinterhof waren dauerhaft vollgemüllt mit Stühlen, wackligen Sofas und Tischplatten, die laut Peter angeblich »in Arbeit« waren, obwohl sich Monica beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wer diesen Krempel eigentlich kaufen sollte. Tatsächlich kaufte ihn am Ende immer jemand.
    Monica fuhr hoch, als unten das Telefon klingelte. War das Jenny? Wohl eher nicht, ihre Heulanrufe hatte sie vor einiger Zeit eingestellt. Oder Peter? Vielleicht noch einmal ihre Mut ter? Sie kalkulierte die Distanz zur Badematte, zum Hand tuch. Sie war noch nicht bereit, die tote Katze zu diskutieren. Erneut schnürte sich ihr Hals zusammen, als sie an den driftenden Blick der Katze dachte und den Karton im Schuppen. Was um alles in der Welt war los mit ihr?
    Im kommenden Herbst wäre es drei Jahre alt geworden.
    Sie tauchte erneut ins Wasser ein, ließ es klingeln, schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als das Klingeln aufhörte.
    Es war diese antike Halskette, die zwischen ihr und Peter alles ins Rollen gebracht hatte. Sie hatte diesen Aushilfsjob an der Schule in Bermondsey, tippte Elternbriefe zu den Themen Sportfest und Schuluniform, verwaltete die Schülerliste und erledigte die Lohnbuchhaltung. Die ersten Monate nach Joe und der Sache im Krankenhaus waren nicht leicht gewesen. Sie hatte plötzlich die

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