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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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tätschelte ihr die Hand und sagte, es dauere doch nur eine Minute. »Bitte, du darfst jetzt nicht gehen.«
    »Aber Aoife ist doch hier«, erwiderte Joe beruhigend und löste ihre Finger von seinem Ärmel. »Keine Sorge.«
    Und plötzlich waren sie allein.
    Was sollte sie jetzt sagen? Aoife hatte keine Ahnung. Wer macht den Anfang? Wie läuft so etwas ab, gibt es dafür ein Rezept? Ein Teil von ihr wollte sagen: Mir egal, es ist dein Leben, deine Entscheidung, und dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Doch der andere Teil sagte: Monica, wie konntest du das tun? Und was ist eigentlich mit Joe, hast du daran gar nicht gedacht?
    Aber Aoife sah gleich, dass Monica nicht geneigt war, jetzt auch nur irgendetwas zu sagen. Sie richtete mit erhobe nem Kinn und verkniffenen Lippen den Blick an die De cke und schwieg. Diese Kopfhaltung war typisch für sie. Es war auch weniger Verstocktheit als ein Kräftesammeln, das wusste Aoife, es war Monicas Art der Mobilmachung. Monica warf ihre Haare zurück, schnippte sich eine imaginäre Fluse vom Ärmel und blickte entschieden aus dem Fenster. Aoife dreht sich um, stürzte aus der Tür und rannte den Korridor hinunter, als würde sie von einer Meute Hunde verfolgt, die nach ihr schnappten. Sie hatte das Gefühl, wenn sie nur schnell genug rannte, entkam sie ihren Fängen vielleicht. Aber nur dann.
    Am Ende der Gillerton Road angekommen biegt sie links ab. Sie beschirmt die Augen und guckt, ob die Straße frei ist. Und ist sehr überrascht, als plötzlich – von rechts – ein Auto angejagt kommt. Vor der Telefonzelle bleibt sie kurz stehen, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen.
    Gabe geht zwar gleich dran, aber er klingt kühl und distanziert. Das verunsichert Aoife so, dass sie nach kurzer Zeit ein zweites Mal fragt: »Und wie geht’s dir so?«
    »Gut«, lautet die Antwort. »Gut.«
    Aoife muss sich erst an die neue Nüchternheit gewöhnen, die man normalerweise gegenüber Fremden oder ungeliebten Bekannten anschlägt. Oder gegenüber Leuten, die man nicht so gut kennt und auch nicht besser kennenlernen will. Liegt es daran, dass er in der Arbeit ist? Aber es ist die Frühschicht im Restaurant, eigentlich die angenehmste Zeit, weil Arnault immer erst später kommt. Oder hört jemand mit? Vielleicht ist es das.
    Ihre Hand umklammert den schwarzen Hörer. Sie weiß, dass es daran nicht liegt. Sie hat ihn schon oft bei der Arbeit angerufen, doch nie klang er so schroff wie jetzt. Außerdem kommen ihr wieder seine kryptischen Buchstaben in den Sinn. Es ging um DIE und dann etwas mit OHNE , doch was kam dann? Am liebsten würde sie ihn fragen: OHNE was? Bitte, du musst es mir sagen. Ich weiß es doch nicht.
    »Irgendwas Neues von deinem Vater?«, will er wissen.
    »Noch nicht. Ich wollte dich auch nur fragen, warst du bei …« Sie windet sich, aber sie kommt nicht darum herum. »Warst du bei Evelyn?«
    Sie hört, wie Gabe erst einmal Luft holt. »Ja, war ich«, sagt er mit seiner neuen Stimme.
    »Und? Hast du die Unterlagen gefunden?«
    »Hab ich«, sagt er, aber Aoife will jetzt Einzelheiten hören und presst den Hörer fest ans Ohr. »Mein lieber Schwan, Aoife …«, sagt er, und Aoife hat den Verdacht, er trägt den Apparat in eine Ecke, wo er in Ruhe sprechen kann, denn die Hintergrundgeräusche sind auf einmal weg. »Manche Sachen sind über ein Jahr alt, darunter richtig wichtige.«
    »Ja«, sagt sie matt. »Ich weiß.«
    »Ich verstehe nicht, wie man so etwas einfach liegen lassen kann. Ich meine, hat Evelyn denn gar nicht gemerkt, dass du …« Er seufzt. »Ehrlich, ich versteh’s nicht.«
    Sie drückt ihre Finger gegen den Geldschlitz, bis sie sich vor lauter Druck weiß färben.
    »Ich begreife nicht, wie man so etwas machen kann. Nach allem, was sie für dich getan hat. Bei dir sind sogar Schecks über viele Tausend Dollar liegen geblieben. Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
    »Also ich … also normalerweise schicke ich alle Schecks an die Buchhaltung, aber vielleicht sind mir ein paar entgangen, ich weiß es nicht, ich habe nur …«
    »Ich weiß ja, dass es nicht immer einfach ist und dass du bei Evelyn viel tun musst, aber einfach alles in einen Karton zu werfen und sich selbst zu überlassen, das geht nicht, Aoife.«
    »Ich weiß«, bringt sie hervor »Ich habe doch auch nur …«
    Er lässt sie nicht weiterreden. »Hör mal, ich muss wieder an die Arbeit. Ruf mich an, wenn du Neuigkeiten von deinem Vater hast, okay?«
    Aoife stürzt aus der

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