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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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mir auf und kniff die Augen zusammen. »Hey, Belly, long time no see .« Er klopfte auf den Liegestuhl neben sich. »Setz dich.«
    Diesen Spruch zur Begrüßung, long time no see , fand ich immer schon furchtbar. Er klingt dermaßen blöd. Aber gesetzt habe ich mich trotzdem.
    Er lehnte sich herüber und umarmte mich. Er stank nach Bier und Polo Sport . »Und, wie geht’s dir so?«, fragte er.
    Bevor ich noch antworten konnte, sagte Conrad: »Es geht ihr gut, aber jetzt wird es höchste Zeit, dass sie ins Bett kommt. Gute Nacht, Belly.«
    Ich gab mir Mühe, nicht wie eine Fünfjährige zu klingen, als ich antwortete: »Ich geh noch nicht schlafen. Ich gehe schwimmen.«
    »Sieh zu, dass du schleunigst wieder nach oben kommst«, sagte Jeremiah und stellte sein Bier ab. »Deine Mom reißt dir den Kopf ab, wenn sie sieht, dass du trinkst.«
    »Hallo«, erinnerte ich ihn, »ich trinke überhaupt nicht.«
    Clay bot mir sein Corona an. »Hier«, sagte er und zwinkerte mir zu. Er schien mir betrunken.
    Ich zögerte, und Conrad fuhr Clay ärgerlich an: »Gib ihr das nicht! Du lieber Himmel, sie ist doch noch ein Kind.«
    Ich blitzte ihn an. »Hör auf, dich wie Steven aufzuführen.« Eine oder zwei Sekunden lang überlegte ich wirklich, ob ich Clays Bier nehmen sollte. Es wäre mein erstes. Aber ich nähme es nur aus Trotz, und ich hatte nicht vor, Conrad bestimmen zu lassen, was ich tat.
    »Nein, danke«, sagte ich.
    Conrad nickte kaum wahrnehmbar. »Und jetzt sei ein braves Mädchen und geh schlafen.«
    Es war wie sonst, wenn er und Steven und Jeremiah mich absichtlich aus ihren Unternehmungen ausschlossen. Ich spürte, wie mein Gesicht brannte, als ich sagte: »Ich bin nur zwei Jahre jünger als du.«
    »Zweieinviertel«, verbesserte er mich automatisch.
    Clay lachte, und sein Bieratem wehte mir ins Gesicht. »Ja und, meine Freundin war fünfzehn.« Dann sah er mich an. »Exfreundin.«
    Ich lächelte matt und lehnte mich immer weiter zurück, um ihm und seinem Atem auszuweichen. Aber was mir gefiel, war die Art, wie Conrad uns beobachtete. Es machte mir Spaß, ihm den Freund auszuspannen, wenn auch nur für fünf Minuten. »Ist das nicht, wie soll ich sagen, illegal?«, fragte ich Clay.
    Er lachte wieder. »Du bist süß, Belly.«
    Ich fühlte, wie ich rot wurde. »Und wieso, ich meine – wieso seid ihr nicht mehr zusammen?«, fragte ich. Als ob ich das nicht wüsste! Sie hatte Schluss gemacht, weil Clay ein Idiot war, ganz einfach. Clay war immer schon ein Idiot. Früher hat er versucht, die Möwen mit Alka Selzer zu füttern, weil er gehört hatte, dass ihre Mägen davon explodieren.
    Clay kratzte sich im Nacken. »Ich weiß nicht. Sie musste auf irgend so ein Reitercamp, glaube ich. Und Fernbeziehungen sind Kacke.«
    »Aber das wäre ja bloß für einen Sommer«, protestierte ich. »Schluss zu machen, nur weil man sich den Sommer über nicht sehen kann, ist doch bescheuert.« Hatte ich Conrad nicht über ganze Schuljahre hinweg angehimmelt? Monate, Jahre lang konnte ich mich mit so einer Verliebtheit am Leben halten. Für mich war das wie Essen. Ich lebte davon. Wenn Conrad mein Freund wäre, dann könnte mich nichts dazu bringen, mich den Sommer über – oder auch ein ganzes Schuljahr lang – von ihm zu trennen. Clay sah mich aus seinen schläfrigen Augen unter schweren Lidern an und fragte: »Hast du einen Freund?«
    »Ja«, sagte ich und sah dabei automatisch zu Conrad hinüber. Siehst du , sagte mein Blick, ich bin keine blöde Zwölfjährige mehr, die jemanden anhimmelt. Ich bin ein ganz normaler Mensch. Mit einem echten Freund. Wen kümmerte es, dass das nicht wahr war? Conrads Blick flackerte, aber seine Miene war dieselbe wie immer, absolut ausdruckslos. Jeremiah sah mich allerdings überrascht an.
    »Du hast einen Freund, Belly?« Er runzelte die Stirn. »Und das sagst du erst jetzt?«
    »Es ist auch nichts Ernstes.« Ich zupfte an einem Faden am Sitzkissen. Es tat mir schon leid, dass ich die Geschichte erfunden hatte. »Ehrlich gesagt, ist es eine ganz lockere Sache.«
    »Siehst du? Welchen Sinn hat es dann, wenn man den Sommer über zusammenbleibt? Was, wenn man jemanden kennenlernt?« Clay zwinkerte mir vergnügt zu. »Wie jetzt zum Beispiel?«
    »Wir sind uns schon früher begegnet, Clay. Vor ungefähr zehn Jahren.« Dass er mich seitdem irgendwie beachtet hätte, konnte man allerdings nicht gerade behaupten.
    Er stieß mich mit dem Knie an. »Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Clay.«
    Ich

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