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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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Der Typ prustete vor Lachen, und ich packte Conrad am Arm. »Wir gehen jetzt«, sagte ich.
    Er schwankte leicht, als er versuchte, sich loszumachen. Daran merkte ich, wie betrunken er war.
    »Geh nicht, jetzt wird’s doch erst lustig. Der Kerl hier kriegt eins in die Fresse von mir.« Noch nie hatte ich Conrad so erlebt. Seine Heftigkeit erschreckte mich. Wo wohl Red-Sox-Girl abgeblieben war? Fast wünschte ich, sie wäre hier. Sollte sie sich doch um Conrad kümmern! Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.
    Der andere lachte, und ich merkte, dass er genauso wenig Lust auf eine Prügelei hatte wie ich. Er sah müde aus, so als wollte er nur noch nach Hause und sich in Boxershorts vor den Fernseher knallen. Conrad dagegen lief jetzt auf Hochtouren. Er kam mir vor wie eine Sprudelflasche, die jemand zu lange geschüttelt hatte; jeden Moment konnte er explodieren. Es war ihm ganz egal, wer der andere war und dass er stärker war als er selbst. Der hätte auch sechs Meter groß sein können und massiv wie ein Baum. Conrad suchte den Kampf, vorher würde er keine Ruhe geben. Aber dieser Typ, der wäre in der Lage, Conrad umzubringen.
    Der andere sah Conrad lange an, dann wieder mich. Er schüttelte den Kopf und sagte: »Belly, ich glaube, du schaffst dieses Kerlchen jetzt mal nach Hause.«
    »Quatsch sie nicht an«, warnte ihn Conrad.
    Ich legte eine Hand auf Conrads Brust. Nie zuvor hatte ich das getan. Stark und warm fühlte sie sich an. Ich fühlte sein Herz wild klopfen, es überschlug sich fast. »Können wir jetzt bitte einfach nach Hause gehen?«, bettelte ich. Aber es war, als würde Conrad nicht einmal sehen, dass ich da vor ihm stand, und auch meine Hand nicht fühlen.
    »Hör auf deine Freundin, Kleiner«, sagte der andere.
    »Ich bin nicht seine Freundin«, verbesserte ich ihn und sah zu Cam hinüber, dessen Miene völlig ausdruckslos war.
    Ich warf Jeremiah einen hilflosen Blick zu, und er kam herübergeschlendert. Er flüsterte Conrad etwas ins Ohr, aber der schüttelte ihn ab. Doch Jeremiah redete einfach weiter leise auf ihn ein, und als sie mich ansahen, begriff ich, dass es um mich ging. Conrad zögerte, aber schließlich nickte er. Halb im Scherz tat er so, als wollte er den anderen schlagen, doch der verdrehte nur die Augen. »Gute Nacht, Schlappschwanz«, sagte Conrad.
    Der Typ machte eine wegwerfende Handbewegung. Ich stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
    Auf dem Weg zum Auto nahm Cam meinen Arm. »Ist es okay für dich, wenn du jetzt bei den beiden mitfährst?«, fragte er mich.
    Conrad fuhr herum. »Wer ist dieser Kerl überhaupt?«
    Ich sah Cam kopfschüttelnd an und sagte: »Alles in Ordnung, mach dir keine Gedanken. Ich ruf dich an.«
    Er machte eine besorgte Miene. »Wer fährt?«
    »Ich«, sagte Jeremiah, und Conrad protestierte nicht. »Keine Sorge, Straight Edger. Ich fahre nicht, wenn ich getrunken habe.«
    Ich war verlegen, und ich merkte auch Cam an, dass er sich unbehaglich fühlte. Aber er nickte bloß. Ich umarmte ihn kurz, doch er machte sich ganz steif. Ich wollte so gern, dass alles wieder gut war. »Danke für heute Abend«, sagte ich.
    Ich sah ihm nach und merkte auf einmal, wie verärgert ich war. Conrad und seine blöde Laune hatten mir mein erstes echtes Date ruiniert. Das war nicht fair.
    »Steigt schon mal ein, Leute«, sagte Jeremiah. »Ich hab meinen Hut im Haus vergessen. Bin gleich wieder da.«
    »Mach bloß schnell«, bat ich ihn.
    Ohne ein Wort stiegen Conrad und ich ins Auto. Das Schweigen war gruselig, und obwohl es gerade mal nach eins war, kam es mir vor, als wäre es vier Uhr früh und alle Welt schliefe schon. Conrad warf sich auf die Rückbank, von der geballten Energie, die er eben noch gehabt hatte, war nichts mehr übrig. Ich setzte mich nach vorn, stützte die Füße aufs Armaturenbrett und stellte den Sitz schräg. Immer noch sagte keiner von uns ein Wort. Die Szene auf der Party war erschreckend gewesen. So wie Conrad sich verhalten hatte, war er mir plötzlich völlig fremd. Von einem Moment auf den anderen fühlte ich mich todmüde.
    Meine Haare hingen über die Lehne, und auf einmal spürte ich, wie Conrad mit den Fingern hindurchstrich. Ich glaube, mir stockte der Atem. Wir saßen da, total stumm, und Conrad Fisher spielte mit meinen Haaren!
    »Deine Haare sind immer noch wie die von einem kleinen Kind, so zerzaust«, sagte er sanft. Seine Stimme ließ mich zittern, sie erinnerte mich an eine Welle, wenn sie sich vom Strand

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