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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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mich sicherer fühlen.
    Ich hatte Cams Kapuzenpulli an und den Reißverschluss bis unters Kinn zugezogen. Die Arme hielt ich vor der Brust verschränkt, so als wäre mir kalt. Ich mochte Cam, ich wollte auch mit ihm da sein, und trotzdem wäre ich plötzlich am liebsten aus dem Auto gestürzt und nach Hause gelaufen. Ich hatte erst ein einziges Mal einen Jungen geküsst, und auch das nicht so richtig. Taylor nannte mich immer die Nonne. Vielleicht war ich das im Herzen ja tatsächlich. Vielleicht hätte ich gleich ins Kloster gehen sollen. Ich wusste ja nicht einmal, ob Cam und ich ein richtiges Date hatten. Vielleicht hatte ich ihn neulich abends ja so abgeschreckt, dass er nur mit mir befreundet sein wollte, mehr nicht.
    Cam drehte am Radioknopf, bis er den richtigen Sender gefunden hatte. Dann trommelte er mit den Fingern aufs Lenkrad und fragte: »Möchtest du Popcorn oder sonst irgendwas?«
    Einerseits hätte ich schon Lust darauf gehabt, aber andererseits wollte ich auch nicht, dass mir die Krümel zwischen die Zähne gerieten, also sagte ich nein danke.
    Cam schien ganz fasziniert von dem Film, so wie er immer wieder mit dem Kopf fast an der Windschutzscheibe klebte, um besser sehen zu können. Es war ein uralter Horrorfilm, ein ganz berühmter, hatte Cam mir erklärt, aber ich hatte nie davon gehört. Ich habe auch kaum aufgepasst – ich glaube, ich habe mehr auf Cam geachtet als auf den Film. Immer wieder fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Anders als Jeremiah sah er mich nie an, und er lachte auch nicht mit mir zusammen an witzigen Stellen. Er saß einfach auf seiner Seite und lehnte sich an die Tür, so weit wie möglich von mir entfernt.
    Als der Film zu Ende war, ließ Cam den Motor an. »Bist du so weit?«, fragte er.
    Ich war total enttäuscht. Statt noch mit mir in den Eissalon zu gehen, wollte er mich tatsächlich schon nach Hause fahren! Wir hätten uns jeder ein Hörnchen kaufen oder uns einen Eisbecher mit heißer Karamellsauce teilen können. Unser Date, wenn man es überhaupt so nennen konnte, war ein Fehlschlag gewesen.
    Kein einziges Mal hatte er Anstalten gemacht, mit mir zu knutschen. Keine Ahnung, ob ich ihn gelassen hätte, aber trotzdem. Den Versuch hätte er wenigstens machen können.
    Ich murmelte etwas Zustimmendes. Mir war zum Weinen zumute, auch wenn ich nicht wusste, wieso – ich war mir ja nicht einmal sicher gewesen, ob ich ihn überhaupt küssen wollte.
    Wir fuhren schweigend nach Hause. Er parkte vor dem Haus, und ich hielt leicht die Luft an, die Hand am Türgriff, und wartete, ob er den Motor ausmachen würde oder ob er meinte, ich sollte nur schnell rausspringen. Aber er drehte den Schlüssel herum und lehnte den Kopf kurz an die Kopfstütze.
    »Weißt du, wieso ich mich an dich erinnert habe?«, fragte er auf einmal.
    Die Frage kam so aus heiterem Himmel, dass ich eine Weile brauchte, bis ich begriff, wovon er sprach.
    »Meinst du den Lateinwettbewerb?«
    »Ja.«
    »Vielleicht wegen meinem Modell vom Kolosseum?« Meine Frage war nur halb scherzhaft gemeint – Steven hatte mir damals mit dem Modell geholfen, und es war wirklich eindrucksvoll geworden.
    »Nein.« Cam strich sich mit der Hand durch die Haare. Er sah mich einfach nicht an. »Ich fand dich so hübsch, das war der Grund. Ich glaube, du warst das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen hatte.«
    Ich musste lachen und war fast erschrocken, wie laut das im Auto klang. »Ha, ha.«
    »Ich mein’s ernst«, sagte er, dieses Mal lauter.
    »Das denkst du dir doch jetzt aus.« Ich konnte nicht glauben, dass das wahr sein sollte. Ich wollte mir nicht erlauben, es zu glauben. Bei den Jungs zu Hause wäre ein solches Kompliment unweigerlich der Anfang von einem Jux.
    Cam kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Es kränkte ihn, dass ich ihm nicht glaubte. Dabei hatte ich ihn ja nicht verletzen wollen, ich verstand bloß nicht, wie das, was er gesagt hatte, wahr sein konnte. Es war fast schon gemein von ihm, so eine Lüge zu erfinden. Ich wusste schließlich noch, wie ich damals ausgesehen hatte, garantiert nicht wie das hübscheste Mädchen, das jemandem je über den Weg gelaufen war, egal wem – nicht mit meinen runden Backen und dicken Brillengläsern und dieser Kleinmädchenfigur.
    Jetzt sah Cam mir doch in die Augen. »Am ersten Tag hattest du ein blaues Kleid an. Aus Cord oder so. Das ließ deine Augen ganz blau aussehen.«
    »Ich hab aber graue Augen«, sagte ich.
    »Schon, aber durch das Kleid

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