Der Sommer der lachenden Kühe
zurück. Der verletzte Patient mochte sich nicht auf die Tragbahre legen, sondern erklärte: »Ich könnte doch selber… vielleicht auf einem Bein…«
Man trug ihn hinein. Er war bis zum Schluss bei Be wusstsein, klagte nur darüber, dass er infolge der Brandrodung so rußig sei und dass es ihm peinlich sei, so beim Arzt zu erscheinen.
»Und einen Termin habe ich mir vorher auch nicht geben lassen.«
Der Patient wurde medizinisch versorgt und gewa schen. Der Arzt erwog zunächst, Mäkitalo auf die Inten sivstation des Zentralkrankenhauses von Jyväskylä zu verlegen, verzichtete aber darauf, nachdem er gehört hatte, dass der Patient 1916 geboren war. Für einen so alten Zausel reichte auch das dörfliche Niveau.
Anna Mäkitalo saß am Bett ihres Mannes und hielt seine Hand. Es fielen nicht viele Worte. Der Bauer kons tatierte, da nun der ganze Hof zerstört sei, wäre es nicht schlimm, falls er selbst nun von der Erde verschwände.
»Übertreib nicht, lieber Heikki. Ich werde dir aus Käl viä Zigaretten und Kuchen mitbringen.«
»Habt ihr die Katze mitgenommen?«, fragte der Bauer mit schwächer werdender Stimme.
»Sie sitzt bei Rytkönen auf dem Schoß.« »Das ist gut, dann reißt sie nicht mehr aus.« Auf der anschließenden Weiterfahrt saß Seppo Sorjo
nen am Lenkrad des Traktors. Die Bäuerin leistete Rytkönen und der Katze auf dem Anhänger Gesellschaft. Es ging über Toholampi und Kannus nach Kälviä, wo Sorjonen und Rytkönen zwei Tage zu Gast bei Anna Mäkitalos freundlichen Verwandten waren. Sorjonen verbrachte die meiste Zeit damit, Taavetti Rytkönen zu reinigen und ein paar andere Dinge zu erledigen. Dann fuhren sie mit einem Taxi zu jener Stelle am Bach, an der Sorjonen das Auto abgestellt hatte.
Als das Taxi abgefahren war und Sorjonen gerade Rytkönens Koffer ins Auto einladen wollte, traten zwei Polizisten aus dem Wald. Sie wollten wissen, ob die beiden Herren, die soeben eingetroffen seien, irgendet was mit der Zerstörung eines Bauernhofes hier ganz in der Nähe zu tun hätten.
Aber Seppo Sorjonen hatte ein hieb- und stichfestes Alibi, er war während der fraglichen Zeit in Helsinki gewesen und hatte seine Verlobung gefeiert, außerdem konnte er eine datierte und abgestempelte Bankquittung über die Einzahlung seiner Miete vorweisen.
Taavetti Rytkönen hingegen konnte sich im Verhör an nichts erinnern.
DRITTER TEIL
18
Der Kommissar von Lestijärvi führte im Zusammenhang mit der Zerstörung des Bauernhofes erste Untersuchun gen durch. Er verhörte Vermessungsrat Taavetti Rytkö nen und den ehemaligen Taxifahrer Seppo Sorjonen. Das Alibi des Letzteren hielt stand, sowohl seine Braut, die Speditionsangestellte Irmeli Loikkanen, als auch die Helsinkier Bank, auf der er zurzeit der Zerstörungsakti on seine Miete eingezahlt hatte, bestätigten es. Vermes sungsrat Rytkönen wiederum konnte sich an absolut nichts erinnern. Wie geschickt der Kommissar seine Fragen auch formulierte, er konnte Rytkönens uner schütterliche Gedächtnislosigkeit nicht durchbrechen. Der Kommissar drohte damit, ihn zu verhaften und in eine Zelle zu sperren, zwischen tristen Betonwänden würde seine Erinnerung vielleicht zurückkehren. Er wagte seine Drohung jedoch nicht wahr zu machen, da Sorjonen behauptete, der Alte leide an fortgeschrittener Demenz.
Der Kommissar ließ sich auf einen Test ein, den Sor jonen ihm vorgeschlagen hatte, und fragte Rytkönen, welcher Wochentag gerade sei. Der Alte erklärte be stimmt, es sei Donnerstag, obwohl in Wirklichkeit erst Dienstag war. Rytkönen nahm weiter an, man befände sich im Monat Mai, obwohl bereits Mittsommer nahte. Auch bei der Jahreszahl irrte er sich. Er rieb sich die Schläfen und äußerte die Vermutung, man schreibe das Jahr 1978 oder so ähnlich.
Entnervt erklärte der Kommissar, der Verdächtigte sei ein seniler alter Mann, dem es freistehe, zu gehen. Er kündigte an, er werde auf jeden Fall den Eigentümer des Hofes zur Verantwortung ziehen, sowie dieser so weit genesen sei, dass er für die Ermittlungen zur Verfügung stehe. Zurzeit liege er noch im Gesundheitszentrum mit dem rechten Bein im Streckverband. Auch er sei ein Irrer und eindeutig der Hauptschuldige an dem Frevel.
Der Kommissar ordnete an, Rytkönen und Sorjonen dürften Österbotten in der nächsten Zeit nicht verlas sen. Er sagte, er wolle die Liegenschaftsverwaltung bei der Schätzung der entstandenen Schäden und mögli cher Ersatzleistungen um
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