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Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Titel: Der Sommer der Lady Jane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Stille in seinem Leben mehr traf als je zuvor, so war ihm eines ganz klar: In der Minute, in der er es sich erlaubte, in die Welt zurückzukehren, in der Minute, in der er wieder in London wäre oder irgendjemanden an sich heranließe – es würde nur damit enden, dass er all jene kleinen Stücke seines Selbsts wieder zerstörte, die er bis dahin so mühevoll zusammengefügt hatte.
    Byrne goss das heiße Wasser in die Teekanne und ließ den Tee ziehen. Noch nicht einmal jetzt wollte er es. Das Schwimmen hatte ihn belebt und erfrischt. Das Bein pochte; der dumpfe Schmerz war zu seinem ständigen Begleiter geworden. Er schaute zum Fenster hinaus auf das Wasser, vorbei an den Ranken der Weinstöcke, deren Blätter die Fensterrahmen überwucherten.
    Es würde ein schöner Tag werden. Ein Tag, der zu einem nachmittäglichen Ausritt einlud. Oder zum Picknick am See mit Freunden.
    Ein Tag, den Byrne wie immer in seinem kleinen Häuschen verbringen würde. Allein.
    In der Erwartung einer Katastrophe kehrte Lady Jane in das Cottage zurück. An der Tür stieß sie auf Jason, der dort auf und ab ging, im Morgenmantel und barfuß.
    »Jane!« Er sah zutiefst erleichtert aus, dass sie gekommen war, und schrecklich ärgerlich, dass er so lange hatte warten müssen. »Ich hatte vergeblich versucht einzuschlafen und bin in die Bibliothek gegangen, um etwas zum Lesen zu holen. Er war auch dort, und ich wusste nicht … ich konnte nicht …«
    »Schon gut«, sagte Jane und eilte den Flur entlang zur Bibliothek. Jason folgte ihr auf dem Fuße.
    »Jane … er hat mich nicht erkannt«, sagte Jason. Seine Stimme drohte zu versagen, es war fast so wie damals, als er noch ein Kind gewesen war. Er räusperte sich und versuchte, die Stimme wieder unter seine Kontrolle zu bringen.
    Es war das erste Mal, dass Jason bei seinem Vater einen solchen Schub des Vergessens miterlebt hatte. Es schien ihn aufrichtig zu erschüttern. Jane strich die Revers seines Morgenmantels glatt, bevor sie sich mit beiden Händen über das Haar fuhr, um sich zu vergewissern, dass es korrekt saß. Dann öffnete sie die Tür zur Bibliothek.
    Sie hatte sich auf das Schlimmste gefasst gemacht und war überrascht, ihren Vater behaglich im großen Samtsessel am Kamin sitzen zu sehen. Er war damit beschäftigt, einen Stapel Papiere durchzusehen; auf dem Tischchen neben ihm stand die Teekanne.
    »Ah, meine Lieben, da seid ihr ja. Wusstet ihr, dass wir ein halb fertiges Segelboot in der Remise haben? Jase, ich habe es in Auftrag gegeben, als du noch ein Säugling warst, aber erst jetzt das Auftragsbuch wiedergefunden. Wie es scheint, ist der Zimmermann, den ich angeheuert habe, unerwartet verstorben. Bis jetzt gibt es nur das Gerippe des Bootes und das Material, das er zurückgelassen hat.« Er lächelte seine Kinder an. Seine Augen blickten klar und fest. »Was meinst du, Jason … willst du dich in diesem Sommer an den Holzarbeiten versuchen?«
    Es schien, als sei alles in vollkommener Ordnung – sie waren einfach nur für einige Wochen an den See gekommen, um zu entspannen. Aber die Papiere, die durcheinandergeraten neben dem großen Schreibtisch der Bibliothek auf dem Boden lagen, ließen vermuten, dass irgendetwas ihren Vater beunruhigt hatte. Jane schaute auf die Papiere, als sie gegenüber ihrem Vater in einem Sessel Platz nahm.
    »Vater«, sagte Jane sanft, »darf ich mal sehen?« Sie streckte die Hand aus. Mit einem freundlichen Lächeln reichte er ihr das alte Auftragsbuch. Sie schaute auf die Seiten und dann wieder zu ihrem Vater, der sie anstrahlte, als trübten keinerlei Sorgen seinen Alltag.
    »Nun, meine Liebe«, der Duke ergriff die freie Hand seiner Tochter, »du siehst heute wieder zauberhaft aus. Das Klima hier im Norden hat dir schon immer gutgetan.«
    Jane bedachte das Kompliment mit einem netten Lächeln. Das Klima hier hatte ihr tatsächlich immer gutgetan. Und ihrer Mutter auch. Daher wusste Jane nicht genau, mit wem ihr Vater in diesem Moment zu sprechen glaubte. Sie riskierte einen Blick zur Tür. Jason war an der Schwelle stehen geblieben. Er hatte den Mund zu einer harten Linie zusammengepresst, sein Gesicht war kreidebleich.
    Ihr Vater hatte Jason erkannt, was Gutes verhieß. Jane begann zu hoffen, dass sie grundlos nach Hause gerufen worden war.
    »Trinkst du gerade Tee?«, fragte sie lächelnd.
    »Ja, sicher, meine Liebe«, erwiderte ihr Vater, »schließlich haben wir doch Teezeit.«
    Jane spürte, wie ihr Lächeln sich verflüchtigte. Ein

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