Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
sind heute bemerkenswert fröhlich.« Dr. Berridge konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen.
»Ich genieße es sehr, zu tanzen. Besonders mit einem guten Tanzpartner«, erwiderte Jane aufrichtig.
»Ich hatte den Vorteil, zusammen mit meiner Schwester unterrichtet zu werden. Darf ich hoffen, dass ich Ihren Ansprüchen genüge?«
»Ganz und gar, Doktor Berridge. Sie schlagen sich ganz ausgezeichnet.«
»Genau wie Ihr Vater, wie ich sehe«, bemerkte Dr. Berridge, als sie wieder aufeinander zuschritten. Er sprach so leise, dass neugierige Ohren ihn nicht verstehen konnten.
Jane schaute hinüber zu ihrem Vater, der an einem der offenen Fenster saß. Es war eine schwere Entscheidung gewesen, ihn heute Abend zum Fest mitzunehmen oder nicht. Jane hatte sich erst dafür und dann wieder dagegen entschieden, hatte stundenlang mit sich gerungen und Jason mit ihren ständigen Meinungswechseln beinahe in den Wahnsinn getrieben. Schwester Nancy hatte sie jedoch an den Brief des Kollegen von Dr. Berridge erinnert, in dem es geheißen hatte, dass sich Anregungen in vertrauter Umgebung auf seinen geistigen Zustand günstig auswirken könnten. Und da der Duke seit mehr als dreißig Jahren an diesem Fest teilnahm, hatten sie beschlossen, das Wagnis einzugehen. Und tatsächlich, der Duke schien sich recht wohlzufühlen. Im Takt der Musik tippte er mit dem Fuß auf und ab und rauchte eine Pfeife. Einige Gentlemen grüßte er sogar mit Namen – und falls er sich doch irrte, war es zu bezweifeln, dass man ihn als den ranghöchsten Adligen korrigieren würde. Wie üblich hielt Schwester Nancy sich in seiner Nähe auf. Auch Jane und Jason hatten stets ein Auge auf ihn; aber es schien möglich, dass der Abend sich zu einem vollen Erfolg entwickelte.
»Ja, in der Tat«, erwiderte Jane. »Ich gestehe nur ungern ein, dass mein Bruder in irgendeiner Angelegenheit recht hat, aber es könnte sein, dass es richtig war, zum See zu reisen.«
Jane beobachtete, wie Dr. Berridge den Blick zu Jason hinüberwandern ließ, der mit Penelope und Lady Wilton plauderte. Er unterhielt sich sehr angeregt und entspannt. Natürlich weigerte er sich, dies auch Jane erkennen zu lassen, denn als sie seinen Blick auffing, musste er sich anstrengen, wieder seine snobistisch gelangweilte Miene aufzusetzen.
Jane wandte ihren Blick zurück auf den jungen Doktor, der den Mund grimmig zusammengepresst hatte, was sich aber sehr schnell änderte, als er bemerkte, dass Jane ihn anblickte. Armer Doktor, dachte Jane, denn ihr war klar, wie zurückgesetzt er sich angesichts der Zuneigung der Wiltons für Jason fühlen musste. Seit Janes und Jasons Ankunft bemühte Lady Wilton sich um deren Wohlwollen und schenkte den Gefühlen des jungen Doktors keinerlei Beachtung mehr. Jane vermutete, dass die Situation für ihn weniger unerträglich wäre, würde Victoria wenigstens einmal in seine Richtung schauen.
Aber wenn Victorias Aufmerksamkeit nicht gerade ihrem jeweiligen Tanzpartner galt, dann galt sie selbstverständlich Jason. Jane vermochte noch nicht einmal zu sagen, ob ihre frühere Freundin den liebeskranken Doktor heute überhaupt schon einmal angelächelt hatte.
Nun, das würde Jane korrigieren müssen.
Als die Musik verstummte, ergriff Jane Dr. Berridges Arm, als der sie von der Tanzfläche begleitete. Wenn man es genau nahm, war sie es, die ihn führte.
»Nun, ich muss sagen, Mylady, Sie scheinen sehr entschlossen, das Parkett zu verlassen«, bemerkte Dr. Berridge, als sie ihn mit sich zog. »Brennen Sie so sehr auf Ihren nächsten Tanzpartner?«
»Ganz und gar nicht.« Jane hielt nach Victoria Ausschau, um zu sehen, wohin sie begleitet wurde – glücklicherweise zum Punschausschank am anderen Ende des Saales, weit weg von ihrer Mutter und Schwester. »Ich brenne darauf, Sie zu Ihrer nächsten Tanzpartnerin zu bringen.«
Dr. Berridge schaute sich um. Und begriff, wohin Jane ihn führte. »Mylady, ich bin überzeugt, dass Miss Wilton ihre Tanzpartner bereits gewählt hat.«
»Und ich bin überzeugt, dass Sie sich darunter befinden. Nun kommen Sie schon«, sie zerrte an seinem Arm, »ich bin am Verdursten.«
Sie erreichten den Tisch mit dem Punsch in dem Moment, in dem auch Victorias nächster Tanzpartner sich einfand, ein leutseliger, schnauzbärtiger Gentleman, den Jane nicht kannte.
Sie begrüßte Victoria mit einem Küsschen auf die Wange. »Es tut mir schrecklich leid, dass ich bisher noch nicht zu dir gekommen bin«, sagte Victoria, deren Wangen
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