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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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vernichtend. »Nein.«
    Er ging, und ich versuchte gar nicht erst, ihm zu folgen. Ich sackte einfach auf den Stufen zusammen. Ich fühlte meine Beine nicht mehr. Passierte dies alles tatsächlich? War es Wirklichkeit? Es fühlte sich nicht so an.

53
    Draußen sang ein Goldfink. Oder vielleicht auch eine Singammer. Mein Dad hatte mir immer beizubringen versucht, Vögel an ihrem Gesang zu erkennen, doch ich erinnerte mich nur vage.
    Der Himmel war grau. Noch war es trocken, aber jeden Moment konnte es einen Sturzregen geben. Es fühlte sich an wie ein ganz gewöhnlicher Morgen in Cousins Beach. Doch das war es nicht, denn heute würde ich heiraten.
    Jedenfalls war ich mir einigermaßen sicher, dass ich heiraten würde. Das Problem war nur, dass ich keine Ahnung hatte, wo Jeremiah war und ob er überhaupt zurückkommen würde.
    Ich saß in meinem rosa Bademantel vor dem Spiegel meiner Frisierkommode und versuchte, mir Locken zu drehen. Taylor war beim Friseur. Sie hatte versucht, mich zu überreden mitzukommen, doch ich hatte abgelehnt. Ich hatte mir erst ein einziges Mal die Haare machen lassen, und anschließend sah ich ganz schrecklich aus, fand ich. Mit starren, hoch aufgetürmten Haaren, als wollte ich zu einem Schönheitswettbewerb. Ich sah überhaupt nicht nach mir selbst aus. Aber gerade an diesem Tag wollte ich doch wie ich selbst aussehen.
    Es klopfte.
    Â»Komm rein«, sagte ich. Ich war gerade dabei, eine Locke zu fixieren, die sich wieder aushängte.
    Die Tür ging auf, und meine Mutter trat ein. Sie war schon fertig angekleidet für die Feier, mit einer Leinenhose und einem Jackett. Sie hielt einen zitronengelben Umschlag in der Hand, den ich auf den ersten Blick erkannte: Er gehörte zu Susannahs privatem Briefpapier. Typisch Susannah, so eine Geste! Ich wünschte nur, ich hätte sie auch verdient. Es tat mir weh, dass ich sie so enttäuscht hatte. Was würde sie sagen, wenn sie davon wüsste?
    Meine Mutter schloss die Tür hinter sich. »Möchtest du, dass ich dir helfe?«, fragte sie.
    Ich hielt ihr den Lockenstab hin. Sie legte den Brief auf meine Kommode und stellte sich hinter mich. Dann unterteilte sie meine Haare in drei Partien. »Hat Taylor dich geschminkt? Sehr hübsch.«
    Â»Ja, hat sie. Danke. Aber du siehst auch wirklich hübsch aus.«
    Â»Nur innerlich bin ich nicht wirklich bereit«, sagte sie.
    Ich sah sie im Spiegel an, wie sie mit gesenktem Kopf eine Strähne aufrollte. In dem Moment fand ich meine Mutter so schön.
    Sie legte mir die Hände auf die Schultern und erwiderte meinen Blick im Spiegel. »So hatte ich mir das nicht für dich gewünscht. Aber ich bin da. Es ist der Tag, an dem du heiratest. Meine einzige Tochter.«
    Ich langte über die Schulter nach ihrer Hand. Sie drückte meine Hand ganz fest, so fest, dass es wehtat. Ich hätte mich ihr so gern anvertraut, ihr gestanden, dass alles völlig verkorkst war, dass ich nicht einmal wusste, wo Jeremiah war und ob ich tatsächlich an diesem Tag heiraten würde. Aber sie hatte sich so überwinden müssen hierherzukommen – wenn ich jetzt auch nur den kleinsten Zweifel in ihr weckte, wäre das für sie mehr als ausreichend, um der ganzen Sache ein Ende zu bereiten. Sie würde mich schnappen und mich von hier fortbringen, nur weg von dieser Hochzeit.
    Daher brachte ich nicht mehr hervor als ein »Danke, Mommy«.
    Â»Bitte schön«, sagte sie. Dann warf sie einen Blick durchs Fenster. »Glaubst du, das Wetter hält?«
    Â»Keine Ahnung. Ich hoffe es.«
    Â»Na ja, schlimmstenfalls verlegen wir die Feier ins Haus. Auch kein Drama.« Dann überreichte sie mir den Brief. »Susannah hat gewollt, dass du diesen Brief an deinem Hochzeitstag bekommst.«
    Meine Mutter küsste mich auf den Kopf und ging aus dem Zimmer.
    Ich nahm den Brief und strich mit den Fingern über meinen Namen in Susannahs eleganter Handschrift. Dann legte ich den Brief auf die Kommode zurück. Noch nicht.
    Wieder klopfte es. »Wer ist da?«, fragte ich.
    Â»Steven.«
    Â»Komm rein.«
    Die Tür ging auf, und Steven kam herein und machte hinter sich zu. Er trug das weiße Leinenhemd und die Khakishorts der Trauzeugen. »Hey«, sagte er und setzte sich auf mein Bett. »Hübsche Frisur.«
    Â»Ist er wieder da?«
    Steven zögerte.
    Â»Sag’s mir, Steven.«
    Â»Nein, er ist nicht

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