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Der Sommer der Toten

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael T. Hinkemeyer
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alles irgendwie zusammenhängt. Die Geräusche. Butch. Aggie. Alles übrige.«
    »Aber, David. Wie denn? Alles? Die Vorfälle können einfach keinen Zusammenhang haben …«
    »Wir werden ja sehen.« Er ging an die Kellertür und rüttelte an der Klinke. »Warum ist sie dauernd verschlossen?«
    »Papa sagte, er wolle verhindern, daß Aggie überall im Haus herumschnüffelt.«
    David lachte kurz auf. »Na, jemand hat dafür gesorgt, daß sie es bestimmt nicht mehr tut.« Das klang überaus zynisch.
    Er faßte wieder nach der Klinke. »Ein massives Schloß. Und hier hast du die Geräusche gehört?«
    »Nur beim zweiten Mal. Beim ersten Mal kam es von überallher durch die Heizungsrohre. Beim zweiten Mal war es sehr schwach.« Sie überlegte.
    »Vielleicht war es beim zweiten Mal nur Einbildung.«
    »Das möchte ich bezweifeln. Laß mich nicht vergessen, deinen Vater diesbezüglich auszufragen. Wenn er mich nicht hinunter in den Keller läßt, dann wissen wir, daß da unten etwas los ist.«
    Katie war da nicht so sicher. Nein, Vater würde für David auf keinen Fall aufschließen, gleichgültig, was da unten war. »Papa ist noch immer der Alte, und außerdem ist er im Moment wütend auf dich.«
    »Ein grober Klotz«, sagte David. »Aber das war er ja schon immer.«
     
    Mama war fast eingeschlafen. Dennoch setzten sie die Kranke auf und flößten ihr ein paar Löffel Suppe ein. Dabei wurden sie vom Gerumpel der Brückenbohlen aufgeschreckt. Old Robert kläffte.
    »Verdammt. Das wird doch nicht wieder der verrückte Bates sein«, murmelte David.
    Diesmal nicht. Es war ein Cadillac, der auf den Hof rollte, schwarz und schimmernd. Die Ähnlichkeit mit einem Leichenwagen war fatal, als er schimmernd und makellos dastand, von Ministrantenscharen blankpoliert. Es war Reverend Mauslocher, der, wie angedroht, »mal vorbeischauen« wollte.
    Der Reverend unterhielt sich mit Papa minutenlang draußen neben dem Wagen. Katie und David beobachteten die Szene vom Küchenfenster aus. Papa stand respektvoll stramm, während der großgewachsene Geistliche wild gestikulierte, mal aufs Haus deutete, dann wieder auf Papa. Old Robert sprang wiederholt an dem Besucher hoch, der schließlich Notiz davon nahm und den zerzausten alten Kopf tätschelte.
    Sie sprachen leise miteinander, und nur hin und wieder flog dem jungen Paar ein Wort oder ein Satzfetzen zu.
    »… Opfer«, hörten sie Papa sagen, » … es wird klappen.«
    Der Pfarrer nickte. »Sie wird …«
    »… hier. Der Schlüssel ist …«
    »Das ist das Wichtigste. Sie …«
    »… die einzige, die nicht …«
    »Mein Gott«, flüsterte Katie. »Die beiden … was ist denn da los? Worüber die sich wohl unterhalten?«
    David legte den Arm fest um sie. Sie spürte seine Unruhe.
    »Es ist fast so, als heckten sie einen Plan aus«, stieß er atemlos hervor.

 
IV
     
     
    Der Geistliche ging sofort ins Schlafzimmer. Er trug ein schwarzes Gewand, das schwach nach Weihrauch duftete. Der steife weiße Kragen drückte sich in fleischige Hängebacken.
    Und Mama fürchtete sich. So sehr wie vor Doc Bates, wenn nicht noch mehr.
    Reverend Mauslocher zeichnete in die Luft über dem Bett ein Kreuz, und Mama drückte sich mit angsterfülltem Blick in die Kissen.
    »Sie ist sehr müde«, erklärte Katie und nahm am Bett dicht neben der Mutter Aufstellung.
    »Es dauert nicht lange«, erwiderte der Geistliche. Seine Augen waren unverwandt auf die Kranke gerichtet.
    Er und Papa standen am Fußende des Bettes und sahen lange Zeit Mama mit einem seltsamen Blick an. Es war, als würden sich die beiden geradezu auf sie konzentrieren, als wollten sie Katrins Sprachlosigkeit durchdringen, das gelähmte Schweigen ihres Mundes. David und Katie wurde es unbehaglich zumute, sie fühlten sich peinlich berührt, allein durch ihre Anwesenheit. Die Blicke der zwei Männer waren rücksichtslos, selbstsicher, fast anklagend. Mamas Augen blickten ängstlich, aber mit einem gewissen Widerspruchsgeist. In ihrem Blick lag etwas höchst Intimes, etwas dem Fleischlichen sehr Nahes, das in Versuchung führte, sich anbot, sich zurückzog und wieder lockte und Erfüllung versprach. Die drei waren damit allein. Katie und David schienen sich einfach nicht mehr im selben Raum mit ihnen zu befinden.
    Dann ließ Papa sich langsam auf die Knie nieder und senkte den Blick. Jetzt waren es nur mehr Mama und der Geistliche, deren Blicke aufeinander fixiert waren.
    Ein der Elektrizität ähnlicher Strom, eine Energie, entwickelte sich

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