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Der Sommer der Toten

Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael T. Hinkemeyer
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greifen, um die Geschichte zu verschleiern … nehmen wir beispielsweise den Alkoholgeruch, den Katie in Aggies Haus roch.«
    Katie nickte. »Aber es könnte immerhin Aggie selbst gewesen sein. Es war bekannt, daß sie sich hin und wieder ein Gläschen genehmigte.«
    »War Butch betrunken, als du mit ihm draußen den Zusammenstoß hattest?«
    »Ich … ich weiß nicht. Er war unbeholfen und schwerfällig, aber das war er ja immer.«
    »Wenn man also der ersten Version glauben darf, hat sich Butch irgendwie vollaufen lassen und geriet in Raserei. Otto hingegen sagte, er hätte Butch später etwas zu trinken gegeben, zur Beruhigung. Aber … aber es könnte ja an jenem Abend ein anderer im Haus gewesen sein.« David sah seine Frau an.
    »Etwa Otto?«
    »Na ja, wenn er Aggie beseitigte, hätte er sich ihre Grundstücke unter den Nagel reißen können. Dann hätte er den gesamten Uferstreifen in seinem Besitz.«
    »Oder sonst jemand?«
    David sah ihr offen in die Augen. Als er es aussprach, war es kaum hörbar. »Oder dein Vater«, sagte er.
    Katie reagierte, wie es vorauszusehen war.
    »Aber David! Wir haben doch das alles schon einmal durchgesprochen …«
    »Sagtest du nicht, daß Aggie dir etwas dringend mitteilen wollte? Bist du nicht aus diesem Grund überhaupt rübergefahren? Um zu erfahren, was sie wußte? Was sie hier im Hause erfahren hatte? Von deiner Mutter?«
    »Ja schon, aber was immer es war, es wäre keinesfalls ein hinreichender Grund für einen Mord …«
    »Warum bist du dessen so sicher? Ich bin es nicht. Und jemand wurde getötet. Seit wir hier angekommen sind, wird alles von Tag zu Tag unheimlicher.«
    »Aber Papa war zu Hause«, erklärte Katie. »Er saß bei Mama und …«
    »Und trank seinen Schnaps«, schloß David.
    Judy enthielt sich wohlweislich ihrer Meinung, da sie das gespannte Verhältnis zwischen David und Ben kannte und wußte, wie Katie an ihrem Vater hing.
    »Das glaube ich nie und nimmer«, sagte Katie, »egal was …«
    »Warum behandeln uns die Alten so unterschiedlich?« warf Judy in der Hoffnung ein, damit das Thema zu wechseln. »Dich und mich?«
    David und Katie sahen sie erstaunt an.
    »Warum das liebenswürdige Getue bei Katie? Und ich ernte bloß böse Blicke und dreckige Bemerkungen und Tritte für die Kinder?«
    »Mir kommt man auch nicht eben liebenswürdig entgegen«, sagte David stirnrunzelnd. »Aber dahinter steckt wenigstens System. Die Ellenwoods hatten keinen Landbesitz. Und ihr – die Krauses – seid in die Stadt gezogen. Katie hingegen gilt noch als Tochter der Dorfgemeinde. Sie ist noch immer die Tochter des alten Ben. So was zählt hier.«
    Er tat es mit einer wegwerfenden Geste ab.
    »Mama ist die einzige, die etwas weiß. Wenn sie es weiß. Ich frage mich schon, ob Bates mit seiner Behauptung nicht recht hatte, als er sagte, ihr Gehirn wäre in Mitleidenschaft gezogen. Heute morgen, während du mit Vater in der Kirche warst, ging ich wieder alles mit ihr durch. Sie hat Angst vor Doc Bates. Vor Mauslocher. Vor deinem Al … deinem Vater. Auch ihr Foto im Album scheint ihr etwas zu bedeuten, nur kann sie nicht sagen, was. Und diese Berge …«
    »Berge?« fragte Judy.
    »Ich hatte zweimal das Gefühl, ich sähe eine Berglandschaft vor mir. Das Bild blitzte so vor meinen Augen auf«, erklärte Katie.
    Aber den Mann an der Tür von heute morgen wollte sie lieber unerwähnt lassen. Doch sie machte eine kleine Pause und mußte wohl ein wenig schuldbewußt dreingeschaut haben.
    »Und der Keller«, sagte sie hastig, um die beiden abzulenken.
    Aber David ließ sich nicht hinters Licht führen. »Die Sache mit dem Keller werde ich mir noch ansehen, ehe ich wegfahre. Aber ist da nicht noch etwas passiert? Wieder eine Vision?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht … es war so wie in der Geschichte, die Otto Ronsky dauernd erzählt. Wie er damals in seiner Jugend auf Arbeitssuche war auf Schusters Rappen hierher kam. Wie er vor der Veranda stand und Mama fragte … Ich habe das alles heute morgen erlebt.«
    Ein plötzlicher Windstoß kam über die Wiese den Bach entlang und bewegte das hochstehende Gras. Katie schauderte.
    »Das klingt mir ganz nach den Erinnerungen deiner Mutter«, sagte Judy Boomer versonnen.
    »Was meinst du damit?«
    »Ach die Sache mit Ronsky ist sonnenklar. Du hast einfach die exakte Wiedergabe dessen gesehen, was er immer erzählt, so wie deine Mutter es sah und in Erinnerung behielt.«
    »Und die Berge?«
    »Deine Mutter ist doch

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