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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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vermeintlichen
Heilzaubereien oder ähnlicher Unsinn, wo ihr ihn ganz aus Versehen in
ein Brot verwandelt.“
    „Abgemacht“,
freute sich Socke.
    Augenblicklich
fiel Rolo zu Boden.
     
     

Kapitel 20
    Die Kutsche
holperte den schmalen Pfad entlang. Kinsella hielt die Zügel locker in den
Händen. Die Dahus kannten den Weg. In Grellons Kopf schlugen die Gedanken
Purzelbäume.
    Vivianne.
Wie fremd ihm dieser Name geworden war. Warum trat sie jetzt wieder in sein
Leben? Nicht zuletzt die Angst vor neuen Verletzungen setzte ihm zu. Hatte er
nicht schon genug Naben auf seiner Seele? Die Zeit heilt alle Wunden.
Wirklich alle? Trotz allem war sie Rolos Mutter. Ist Rolos Mutter! Und
meine Frau. Wenn auch nur auf dem Papier. Grellon hatte sich nie bemüht,
die Ehe annullieren zu lassen. Seit ihrer Trennung vor zwölf Jahren kein
Lebenszeichen. Nicht einmal nach Rolo hatte sie sich erkundigt. Oder den
Kontakt gesucht. Wie es jede anständige Mutter getan hätte. Insgeheim war
er darüber stets erleichtert gewesen. Was hätte er getan? Es verhindert? Das
hätte einen noch tieferen Keil zwischen Rolo und ihn getrieben, als es die
unglücklichen Entwicklungen der letzten Tage getan hatten. Sollte dies alles
das Verhältnis zu seinem Sohn nachhaltig verschlechtern, er würde es sich nie verzeihen.
Und was noch vor ihm lag, daran traute er sich kaum zu denken. Im Moment lag
dort Neunseen. Die Stadt wirkte im Sternenlicht wie aus dem Modellbaukasten. So
klein und zerbrechlich. Grellon ermahnte sich selbst, sich auf das
bevorstehende Treffen zu fokussieren. Es hatte niemand was davon, wenn er sich
selbst zermürbte.
    „Wo treffen
wir Adalar?”, fragte er, um sich von seinen finsteren Gedanken abzulenken.
    „Im
Rathaus”, antwortete Kinsella.
    „So ein
offizieller Rahmen für ein kleines Gespräch?“
    „Der Junge,
Kjeir, ist auch im Rathaus untergebracht. Falls sich Fragen auftun. Und ich bin
sicher, es wird Fragen geben.” Kinsella lenkte die Kutsche an den Straßenrand. Die
Dahus mussten nicht angebunden werden. Sie liefen auf die Wiese und hielten
ihre Nasen in den Wind. Das Öhr war stark bewacht. Grellon zählte nicht weniger
als vierzehn Wachen. Sie trugen die grünen Capes der Nachtwehr. Zwei Neolinga
waren dabei. Sie trugen Schwarz. Die Kapuzen hatten sie zurückgeschlagen.
Grellon vermutete, sie waren in seinem Alter. Er sah harte, vom Wetter gegerbte
Gesichter.
    „Kinsella”,
grüßte einer der Neolinga.
    „Cian“,
erwiderte Kinsella knapp.
    Grellon
spürte die Blicke. Ich bin ein Fremder. Ihm war nicht wohl in seiner
Haut. Aber niemand sprach ihn an oder hielt ihn auf. So betraten sie die Stadt
und folgten der Straße in Richtung Marktplatz. Hinter der Brücke bogen sie ab
und erreichten das geschäftige Viertel. Die hellen Schaufenster ließen die
Passanten lange Schatten werfen. Insekten umschwirrten die Laternen. Zahlreiche
Neunseener trugen ihre Einkäufe in Beuteln und Körben umher.
    „Hier
schwirren die Motten wie die Leute und umgekehrt”, amüsierte sich Grellon. Trotz
aller Vorbehalte gegen das Nachtschattental, die einfache und ehrliche Art der
Neunseener gefiel ihm. Und genau so schätzte er die Handwerkskünste, die hier ausgeübt
wurden. Kinsella erwiderte jeden Gruß freundlich. Viele Glückwünsche gab es für
ihren gelungenen Auftritt als Bendith Geserith. Grellon war froh, dass sie ihn
aus den Gesprächen raus hielten. Er nutzte die Gelegenheit und warf ein Auge
auf die Auslagen in den Schaufenstern. Dieser Laden führte alles, was die neuen
Schüler der Farralot benötigten. Er nahm sich vor, bald mit Rolo herzukommen.
Sie ließen das geschäftige Viertel hinter sich und folgten der breiten Allee
seewärts. Das Panorama der Berge war ein noch dunkleres Schemen im schwarzen
Nachthimmel über dem Wasser. Zwei Jungs kamen ihnen entgegen. Grellon kamen sie
bekannt vor. Auch sie erkannten ihn wieder. Doch als sie Kinsella bemerkten,
grüßten sie nur freundlich, und gingen rasch weiter. Kinsella nahm das lächelnd
zur Kenntnis.
    „Das waren
Karl Creinveld und sein Freund Onno. Zwei Schlitzohren sind das.”
    Der
Marktplatz zeigte ohne die Stände des gestrigen Festes seine ganze beachtliche Größe.
Von der Seeseite wehte eine kühle Brise. Kinsella zog ihr Cape fester um die
Schultern. Grellon schloss seinen Anorak. Die Takelagen der ankernden Boote
klapperten im Wind. Die Schenken waren gut besucht. Das Stimmgewirr der Gäste
klang dumpf zu ihnen herüber. Ein Gebäude überragte alle

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