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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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Visionen aus den dunkelsten Kapiteln der
Geschichte. Wer von euch erinnert sich an Ava?“
    Alle wichen
beschämt Kinsellas Blick aus.
    Außer
Adalar. „Ich erinnere mich ganz genau. Wir alle hier erinnern uns an sie. Es
ist die schlimmste Tragödie, die sich im Nachtschattental ereignet hat, seit Hunderten
von Jahren.“
    „Wer ist
Ava?“, fragte Grellon.
    „Sie war,
wie Vivianne, ein Mitglied in Patrick Aurachs Zirkel.“
    „Es war ein
tragischer Unfall. Oder Selbstmord“, heulte Horgus, der Farindor.
    „War es das?
Oder wollten wir nur, dass es das war? Weil wir die Wahrheit nicht ertrugen?“
    Straun, der
Farindor, protestierte. „Kinsella, jetzt mach aber mal einen Punkt.“
    „Nein! Wir
müssen endlich den Tatsachen ins Auge sehen. Es war Mord. Wir haben nicht viel
gemein mit den Behütern der alten Zeiten, wenn wir das nicht sehen können!“
    „Was ist
passiert?“, fragte Grellon.
    „Es geschah
während deines letzten Besuches in Neunseen. Damals, vor zwölf Jahren. Ich habe
dir nie davon erzählt. Es war Ansbert, der sie fand. Viel zu früh, weit vor
Tagesanbruch, läutete die Glocke. Hier, über uns im Turm des Rathauses. Da hing
sie. Das Seil der Glocke um ihren Hals geknotet. Im Takt der Glocke schwang ihr
Körper auf und ab. Und sie lächelte. Ihre toten Augen sahen unendlich zufrieden
aus.“
    „Sie war
verrückt. Wer sonst würde so was tun?“, spottete Blair, der Neolinga.
    „Ja, Blair,
wer würde so was tun? Diese Frage ist die richtige. Jedoch stellen wir sie
viele Jahre zu spät.“ Grellon war entsetzt. „Wieso habe ich nie davon gehört?
Das ist schrecklich.“
    Niemand
antwortete.
    „Weil wir es
vertuscht haben“, flüsterte Kinsella schließlich. „Denn das war noch nicht
alles. Sie hatte keinen Tropfen Blut im Körper. Kein Organ. Eine leere Puppe
aus Haut.“
    „Und da
sprecht ihr von Selbstmord?“, wunderte sich Grellon. „Es gibt alte Magie.
Finstere Magie. Sie braucht das Blut eines freiwilligen Opfers. Seine Organe“,
erklärte Kinsella. Grellon schluckte „Du gute Güte. Warum habt ihr nicht die
Polizei verständigt?“
    „So was
regeln wir hier unter uns“, sagte Adalar.
    „Und du
vermutest einen Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen?“, fragte
Hallimasch.
    „Ich weiß es
nicht. Aber wir haben fahrlässig gehandelt. Ich hoffe nur, dass uns das nicht
einholt.“
    „Dieser
Patrick Aurach. Er verschwand. Spurlos. Was hätten wir tun sollen?“, fragte Blair,
der Neolinga.
    Kinsella
wirkte erschöpft. „Vielleicht hätten wir die Wahrheit öffentlich machen müssen.
Vielleicht sogar über die Grenzen des Nachtschattentals hinaus. Aber auf jeden
Fall hätten wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen dürfen.“ „Wir wissen
nicht, ob Patrick Aurach und sein Zirkel die Verantwortlichen waren“, sagte
Findrack, der Farindor.
    „Aber wir
glauben es alle“, behauptete Hallimasch.
    „Ja. Ich
denke, das tun wir. An jenem Morgen sprach ich ein letztes Mal mit Vivianne.
Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Redete wirr und reagierte wütend
auf meine Zweifel. Sie drohte mir, dass auch ich mich besser für die richtige
Seite entscheiden solle. Und dass sie in Bereiche der Magie vorgedrungen sei,
von denen kein Lebender zu träumen wage. So erfuhr ich von den magischen
Experimenten des Zirkels. Dann bekam ich die Nachricht von Avas Tod. Als ich
Vivianne später zur Rede stellen wollte, war sie fort. Der Rest des Zirkels
auch.“
    Hallimasch
hatte längst aufgehört mitzuschreiben. „Und du glaubst, sie hatten Erfolg?“
    „Ich weiß es
nicht.“
    „Warum haben
wir nicht früher davon erfahren?“, rief Nopogo, der Farindor.
    „Und was
hättest du getan?“
    „Also gab es
doch einen anderen Mann?“, hauchte Grellon. „Lasst mich noch erklären, warum ich
uns all das ins Gedächtnis rufen musste. Nach vielen Jahren des Schweigens
erhielt ich vor Kurzem eine Nachricht von Vivianne. Das ist auch der Grund,
warum Grellon und sein Sohn hier sind. Natürlich freue ich mich auch über ihren
Besuch trotz der seltsamen Umstände. Lasst mich euch die Nachricht vorlesen!“
Sie zog ein Blatt Papier hervor, faltete es auseinander und las.
    „Lieber
Grellon,
    Bitte
verzeih mir.
    Ich hätte
Dich und Roland nie im Stich lassen dürfen.
    Ihr seid
meine Familie. Jetzt ist es mir, als wäre ich aus einem endlosen Albtraum
erwacht. All die ganzen Jahre. Verschenkt. Ich habe Furchtbares getan, das zu
noch schlimmeren Ereignissen führen wird. Schon bald!
    Sei auf

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