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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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sah erleichtert aus. Driftwood hob eine Pfote und rief: „Furrare!“
Augenblicklich flog das Licht der ersten Laterne durch die Luft wie ein
glühender Baseball. Driftwood schnappte es geschickt und ging neben Kotze in
die Hocke. Das Licht zuckte in seiner Pfote wie ein Glühwürmchen.
    „Lecker.”
    Kotze legte
die Ohren an und schnupperte. Unsicher blickte er rauf zu Socke. Als der
aufmunternd nickte, verschlang er es gierig. „Brrr?“
    „Klar gibt
es noch mehr. Momento!“ Driftwood wiederholte den Zauber, bis alle Laternen aus
und alle Lichter gefressen waren.
    Kotze
rülpste und Funken stoben in den Nachthimmel. Dann stiegen sie die Treppe
hinab. Driftwood verschwand geschwind in der Dunkelheit. Rolo musste sich erst
an sie gewöhnen. Er sah nicht die Hand vor Augen und ging mit vorsichtigen
Schritten. Socke und Kotze wichen nicht von seiner Seite, bis sie den Rand des
Waldes erreichten.
    „Drift?”,
hauchte Socke.
    „Hier!“
    „Was machst
du denn da?“
    „Jetzt kommt
schon. Und lass den Menschen nicht aus den Augen!”
    Sie betraten
den Wald. Socke bewegte sich nahezu geräuschlos durch das abschüssige Gelände.
Rolo war froh, für einen Moment mit ihm allein zu sein.
    „Was habt
ihr jetzt mit mir vor?”, fragte er.
    „Wir bringen
dich zum Meister”, erklärte Socke. „Danach sehen wir weiter.”
    „Du hast mir
versprochen, dass ihr euch um Hwarf kümmert.” „Das werden wir auch. Versprochen
ist versprochen. Sobald wir beim Meister waren.”
    „Und wer ist
der Meister?“
    Plötzlich
und ohne jede Vorwarnung stürzte sich Driftwood von einem Ast direkt vor Rolos
Füße.
    „Der
schleimige Popel, der deine Mutter ist!”, brüllte er. Rolo fiel erschrocken auf
den Hosenboden.
    „Driftwood!
Was soll das?”, seufzte Socke.
    „War doch
nur Spaß”, kicherte Driftwood und ging weiter. Rolo sprang auf. Er hatte die
Nase voll.
    „Keine Witze
über meine Mutter, du Affe!“ Er griff sich einen Stein und warf. Nur um
Haaresbreite verfehlte er Driftwood.
    Driftwood
blieb wie vom Donner gerührt stehen. Sehr finster sah er aus, als er sich
umdrehte, und Rolo mit einem Blick fixierte, der schon gestandene Männer in die
Knie gezwungen hatte. „Das würde ich lassen, Nacktschnecke. Sonst werde ich
deiner lieben Mutti auch noch einen Besuch abstatten müssen.“
    Das war zu
viel. Bei Rolo brannten die Sicherungen durch. Er brüllte und stürmte wie von
Sinnen und mit rudernden Armen auf Driftwood zu. Hätte die Wut nicht seinen
Verstand vernebelt, er hätte gewusst, dass man jemandem wie Driftwood so nicht
beikommen konnte. Und so war es auch. Mit einem gezielten Schwinger hieb
Driftwood ihm auf die Nase. Bevor Rolo überhaupt wusste, wie ihm geschah, lag
er bäuchlings im Dreck. Er wollte aufstehen, doch da war Driftwood schon über
ihm und drückte ihn mit dem Fuß zu Boden.
    „Was war das
denn jetzt? Spinnst du?”, empörte er sich. „Keine Witze über meine Mutter!”,
brüllte Rolo.
    „Was soll
das? Bist du Muttis Liebling, oder was?“
    „Nein, bin
ich nicht. Wenn du es genau wissen willst, ich kenne meine Mutter überhaupt nicht!“
Und in dem Moment, wo es ihm rausgerutscht war, bereute er schon, so viel von
sich preisgegeben zu haben.
    „Driftwood,
jetzt lass es doch gut sein”, bat Socke eindringlich.
    Es waren
wohl die Trauer und die Wut, gepaart mit den Aufregungen dieser Nacht. Rolo
kamen die Tränen.
    „Och, na so
was”, murmelt Driftwood und ließ von ihm ab. Rolo blieb liegen, das Gesicht in
der Armbeuge verborgen. „Brrr?”, fragte Kotze.
    „Er weint”,
antwortete Socke betreten.
    „Brrr?“
    „Weil er
traurig ist.”
    „Brrr?“
    „Ja, ich
glaube, dass wir daran schuld sind”, räumte Socke ein. Er ging in die Hocke und
legte Rolo eine Pfote auf die Schulter.
    Driftwood versuchte,
möglichst unbeteiligt auszusehen. Kotze streckte sich, drückte seine Stirn
gegen Rolos Kopf und schnatterte wie eine Ente. Rolo schaute auf. Ganz dicht
war Kotzes Auge an seinen.
    „Brrr?“
    „Er möchte
wissen, ob es dir schon besser geht?”, übersetzte Socke.
    „Schon viel
besser”, sagte Rolo. Er musste sogar ein wenig lachen.
    Socke
reichte ihm ein Taschentuch. Rolo schnäuzte sich, streichelte Kotze und ließ
sich von Socke auf die Beine helfen.
    „Keine Witze
über meine Mutter!”, wiederholte er.
    Driftwood
nickte. „Abgemacht. Können wir dann endlich weitergehen?“
    Die Alben
waren so darauf bedacht, die Wege zu meiden, dass Rolo schnell jedes Gefühl für
die

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