Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer des Commisario Ricciardi

Der Sommer des Commisario Ricciardi

Titel: Der Sommer des Commisario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
Vom Netzwerk:
haben. Du weißt es zwar nicht, aber alle sind seit Jahren darüber im Bilde, dass du eine Menge Blödsinn erzählst. Eine Dummheit mehr oder weniger fällt da nicht ins Gewicht, also sag mir bitte jetzt gleich etwas.«
    Modo lächelte.
    »Genau das liebe ich so an dir: die Wertschätzung, die du deinen Mitarbeitern entgegenbringst. Na dann würde ich sagen: Fraktur des Stirnbeins und des Hinterhauptbeins durch den Pistolenschuss, der auch das Gehirn durchdrungen hat. Die Kugel ist hier, sie ist in der Lehne des Sofas steckengeblieben. Keine Brandwunden, der Schuss wurde nicht unvermittelt abgegeben. Ich hab gesehen, dass du dir das Kissen angeschaut hast, also weißt du schon Bescheid. Aufgrund des Blutes kann ich sagen, dasssie noch lebte, als auf sie geschossen wurde. Weiter wage ich mich ohne Autopsie nicht vor, selbst wenn du mich foltern lässt.«
    »Sag nur was zur linken Hand.«
    »Der Mittelfinger ist ausgerenkt, aber es gibt kein Hämatom: Also ist es nach ihrem Tod passiert. Und ein kleiner blauer Fleck auf dem Ringfinger, da lebte sie folglich noch. Vielleicht ist sie zwischen dem einen und dem anderen Finger gestorben. Ah, da ist ja der Wagen vom Leichenschauhaus.«
    Mit den Händen in den Taschen sah Ricciardi zu, wie die Herzogin zum letzten Mal ihr Haus verließ. Zumindest ihre sterbliche Hülle. Hinter ihm hörte er selbige sagen:
    »Der Ring, der Ring, du hast den Ring weggenommen.«

    VIII    Ricciardi wollte gemeinsam mit Doktor Modo aufbrechen. Das überraschte Maione, der ihn fragte:
    »Wie, Commissario, befragen wir denn nicht gleich den Herzog und den jungen Herrn? Wenn nur sie im Haus waren und immer noch da sind, sollten wir dann nicht hören, was sie zu sagen haben?«
    Sein Vorgesetzter schüttelte langsam den Kopf und strich sich seine Haarsträhne aus der Stirn.
    »Nein. Ich muss erst sicher wissen, zu welcher Uhrzeit die Herzogin gestorben ist, und vor allem, ob die Autopsie noch andere Ergebnisse liefert. Sie jetzt zu vernehmen würde sie nur warnen. Lass Camarda hier, er soll notieren, wer das Haus verlässt. Und es darf niemand hereinkommen, bis ich neue Anweisungen gebe.«
    Beim Hinausgehen kamen ihnen Sciarra und die Sivo entgegen; Maione bat sie, weiter zur Verfügung zu stehen und sich auf keinen Fall zu entfernen, weder die Haushälterin noch Sciarras Familie. Der Pförtner zuckte unter der riesigen Jacke mit den Schultern und sagte:
    »Wohin sollen wir schon gehen? Wir rühren uns nicht vom Fleck, Brigadiere, ganz sicher nicht.«
    Maione gab Ricciardis Anweisungen an Camarda weiter, der – zum Verdruss des Brigadiere – gerade ein großes Stück Brot mit frittierten Zucchini verspeiste. Maiones Magen erinnerte ihn nämlich geräuschvoll daran, dass die Mittagessenszeit bereits seit einer Weile überschritten war. Verflixter Gemüsehändler und verflixter Hunger!
    Sie begleiteten den Doktor ein Stück, der in Richtung Krankenhaus abbog. Modo schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Irgendwas ist an dieser Sache faul. Stell dir vor, jemand drückt dir ein Kissen aufs Gesicht, und zwar so fest, dass der Mund sich darauf abzeichnet, und feuert dahinter eine Pistole ab – lässt du dich dann einfach so erschießen, ohne jede Gegenwehr? Nein, nein, das ist alles sehr eigenartig.«
    Maione stimmte ihm zu, während er, keuchend und aus allen Poren schwitzend, mit dem Anstieg der Via Diaz kämpfte.
    »Ich finde es auch seltsam. Und dann hat auch niemand was gehört; na gut, da waren die Feier und der ganze Lärm, Musik, Geschrei, Pfiffe und so weiter. Aber ein Schuss bleibt ein Schuss, zumindest im Haus müsste man ihn doch gehört haben.«
    Ricciardi blickte gedankenversunken nach vorn. Wie üblich trug er keine Kopfbedeckung. Die wenigen Passanten starrten ihn an und wichen ihm verblüfft aus.
    »Das ist nicht gesagt. Der Schuss wurde in das Kissen abgegeben, außerdem müssen wir erst mal feststellen, wer zu Hause war. Bruno, du musst uns die Ergebnisse der Autopsie so schnell wie möglich vorlegen. Ich vermute, dass sie einiges erklären werden.«
    Modo seufzte theatralisch.
    »Das ist ja mal was ganz Neues! Warum heißt es eigentlich nie: Lass dir Zeit, Dottore, nur keine Eile. Genieß den Sonntag, erhol dich, und morgen machst du in aller Ruhe deine Arbeit und lässt uns deinen Bericht zukommen.«
    »Gut, dann machen wir es so: Bitte lass mir doch, ganz ohne Eile, bis spätestens morgen früh einen brauchbaren Bericht zukommen.«
    Modo blieb stehen und sah Maione an.
    »Im

Weitere Kostenlose Bücher