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Der Sommer des Commisario Ricciardi

Der Sommer des Commisario Ricciardi

Titel: Der Sommer des Commisario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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attraktivste Mann im Präsidium. Können Sie mir sein Büro zeigen?«
    Sie trug eine leichte dunkelblaue Matrosenjacke mit weißem Revers; auch der eng anliegende, knielange Rock war in diesen Farben gehalten, und ihre Beine schmückten weiße Seidenstrümpfe. Eine am Hals offene Bluse ließ Livias wundervolles Dekolleté erahnen. Der Glockenhut verdeckte einen Teil ihrer kurzen Haare, die das hübsche, dezent geschminkte Gesicht umrahmten, das in diesem Augenblick von einem strahlenden Lächeln erleuchtet wurde.
    Ricciardi, dem Livias Anblick den Atem verschlug, stand auf und bedeutete ihr einzutreten. Als er sich gefasst hatte, sagte er:
    »Was machst du denn hier zu dieser Stunde? Hast du nicht Ferien?«
    Livia lachte, während sie sich auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch niederließ und den Inhalt der Tüte auspackte.
    »Ferien? Sieh mal, wenn man es mit einem wie dir zu tun hat und Freundschaft schließen möchte, kann man sich keine Pause erlauben. Dich muss man verfolgen, denn auf dich zu warten würde heißen, inzwischen alt und hässlich zu werden. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, weißt du.«
    Ricciardi war an diese Art von Plänkelei nicht gewöhnt und befand sich eindeutig in Bedrängnis.
    »Ich meinte nur, dass es für dich unpassend ist, hierher ins Präsidium zu kommen. Kein schöner Ort für eine Dame. Nur Verbrecher und Polizisten, die einen schlimmer als die anderen. Mir scheint auch, dass dir noch eine Menge Zeit bleibt, bevor du häss…, ich meine alt wirst.«
    Livia riss die Augen weit auf und fasste sich an den Hals. Mit gespielter Überraschung sagte sie:
    »Nein, was hören meine Ohren da? Kann es sein, dass Commissario Ricciardi, der am wenigsten galante Mann Süditaliens, gerade fast ein Kompliment gemacht hätte? Das kann nicht sein. Wahrscheinlich bin ich noch nicht richtig wach und habe nur geträumt.«
    Ricciardi schüttelte den Kopf und musste lächeln.
    »Also gut, du machst ja doch, was du willst. Und was neulich Abend betrifft: Du kannst nicht sagen, ich hätte dich nicht gewarnt, dass der Umgang mit mir auch gefährlich sein kann. Ganz gleich, es waren bloß vier Hitzköpfe, die …«
    Livia brachte ihn zum Schweigen, indem sie eine Hand auf seine legte. Die warme, vibrierende Berührung war Ricciardi alles andere als unangenehm. Während sie ihm fest in die Augen schaute, erwiderte sie:
    »Du brauchst nichts zu sagen. Ich bin eine erwachsene Frau; was ich tun will und was nicht, suche ich mir selbst aus. Glaub nicht, dass es bei uns anders ist: Derzeit suchen sich sogar die Verbrecher eine politische Rechtfertigung. Um mich musst du dir keine Sorgen machen. Aber ich mache mir Sorgen um dich. Wenn du möchtest, kann ich in Rom anrufen und … ich kenne sehr einflussreiche Leute. Ich kann dafür sorgen, dass dich niemand mehr belästigt, weder jetzt noch später. Du musst es mir nur sagen.«
    Ricciardi antwortete sehr bestimmt:
    »Das kommt gar nicht in Frage. Einmal davon abgesehen, dass ich nichts zu befürchten habe, kann ich sehr gut auf mich selbst aufpassen. Ich habe mich bereits darum gekümmert, es wird nichts mehr geschehen.«
    Livia seufzte erleichtert.
    »Dann muss ich also nur noch an deinen Magen denken. Sieh mal hier: Vier Sfogliatelle, wie du sie magst, schön warm. Wie heißt noch der Laden an der Ecke? Ach ja, Pintauro. Er war sogar jetzt schon offen, zu so früher Stunde. Ich war nicht einmal die erste Kundin. Hier bitte, bedien dich.«
    Gerade als Livia Ricciardi, der neben ihr stand, ein dampfendes und duftendes Gebäck reichte, kam Maione zur Tür herein. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Livia, das Gebäck, Ricciardi und wieder das Gebäck an. Dann schnaubte er aufgebracht.
    »Also, langsam leide ich wirklich unter Verfolgungswahn! In dieser Stadt scheint von morgens bis abends nur gegessen zu werden, sobald ich in der Nähe bin! Commissario, wann haben Sie denn schon mal um diese Uhrzeit im Büro gefrühstückt? Und Sie, Signora, verzeihen Sie,aber finden Sie es richtig, dass man die Sfogliatelle schon unten an der Treppe riecht? Ich dachte schon, ich hätt’ Halluzinationen! Hier wird immer noch gearbeitet, wenn’s recht ist!«
    Erstaunt über den Wutausbruch des Brigadiere, schaute Livia, noch mit der Sfogliatella in der Hand, zu Ricciardi. Der Kommissar zuckte mit den Schultern.
    »Grüß dich, Maione, endlich bist du da. Die Signora war zufällig in der Nähe und wollte kurz hereinschauen. Eben hat sie noch gefragt, wann du denn kommst, sie hat

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