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Der Sommer des Commisario Ricciardi

Der Sommer des Commisario Ricciardi

Titel: Der Sommer des Commisario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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nämlich extra auch für dich was mitgebracht. Ich hab ihr gesagt, dass du schon längst hier sein müsstest.«
    Maione betrachtete Livias Hand und die Sfogliatella, als würde er gleich vorschnellen und beides mit einem Bissen verputzen.
    »Vielen Dank, Signora, aber so früh bringe ich noch nichts runter. Mein Magen wacht meistens nach mir auf. Tut mir leid, das eben. In letzter Zeit schlafe ich schlecht, die Hitze und so, bin wahrscheinlich übermüdet. Haben Sie Anweisungen, Commissario?«
    Ricciardi war um den Schreibtisch herumgegangen und hatte sich auf seinen Platz gesetzt.
    »Einen Moment noch, Raffaele. Vielleicht kann Signora Livia uns behilflich sein. Komm rein und setz dich zu uns.«
    Maione nahm neben Livia Platz, die Ricciardi wie elektrisiert anschaute: Er hatte sie tatsächlich in seine Gedanken mit einbezogen! Je schwieriger es ihr schien, an diesen rätselhaften Mann heranzukommen, desto unwiderstehlicher fühlte sie sich von ihm angezogen.
    »Also Livia, hör zu. Stell dir vor, du bist sehr verliebt ineinen Mann. Und du glaubst, dass er für immer dir gehört. Und plötzlich erlebst du etwas, vielleicht Worte oder Blicke, die in dir die Angst wecken, ihn an eine andere Frau zu verlieren. Was würdest du fühlen, was würdest du tun?«
    Neugierig beobachtete Maione seinen Vorgesetzten und dachte sogleich, der Kommissar wolle Capeces Empfindungen, seine Situation im Theater rekonstruieren. Es war nicht dumm, Livia danach zu fragen, dachte er. Man brauchte jemanden aus demselben gesellschaftlichen Umfeld, aus dieser unbeschwerten Luxuswelt, um zu begreifen, wie der Redakteur bei der Aussicht darauf, die geliebte Frau zu verlieren, reagiert haben könnte.
    Livias Herz schlug schneller. Endlich sprach Ricciardi von Liebe. Zwar war es nicht unbedingt ein geeigneter Ort dafür, lieber wäre ihr zum Beispiel ein Essen bei Kerzenlicht in einem Restaurant am Meer gewesen. Außerdem waren Zeugen anwesend, ausgerechnet auch noch dieser ruppige Brigadiere mit seinen merkwürdigen Manieren. Trotzdem sprach er von Liebe, und vielleicht hatte er dieses Ambiente ausgewählt, weil er sich hier sicherer, weniger verletzlich fühlte. Sie lächelte ihn an.
    »Ich wäre bereit, mit allen Mitteln um ihn zu kämpfen. Ich würde nichts unversucht lassen, keine Ruhe geben, mich ganz und gar für ihn einsetzen.«
    Ricciardi sah ihr fest in die Augen.
    »Das heißt, wenn du Zeit zum Überlegen hättest, in Ordnung. Aber wenn du sofort handeln müsstest? Wenn du merken würdest, dass sich jemand zwischen dich und dein Glück, deine Liebe drängt? Und du glaubtest, dass dein Liebster, wenn dieser jemand aus dem Weg geräumt ist, wieder ganz dir allein gehörte und niemand ihn dir mehr wegnehmen könnte?«
    Es folgte ein kurzes Schweigen. Maione versuchte, sich Capece an jenem Abend im Salone Margherita vorzustellen, wie er die Herzogin vor allen Leuten ohrfeigte und ihr dann den Ring von der Hand riss. Die Szene zeugte von Kontrollverlust, Entschlossenheit, Verzweiflung.
    Livia glaubte, Ricciardi versuche zu begreifen, wie sie gestrickt war. Ob hinter ihrer aristokratischen, fortschrittlichen Erscheinung die Kraft und Spontanität einer Frau aus dem Süden steckten, der Art von Frau, an die er vielleicht gewöhnt war. Sie wollte ihn nicht enttäuschen, außerdem war sie sich ihrer angeborenen Heißblütigkeit und Leidenschaftlichkeit bewusst, weshalb es sie keine Mühe kostete, aufrichtig zu sein. Leise und mit leicht geschlossenen Augen sagte sie:
    »Ich glaube, für den Mann, den ich liebe, wäre ich zu allem fähig. Zu allem. Auch den abscheulichsten Dingen. Sogar zu einem Verbrechen.«
    Das Wort verfehlte seine Wirkung nicht. Alle schwiegen, während sie Livias Satz unter verschiedenen Gesichtspunkten abwogen. Nach einer Weile wandte Ricciardi sich an den Brigadiere:
    »Maione, ich möchte dich noch einmal bitten, dich umziehen zu gehen. Du sollst einen Auftrag in Zivil erfüllen, wo, sage ich dir später. Ein Päckchen abholen.«
    Maione stand auf, verneigte sich leicht vor Livia und verließ das Büro. Ricciardi wandte sich nun an seine Besucherin:
    »Ich danke dir, Livia. Du hast mir sehr geholfen, mehr als du glaubst. Jetzt allerdings muss ich dich bitten zu gehen. Ich muss dringend etwas sehr Wichtiges erledigen.«
    Livia erhob sich seufzend.
    »Du schickst mich also weg, wie immer. Vergiss aber nicht, dass ich nicht so schnell aufgebe. Es kommt nicht oft vor, dass ich jemanden gerne näher kennenlernen möchte. Finde

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