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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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so wäre Steffi also um den ganz großen Auftritt gekommen.
    Ich schaute auf meine Uhr. Halb sechs. Ich gab meinem Hut noch einen kleinen verwegenen Ruck nach rechts und postierte mich dann gegenüber der Haustür auf der anderen Seite der Straße. Ein wenig erwartungsvoll, ein wenig ängstlich. Wie sie wohl heute aussehen würde, mit Frisur und Make-up? Und vielleicht hatte sie sich seit heute nachmittag um drei doch mit Eberhard versöhnt?
    Angenommen, Eberhard hatte das Gespräch mit angehört und dann zu ihr gesagt: »Wer war der Kerl?«
    Und sie: »Geht dich das was an?«
    »Ich verbiete dir, dich mit dem Kerl zu treffen.«
    »Was fällt dir eigentlich ein? Du hast mir gar nichts zu verbieten.«
    »So? Das werden wir ja sehen.« Und dann war er um den Schreibtisch herumgekommen, hatte sie in die Arme gerissen und geküßt. Wild und leidenschaftlich, vielleicht sogar brutal, und Steffi war schwach und nachgiebig in seinem Arm geworden und hatte schließlich »Ach!« geseufzt. Und jetzt kamen sie gleich Arm in Arm hier heraus, und Steffi würde zu mir sagen: »Es tut mir schrecklich leid, Herr Schmitt. Es ist was dazwischengekommen. Ich muß heute Überstunden machen«, oder: »Meine Tante ist krank geworden«, oder irgend so was.
    Das ist eben die Tragödie, wenn man Schreiber ist. Man hat zuviel Phantasie. Man stellt sich alles so genau vor, alles viel schöner, als es schön sein kann, und auch viel schlimmer, als es schlimm sein kann, und die Wirklichkeit hinkt immer hinterdrein. Aus der Tür begannen da drüben ein paar Leute zu sickern. Meist Mädchen und Frauen.
    Und plötzlich sah ich sie. Mit zwei anderen jungen Damen kam sie zur Tür heraus. Sie trug ein graues Kostüm und sah sehr elegant und erwachsen darin aus. Helle Schuhe mit hohen Absätzen und helle Handschuhe in der Hand, die Tasche unter dem Arm. Eine sehr distinguierte junge Dame. Sie sah mich auch gleich, blieb stehen, verabschiedete sich lächelnd von ihren Begleiterinnen und kam über die Straße auf mich zu.
    Ich ging ihr entgegen, und wir trafen uns mitten auf der Straße, gaben uns die Hand, ich legte höflich meine Hand unter ihren Ellenbogen und führte sie weiter über die Straße, denn es kam ein Auto.
    Ich drehte mich nicht um, aber ich wußte, daß wir genau beobachtet wurden.
    Steffi wußte das auch.
    Sie ging neben mir her, langsam und aufrecht, mit ihrem schönen federnden Gang und sagte: »Jetzt steht er oben am Fenster und sieht uns nach.«
    »Eberhard?«
    »Ja.«
    »Also war er heute dabei, als wir telefoniert haben?«
    »Er diktierte mir gerade, als Ihr Anruf kam.«
    »Ich dachte mir so was.«
    »Warum?«
    »Das Telefongespräch machte den Eindruck, als hörte jemand mit, und ich dachte mir, es könnte Eberhard sein.«
    Wir waren an die Ecke gelangt und bogen in die Hauptstraße ein. Es war ein toller Verkehr, die Luft erfüllt von ekelhaftem Benzin- und Auspuffgestank. Als wir weitergingen, überholten wir die beiden jungen Damen, die mit Steffi aus dem Haus gekommen waren. Steffi lächelte ihnen im Vorbeigehen zu, und ich zog höflich den Hut. Gut, daß ich ihn aufhatte.
    »Na, jetzt haben sie was zu reden«, meinte Steffi, als wir vorbei waren.
    »Und was hat Eberhard gesagt, nachdem er gehört hatte, daß Sie sich verabredeten?« fragte ich.
    »Zunächst nichts. Wir haben während dieser drei Tage nicht ein einziges privates Wort gesprochen. Nur über die Arbeit, sehr kurz und sehr höflich. Er sieht durch mich hindurch, als ob ich Luft wäre.«
    »Und er hat sich auch nicht erkundigt, wie Sie nach Hause gekommen sind?«
    »Nein. Aber vorhin, wie ich ihm die Briefe zum Unterschreiben brachte, da sagte er: ›Ich denke, wir hätten einiges zu besprechen.‹«
    »Und Sie?«
    »Ich sagte: ›So?‹«
    Ich betrachtete sie amüsiert von der Seite. Bei diesem ›So?‹ steckte sie die Nase ein wenig in die Luft und zog ein kleine hochmütige Miene. Niedlich machte sie das.
    »Und dann?«
    »Dann sagte er: ›Warte bitte, bis ich hier fertig bin, dann können wir zusammen essen gehen.‹ Und ich sagte: ›Tut mir leid, heute geht es nicht. Ich bin schon verabredet.‹«
    Welche Wonne es für sie bedeutet haben mußte, das zu sagen. Ich sah es ihr an, ich hörte es an ihrer Stimme. »Und er?« fragte ich bereitwillig.
    »Er sagte ganz kühl: ›Nun, wie du willst. Wenn dir nichts dran liegt, die Geschichte zu bereinigen …‹ Und ich sagte: ›Nein. Mir liegt nicht sehr viel daran.‹ Und dann unterschrieb er schweigend die

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