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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Wastl hatte geschwatzt, hatte von meinem Besuch erzählt. Ich grinste nur, und der Andres fuhr fort: »Du bist mir a Heimlicher. A ganz G'hängter.«
    Ich begrüßte den Doktor und fragte: »Es ist doch nichts mit Isabel?«
    »Woher denn?« beruhigte mich der Andres. »Die is guat beieinand. Hättst sehen solln, wie schnell die Krippen heut morgen wieder leer war. Arm wird's dich no fressen. Naa, die Mimi hat ihr Kaibi kriegt.«
    »Ah, das vom Herkules. Is gut worden?«
    »A bildschönes Kalb«, teilte mir der Doktor mit. »A Prachttier scho. Aber a schwere Geburt war's.«
    Ich ging mit in den Stall und betrachtete das Neugeborene. Ich wußte, wieviel dem Andres an diesem Nachwuchs in seinem Stall lag. Das erstemal war die Mimi, seine schönste und kräftigste Kuh, bei Herkules, dem preisgekrönten Stier des Grafen Tanning, gewesen. Nicht jeder Kuhdame wurde diese Ehre zuteil, und es hatte damals vor reichlich neun Monaten allerhand Aufregung gegeben. Nun war also das Kälbchen da. Und wohlgeraten war es, das konnte ich sogar sehen, obwohl ich nicht viel davon verstand.
    Ich beugte mich über das Baby und berührte sanft sein weiches, zartes Fellchen, das noch feucht war. Gab es etwas Herzanrührenderes als so ein neugeborenes Wesen in all seiner unzerstörten Unschuld, die es aus jener Welt, aus der es kam, mitbrachte? Ob Mensch oder Tier, junges Leben erschien mir immer wie etwas Heiliges. Mir wurde ganz andächtig ums Herz. Und dieses dumme Herz, das sowieso an diesem Morgen aufgetan und glücklich, auch voll neuem Leben war.
    Andres, der neben mir lehnte, war weit entfernt von so poetischen Gedanken.
    »Damit fang i a neue Zucht an«, murmelte er. »Was der Graf ko, des ko i scho lang.«
    »Alsdann geh' ich jetzt«, sagte der Tierarzt. »Ich hab' auch noch was anderes zu tun. Sag der Mali Vergelt's Gott für den guten Kaffee.«
    »Magst net no a Tassen?«
    »Naa. I hab' schon drei. Das Herz klopft mir eh, so stark war er.«
    Der Andres lachte und erklärte mir: »Die halbe Nacht san mir im Stall gesessen. Grad wie die Sonn' aufgangen is, is kemma, des Kaibi.«
    »Dann solltest du es Aurora nennen«, meinte ich.
    Andres sah mich mißtrauisch an. »Warum nachher des?«
    »Das ist die Göttin der Morgenröte, die heißt so. Die aus Griechenland, weißt. Und da das Kleine einen griechischen Halbgott zum Vater hat, fände ich es ganz angemessen.«
    Der Doktor lachte vergnügt vor sich hin und ging breitbeinig aus dem Stall.
    Andres warf mir einen langen Blick zu und folgte ihm. Eine Frage stellte er nicht. Denn wer Herkules war, hatte ich ihm damals, anläßlich der Hochzeit zwischen Mimi und Herkules, erklärt. Es hatte allerhand Eindruck auf ihn gemacht.
    Ich beugte mich noch einmal zu dem Kälbchen hinab und erzählte ihm: »Also wird es wohl bei Aurora bleiben, Kleines.« Und wenn es so weiterging, setzte ich in Gedanken hinzu, wenn Andres Erfolg hatte mit seiner geplanten Zucht, dann würde hier wohl bald die ganze griechische Mythologie auf den Wiesen herumlaufen.
    Jetzt endlich nahm ich Kenntnis von dem aufgeregten Gegluckse, das von der anderen Seite des Stalles her immer dringlicher an mein Ohr drang. Isabel konnte nicht verstehen, warum ich heute nicht kam, um sie zu begrüßen. Sie hatte den Kopf über den Boxenrand gestreckt und rief mich. Jetzt begann sie sogar mit dem rechten Huf an die Boxenwand zu poltern. Dorian saß vor der Box und blickte vorwurfsvoll zu mir hinüber.
    »Ich komm' ja schon«, sagte ich und ging zu den beiden. »Wirst du wohl aufhören, an die Tür zu schlagen, Isabel? Benimmt sich eine Dame so? Ich hab' doch bloß nach dem Baby gesehen.« Ich machte die Tür auf, Isabel trat heraus und rieb ihren Kopf an meiner Schulter.
    »Da hast du wohl auch nicht viel geschlafen heute nacht, was?« fuhr ich fort und kraulte sie auf der Stirn. »Die arme Mimi, sie hat es schwer gehabt. Aber nun ist sie glücklich. Sieh nur.« Als wir bei Mimi vorbeigingen, wollte ich Isabel veranlassen, einen Blick auf das Kind und die glückliche Mutter, die ihr Baby abschleckte, zu werfen. Aber Isabel war an Aurora nicht im mindesten interessiert. »Du hast überhaupt keinen Mutterinstinkt«, sagte ich, als ich sie im Hof anband, um sie zu putzen. »Dabei könntest du ohne weiteres selbst ein Baby bekommen. Eines Tages werden wir dir einen netten Mann suchen. Möchtest du nicht?«
    Isabel schüttelte energisch den Kopf. Sie tat es, um die Fliegen zu vertreiben, die ihr im Gesicht herumkrabbelten. Aber es sah

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