Der Sommer des glücklichen Narren
Mercedes vor die Tür rollen. Nanu? Doch nicht schon wieder Rosalind?
Sie war es. Strahlend kletterte sie aus dem Wagen, in einem Chanel-Kostümchen mit mehreren Reihen bunter Perlen behängt. Wer sollte es für möglich halten? Monatelang war sie überhaupt nicht zu mir herausgekommen.
»Da bin ich«, rief sie mir zu. Sie kam heran und gab mir einen liebevollen Kuß. »Freust du dich?«
»Natürlich«, erwiderte ich. Was sollte ich auch sonst schon sagen? Sie drehte sich vor mir, damit ich sie von allen Seiten bewundern konnte.
»Schick, nicht? Hab' ich aus Paris mitgebracht.«
»Hm. Man sieht's«, sagte ich, um ihr einen Gefallen zu tun.
»Du bist doch allein?«
»Ja.«
»Na, Gott sei Dank. Ich dachte schon, diese …«, sie verschluckte den Rest des Satzes, aber ich wußte auch so, was sie hatte sagen wollen.
»Und was verschafft mir die Ehre deines neuerlichen Besuches?«
Sie hob erstaunt die Brauen. »Aber Dodo! Ich muß mich doch um dich kümmern. Man kann dich schließlich nicht immer allein hier draußen lassen.«
»So«, sagte ich und grinste. Es hatte ihr also keine Ruhe gelassen. Sie mußte wissen, was hier gespielt wurde.
Sie öffnete den hinteren Wagenschlag und kramte mehrere Päckchen hervor.
»Hier, nimm mal. Ich hab' dir was zu essen mitgebracht. Sicher ißt du nicht ordentlich. Ich werde dir was kochen.«
Ich schwieg verblüfft und stapelte die Päckchen in meinem Arm. Eindreiviertel Jahr lang hatte es sie nicht im geringsten interessiert, was ich zu essen hatte.
»Trag's rein«, rief sie mir über die Schulter zu. »Es kommt noch mehr.«
Ich brachte die erste Ladung ins Haus und holte die zweite, die vornehmlich aus Flaschen bestand. Wie sich beim Auspacken herausstellte, alles erstklassige Marken: schottischer Whisky, französischer Kognak, ein paar Flaschen eines guten Moseljahrgangs und obendrauf zwei Flaschen alter Bordeaux.
»Hör mal«, sagte ich, »das paßt mir aber gar nicht, daß du den Weinkeller deines Zukünftigen zu meinen Gunsten plünderst.«
»Warum denn nicht? Er hat genug davon. Und du brauchst doch mal zum Arbeiten einen guten Schluck. Oder nicht?«
Ich gab keine Antwort. Konnte ja sein, daß Mr. Killinger einen vollen Keller hatte. Aber ich legte trotzdem keinen Wert darauf, auf dem Umweg über meine verflossene Gattin daran teilzuhaben. So arm war ich ja nun wieder auch nicht, daß ich mir nicht eine Flasche Wein kaufen konnte, wenn ich Appetit darauf hatte.
Aber restlos perplex war ich, als Rosalind nacheinander die verschiedenen Päckchen auspackte. Da gab es feinste Delikatessen: Gänseleberpastete, Hummersalat, ein ganzer Aal, ein gebratenes Hühnchen, eine riesige Salami, eine Büchse Kaffee, eine andere mit Tee und ein Paket einer bestimmten Sorte Kekse, die ich besonders gern aß. Das reinste Schlaraffenland.
»Na?« fragte Rosalind und blickte mich erwartungsvoll an. »Alles Sachen, die du magst. Ich war extra noch bei Dallmayr, ehe ich herausgekommen bin.«
»Was soll das alles?« fragte ich leicht gereizt.
Sie wickelte noch ein letztes Päckchen auf. »Und hier habe ich zwei Schnitzel mitgebracht, die essen wir heute mittag. Hast du Kartoffeln da? Salat habe ich, der muß noch im Wagen sein. Ja, ja, natürlich, für dich habe ich auch etwas mitgebracht. Da schau mal«, erklärte sie Dorian, der aufgeregt die Nase zum Tisch hinaufreckte. »Wunderbare Leber und Kalbsknochen.«
Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken. »Kannst du mir erklären, was das bedeuten soll?«
Sie blickte mich erstaunt an. »Wieso? Was ist denn daran groß zu erklären? Hast du gedacht, ich lasse dich hier draußen verhungern und verkommen? In Zukunft werde ich jede Woche mindestens einmal herauskommen, für dich kochen und dir mitbringen, was du brauchst. Ich habe ja Zeit. Die Kinder sind bei Frau Boll bestens aufgehoben. Schließlich kann sie auch etwas tun für ihr Geld. Mindestens ein Tag in der Woche gehört dir. Mindestens.«
»Du hast also die Absicht, mich vom Haushaltsgeld deines künftigen Mannes mit zu verpflegen?«
»Dodo, sei nicht kindisch. Hast du eine Ahnung, was dieser Haushalt kostet? Die Villa«, sie zählte an den Fingern auf, »Frau Boll, die beiden Wagen, das Hausmädchen, der Gärtner, der Chauffeur, die vielen Gäste, und was weiß ich sonst noch alles. Man kann mühelos eine fünfköpfige Familie mit davon verpflegen, was da so nebenbei über die Latten geht. Schließlich habe ich es ja in den vergangenen Jahren gelernt, mit wenig
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