Der Sommer des glücklichen Narren
Schatten und tue nichts. Ich kann reiten und schwimmen und Spazierengehen, ich habe Pferd, Hund und Mann und einen großen Wald um mich herum und ich wüßte nicht, was für ein schöneres Leben noch irgendwo sein könnte.«
»Nun, viele Leute fahren jetzt in Urlaub. Sie machen große Reisen, fahren nach Italien und Spanien …«
»Bei der Hitze? Das stelle ich mir entsetzlich vor. Ich find's hier viel schöner.«
»Auch hier ist nicht immer Sommer. Der Winter kann sehr kalt sein. Dann müssen die Öfen geheizt werden, und es liegt vielleicht viel Schnee, der muß weggeräumt werden und …«
»Schneeschippen ist eine Leidenschaft von mir. Und den Winter habe ich auch gern. Dann kann ich hier im Wald Ski laufen. Und zu den Bergen hinüber ist es auch nicht weit. Und vergiß nicht, wir haben eine zentralgeheizte Wohnung in der Stadt. Nein, das schreckt mich gar nicht. Etwas anderes macht mir viel mehr Kummer.«
»Was denn?«
»Daß ich auch wieder mal was arbeiten muß. Ich muß mir eine neue Stellung suchen.«
»Da bin ich dagegen.«
»Ich auch. Aber so groß ist das Vermögen auch wieder nicht, das ich geerbt habe. Ewig kann man schließlich nicht davon leben.«
»Siehst du.«
»Was siehst du?«
»Dir genügt es doch nicht, was ich verdiene.«
»Oh, du verdienst genug. Und wenn das Buch fertig ist, wirst du noch mehr verdienen. Aber ich kann mich schließlich nicht von dir ernähren lassen.«
»Warum nicht? Die meisten Frauen lassen sich von ihrem Mann ernähren.«
»Von ihrem Mann?«
»Ja.«
Kleine Pause. Steffi war ein wenig errötet und blickte unsicher zu mir herab.
»Soll das …«, begann sie, sprach aber nicht weiter.
»Hm?«
»Soll das heißen …?«
»Mhm. Das soll es heißen.«
Aber sie wollte es genau hören. »Was soll das heißen?« fragte sie streng und richtete sich gerade auf.
Ich grinste. »Daß wir vielleicht heiraten könnten.«
»Möchtest du das denn?«
»Du nicht?«
»Antworte mir nicht mit einer Frage. Sage es richtig.«
»Ich hab's doch schon gesagt.«
»Nein, nicht richtig. Wenn du mir einen Heiratsantrag machst … Du hast mir doch eben so eine Art Heiratsantrag gemacht, nicht?«
»Man könnte es so nennen.«
»Dann mußt du es richtig tun.«
»Schön.« Ich stand auf, stellte mich vor den Liegestuhl in Positur, machte eine tiefe Verbeugung und begann: »Sehr verehrtes, sehr geliebtes gnädiges Fräulein, darf ich mir erlauben …« Ich blickte an mir herunter. »Ich bin dazu nicht angezogen. So halb nackt, bloß mit kurzen Hosen.«
»Oh, das macht nichts. Mich stört es nicht.«
»Aber mich. Ich werde mir einen Anzug anziehen, eine Krawatte umbinden und ein paar Blumen pflücken gehen und dann auf die Angelegenheit zurückkommen.«
»Du Scheusal. Du willst dich drücken.« Sie zwickte mich ins Bein, ich beugte mich hinab und wollte sie küssen, da kam der Toni ziemlich eilig über die Wiese auf uns zu.
»Es kommt Besuch«, rief er.
Ich richtete mich auf. »Besuch?«
»Ja. Da.« Er wies zum Haus, da tauchte um die Ecke ein Radfahrer auf, schwang sich aus dem Sattel oder, besser gesagt, glitt ziemlich matt aus dem Sattel, schmiß das Rad ins Gras und kam müde auf uns zu. Meine Tochter.
»Puh!« machte Lix, als sie da war. »Tag, Paps.« Dann ließ sie sich der Länge nach ins Gras fallen.
Sie war schmutzig und erhitzt, das dunkle Haar naß verklebt an den Schläfen.
»Mensch, ist das 'ne Hitze!«
Dorian war aufgesprungen, beschnüffelte den Gast und wedelte erfreut mit dem Schwanz.
»Tag, Dorian«, sagte Lix matt.
»Wo kommst du denn her?« fragte ich erstaunt.
Ohne die Augen aufzumachen, erwiderte meine Tochter: »Aus München.«
»Willst du damit sagen, du bist bei dieser Affenhitze hier heraus geradelt?«
»Genau.«
»Du mußt verrückt sein.« Es war nicht so weit nach München, aber mit dem Rad war es immerhin eine ansehnliche Strecke. Und die Straße lag in der prallen Sonne.
»Habt ihr was zu trinken?«
Steffi stand auf. »Ich hol dir Zitronenwasser.«
Ich hielt Steffi zurück. »Warte noch einen Moment. Sie ist zu erhitzt.« Lix richtete sich auf. »Und dann geh' ich gleich ins Wasser.«
»Auch damit wirst du noch ein bißchen warten. Aber wenn du mir vielleicht erklären würdest …«
Lix sah mich ruhig an. Ihr Gesicht war ernst, sein Ausdruck sehr entschieden und erwachsen.
»Ich bin gekommen, weil ich bei dir bleiben will.«
»Weil du … weil du was?«
»Ich will wieder bei dir bleiben, und ich gehe nicht zurück zu
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