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Der Sommer des Kometen

Der Sommer des Kometen

Titel: Der Sommer des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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heißes Wasser», rief Blohm noch, als er in den Hof hinauseilte, «und weck Brooks, er soll Feuer im Zimmer vom Herrn machen.»
    Kurz darauf saß Rosina auf dem Kutschbock und raste mit Anne und dem alten Blohm aus dem Hof.

14. Kapitel
    Dienstag, den 17. Junius,
nachts
    Sie ritten nach Süden auf die Elbe zu, und je näher sie dem breiten Strom kamen, um so dichter wurde der Nebel. Als sie das Ufer erreicht hatten, lenkte Kosjan sein Pferd auf einem schmalen Pfad die Böschung hinunter und trabte am Strand entlang elbabwärts. Es war nun völlig dunkel, der Fluss dampfte, und Claes hielt nah auf, um ihn in diesem unwirklichen Nebel nicht zu verlieren.
    All seine Sinne waren hellwach, er hörte das Schmatzen des Wassers im Wurzelwerk der Uferweiden, roch den ranzigen Geruch von den nahen Tranbrennereien, ein Vogel schrie, wohl eine Möwe, aber er konnte die Stimme und Art nicht erkennen.
    Kosjan zügelte sein Pferd und sprang aus dem Sattel.
    «Steigt ab», rief er leise, «von hier geht es mit dem Boot weiter.»
    Er schlang die Zügel um den dicken unteren Ast einer Weide, und Claes tat es ihm nach. Obwohl sein Hemd vom hitzigen Ritt schweißdurchnässt war, fröstelte er.
    «Wieso …» hub er an.
    «Sprecht leise», zischte Kosjan, «soll er uns jetzt schon hören? Helft mir, das Boot ins Wasser zu schieben.»
    Claes zögerte einen Moment, er glaubte entfernte, leise Ruderschläge zu hören, aber er erinnerte sich gut daran, dass Nebel und dunkles Wasser Meister der Täuschung waren. Das Gefühl der Gefahr, das er in seinem Nacken wie eine Warnung spürte, war ja richtig, Oswald
war
ein gefährlicher Mann. Ärgerlich schob er den anderen Grund seiner Furcht beiseite. Es war albern für einen erwachsenen, weitgereisten Kaufmann, sich vor dem heimatlichen Nebel und vor dem glucksenden Fluss zu fürchten. Und es war dumm, auf diese wispernde innere Stimme zu hören, die ihn vor dem Mann warnte, der gerade begann, das Boot über den nassen Sand zu schieben.
    «So helft mir doch, wir haben jetzt keine Zeit zum Grübeln.»
    «Woher wisst Ihr denn, wo Oswald ist?», flüsterte Claes.
    «Erst das Boot. Auf dem Fluss haben wir genug Zeit für Erklärungen.»
    Es schien ein gutes, wenn auch kleines Boot zu sein, und weil es auf der Seite gelegen hatte, war es nicht wie die anderen beiden voll Regenwasser.
    «Setzt Euch in den Bug», flüsterte Kosjan, «ich rudere zuerst, Ihr könnt mich später ablösen.»
    Mit wenigen Schlägen hatte er das Boot in die Strömung gebracht, der Fluss ging noch träge, aber schon bald würden die vielen kleinen Flüsse und Entwässerungskanäle, die das Land stromaufwärts durchzogen, die überreiche Wasserernte des Unwetters in das breite Flussbett tragen. Claes drehte sich um, aber da war nichts als Nebel.
    «Wie findet Ihr in diesem Dunst unser Ziel?», wisperte er.
    Das Gesicht ihm gegenüber, nur ein blasser Fleck, verzog sich zu einem Lächeln.
    «Ich kenne es, und ich finde immer mein Ziel», antwortete der Mann an den Riemen. «Wir müssen zu einer der kleinen Inseln. Die ist mein Ziel. Und wenn Ihr wollt – jetzt ist die richtige Zeit für Eure Fragen.»
    Claes sah ihn prüfend an, Kosjan ruderte ruhig, aber er schien nun keine Eile mehr zu haben.
    «Kosjan?», begann Claes, aber dann wusste er nicht, welche Frage er zuerst stellen sollte, das seltsame Lächeln des anderen verwirrte ihn.
    «Ich frage gerade mich selbst», fuhr er schließlich fort, «warum ich Euch so vorbehaltlos folgte und nun nicht mehr sicher bin, ob ich Euch trauen darf. Ihr schweigt? Dann will ich beginnen zu fragen. Sagt mir, warum kam Gerlinde zu Bocholt und nicht zu mir? Sie wusste, dass ich Marburgers Mörder suche.»
    «Eine kluge Frage. Lasst mich überlegen. Vielleicht, weil Ihr fern wart und Bocholt so nah? Es ist nicht weit von dem Hof hinter der Steinstraße bis zum Grimm.»
    Claes nickte. Dagegen war nichts einzuwenden.
    «Fragt weiter», sagte Kosjan. «Ich bin gespannt, was Ihr wissen wollt.»
    «Selbst wenn Gerlinde Euch verraten hat, wohin ihr Mann Rosina bringen will, bleiben zwei Fragen. Zum einen, warum bringt er sie dorthin, warum diese umständliche Entführung in die Mitte des Flusses? Und dann: Ihr seid zwar seit geraumer Zeit in der Stadt und oft Bocholts Gast, aber doch fremd hier. Wieso glaubt Ihr, Oswald finden zu können? Wieso konntet Ihr Euch überhaupt vorstellen, welche der vielen Inseln Gerlinde meinte?»
    Kosjan lachte leise.
    «Das waren mehr als zwei Fragen, mein

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