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Der Sommer hat lange auf sich warten lassen - Roman

Der Sommer hat lange auf sich warten lassen - Roman

Titel: Der Sommer hat lange auf sich warten lassen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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ein teures Hotel in den Bergen oder an einen See einlud. Doch dort war sie bereits am zweiten Tag unruhig und konnte aus nichtigem Anlass mit mir einen Streit beginnen, weil sie sich wegen derin ihren Augen viel zu teuren Rechnung unwohl fühlte.
    Vater hatte manchmal kein Verständnis dafür, wenn er müde von der Arbeit heimkam und Mutter ihn anwies, sich selbst in der Küche zu bedienen, sie könne jetzt unmöglich mit dem Nähen aufhören, sonst würden ihr die Stoffteile verrutschen. Murrend war er dann am Küchenherd gestanden und hatte sich den Eintopf oder den Schmarren gewärmt, den es bei solchen Gelegenheiten gab. Manchmal hegte ich den Verdacht, es sei Mutters Art, sich aus den Streitereien zurückzuziehen, wenn sie sich nicht vertrugen, weil Vater am Vorabend sturzbetrunken nach Hause gekommen war und sie nicht schlafen ließ. Er wollte dann mit gelöster Zunge erzählen, was in der Fabrik oder bei seinen ehemaligen Freunden aus der Partei alles los sei, doch Mutter war ihr Schlaf heilig, sie wusste, wenn sie übermüdet war, würde sie am nächsten Tag alle mit ihrer üblen Laune vergraulen.
    Der Wetterbericht für die nächsten Tage verspricht Regen. Das wird den Ausflug an Mutters Geburtsort nicht einfacher machen, wenn wir nicht so viel Zeit mit Spaziergängen und Besichtigungen verbringen können. Bis jetzt war ich nur als Kind einmal in Bergen-Enkheim gewesen und kann mich schemenhaft an ein großes altes Fachwerkhaus erinnern, in dem sie aufgewachsen war. Ich habe mich damals, als sie kurz nach Vaters Tod wieder hingefahren ist, geweigert mitzukommen und eine Woche bei meiner Schulfreundin Klara verbracht. Das hat mir Mutter sehr übel genommen, denn sie hatte mit meiner Begleitung gerechnet. Nach ihrer Rückkehr war ich erstaunt gewesen, dass sie lediglich eine Schulfreundin im Taunus besucht und Bergen-Enkheim ausgelassen hatte. Damals habe ich mir keine weiteren Gedanken darüber gemacht, warum sie ihr eigentliches Reiseziel gemieden hatte, und es war mir auch egal gewesen, schließlich lag Bergen-Enkheim in ihrem Deutschland, mit dem ich glaubte, nicht viel zu tun zu haben. Es war für mich über die Jahre meiner Jugend hinweg selbstverständlich gewesen, Vaters Geburtsstadt Kapfenberg und dort das Grab seiner Eltern zu besuchen, auf einem parkähnlichen Friedhofshügel, von dem aus man die Stadt und das Werk überblicken kann. Zu diesem Ort fühlte ich mich zugehörig. Mutters Bergen-Enkheim hingegen war mir fremd, und ich konnte mir auch wenig darunter vorstellen, wenn sie vom Ried sprach, von den Wasservögeln, den Fachwerkhäusern und dem Geruch nach Leder, den sie, wie sie sagte, immer in der Nase hatte, wenn sie an ihr zu Hause dachte, wo ihre Mutter am Tisch saß und Gürtel und Taschen in Heimarbeit nähte.
    Ich war mit Theo auf unserer üblichen Abendrunde, zuerst durch die angrenzenden Straßen, dann bis zum Fluss, wo ich dem Treiben der Wellen zusehe und der Hund ungeduldig darauf wartet, bis ich ihm einen Stock ins Wasser werfe, den er dann mit erhobenem Kopf und dienstfertigem Blick zurückbringt und mir vor die Füße legt. Wenn ich nach einer Zeit nicht reagiere, ertönt ein leises Winseln, dann ein von heftigem Wedeln begleitetes hohes Japsen, und wir setzen das Spiel fort, bis er endlich mit hängender Zunge hechelnd neben mir her nach Hause trottet. Wieder zurück auf der Terrasse, fällt mein Blick auf den Garten, der wunderschön ist in dieser Jahreszeit, das Gemüse beginnt zu wachsen, die Blätter des zarten gelben Mangolds leuchten im abnehmenden Licht. Ich sollte das letzte Stück des Beets umstechen, doch in den letzten Wochen hatte ich wegen der Vorbereitungen der Schau keine Zeit dazu. An der Knickerbocker habe ich die Feinarbeiten erledigt, den Saum mit Schrägband eingefasst, die Hosenknöpfe mit einem Gegenknopf eingenäht, und ich werde Mutter morgen fragen, ob sie sich an die erste, von ihr für mich gefertigten Hose erinnert. Mutter hatte sie aus einer dunkelblauen Arbeitsmontur von Vater zugeschnitten, mit weiten Hosenbeinen, aufgesetzten Taschen, doppelt geführter gelber Naht am Saum und einem Bund, der mit Gummizug versehen war. Doch sie hatten keine Gürtelschlaufen, obwohl ich mir das gewünscht hatte. Mutter wollte die Arbeit an den blöden Dingern, wie sie die Hosen nannte, endlich zu Ende bringen, und so wurde es in meinen Augen ein unvollendetes Teil. Mutter hatte manchmal einen starken Hang zum Pragmatismus. Wenn sie sich in den Kopf gesetzt hatte,

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