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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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und setzten ihn auf den Stuhl, auf dem Martin früher immer gesessen hatte. Arthur meinte, dass Frank den Rest wohl allein erledigen könnte, und lief zurück zu seinem Van. Frank legte Bob eine leere Bierflasche in den Schoß, goss Benzin auf seine Schuhe und weiter den Türrahmen entlang bis zur Treppe. Doch als er Feuer legen und damit Bob Spencer loswerden sollte und die ganze Bruchbude dazu, die er nie hatte besitzen wollen, da fand er nichts, um es anzuzünden, und er brachte es auch nicht über sich, hineinzugehen und nach Streichhölzern oder einem Feuerzeug zu suchen, auch wollte er nicht in Bob Spencers Taschen herumwühlen. Erst in diesem Moment wurde Frank von Panik ergriffen. Jetzt sah und hörte auch er Dinge. Er lief stolpernd hinunter zum Van, an dem Arthur kopfüber zwischen den Sitzen stand, in voller Schutzmontur, und Blut, Scheiße und andere Spuren wegscheuerte.
    »Das Feuerzeug!«, schrie Frank.
    »Wo ist Bobs Zunge?«
    »Scheiß drauf!«
    »Ich fahre doch nicht mit seiner halben Zunge im Auto herum!«
    »Das Feuerzeug, Arthur!«
    »In meiner Jackentasche! Hol dich der Teufel, Farrelli! Jetzt, wo die Dinge dabei waren, langsam wieder ins Lot zu kommen!«
    Zum Schluss fand Frank das Feuerzeug, aber als er wieder zurück zum Haus laufen wollte, um endlich alles hinter sich zu bringen, da versagten seine Kräfte. Er ging mit langsamen, schweren Schritten, und die Zeit, die er brauchte, um diese Strecke zu gehen, enthielt mehr als sein ganzes Leben. Wie bin ich hier gelandet?, fragte er sich. Er hatte keine Ahnung. Es hatte sich einfach so ergeben. Aber das ist doch nichts, was sich einfach so ergibt. Alles fängt irgendwo an. Alles muss irgendwo anfangen, um weiterzugehen. Fing es an, als er den Job als Übermittler bekam? Ging es von da an Schlag auf Schlag und geradewegs in diese unwirkliche Nacht hinein? Oder als der Vater von der Leiter fiel und auf die Sense traf, die jemand dort hingelegt hatte? Oder als der Bahnhof geschlossen wurde und er nur noch ein nutzloses Wesen war, das die Züge vorbeifahren sah? Im Grunde genommen war es auch egal. Die Wut hatte ihn verlassen. Es war, als hätte sich ein Hahn in ihm geöffnet. Und es war er selbst, der hinausgeflossen war. Er musste wiederholen, was er gedacht hatte, er musste es noch einmal denken, was ihm in den Sinn gekommen war, dass er es Karmack zuliebe tat, ja, auch der Welt zuliebe, dieser Welt, in die man kam, wenn man Karmack verließ. Schließlich konnte er sich auf die Veranda setzen und ein wenig ausruhen. Der Mond ergoss sein Licht über das Ende dieser Vorstellung. Jetzt war es nur Bob Spencer, das Pickelgesicht, der nicht zu Hause war. Frank meinte Steves Lachen zu hören. Das Gelächter des Freundes in diesem Durcheinander zu hören, gab dem Ganzen eine Art Sinn. Dann hörte er es nicht mehr, stattdessen lauschte er dem Fluss, der die Erinnerung an Steve unter dem Eis mit sich nahm, ein Donnern, das in dem schäbigen Licht, das der Mond hinter sich herschleppte, erstarb, bis es auch eins wurde mit der Dunkelheit ringsherum. Bob Spencer rutschte tiefer in den Stuhl. Die Kälte verbrannte sein Gesicht zu einem weißen Grinsen. Die halbe Zunge hing immer noch in einem Mundwinkel. Das Benzin tropfte die Stufen entlang, die aus Schwellen und Seitenspuren gebaut waren. Frank zündete das Feuerzeug an, hielt die Flamme an die Tropfen, und in dem Moment, als das Feuer auf Bob Spencers Stiefel schoss, drehte Frank sich um und ging hinunter zum Wagen, wobei er spürte, wie die Hitze ihm gegen den Rücken schlug. Der Schnee wurde orange, der Himmel auch. Arthur Clintstone saß hinter dem Lenkrad bereit, immer noch in dem weißen Anzug mit Kapuze und Reißverschluss, wie ein Astronaut. Jetzt wollen wir vom Mond heimkehren, dachte Frank und setzte sich hinein. Beide schauten einen Moment lang zum Haus hinauf, das kein Haus mehr war, nur ein riesiges Feuer, das bald in Asche und Ruß in sich selbst zusammensinken würde. Dann machten sie sich auf den Weg. Als sie zur Kurve nahe am Fluss kamen, bat Frank Arthur langsamer zu werden. Er wollte sehen, ob das weiße Segel immer noch dort war, ob es in der Fahrrinne festgefroren war. Aber es war nichts zu sehen.
    »Jetzt ist Steves Seele befreit«, sagte Frank.
    »Verdammt, rede nicht so. Du machst mir Angst.«
    Arthur fuhr wieder schneller, und bis zu Millers Autowerkstatt redeten sie kein Wort mehr. Inzwischen war es elf Uhr. Frank stieg schwerfällig aus dem Auto aus und entdeckte das Stück von Bob

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