Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
Vom Netzwerk:
Körpers ausfüllte. Ihre Nerven flatterten.
    Sie hörte ein Poltern. Offenbar rannte Jette die Treppen hinunter.
    »Jette«, flüsterte Merle tonlos. »Sag doch was …«
    Geräusche, die Merle nicht einordnen konnte. Schließlich etwas, das wie eine Autohupe klang. Stimmen. Ein Rauschen.
    Bitte , betete Merle zu einem Gott, an den sie nicht glaubte, bitte lass Jette nach draußen gelaufen sein .
    Dann hörte sie die Freundin schluchzen.

8
    Kriminalhauptkommissar Bert Melzig wandte den Blick ab. Angeblich gewöhnte man sich mit den Jahren an die Begegnungen mit dem gewaltsamen Tod, doch bei ihm war das nicht der Fall. Er hatte im Gegenteil das Gefühl, dass es ihm von Jahr zu Jahr schwerer fiel, in allen brutalen Einzelheiten vorgeführt zu bekommen, zu was Menschen fähig waren.
    Auch das Gesicht seiner jungen Kollegin Tessa Wiefinger hatte eine ungesunde Farbe angenommen. Mit knapp dreißig traf einen der Anblick misshandelter toter Menschen wie ein Keulenschlag. Man glaubte vielleicht, so gut wie alles gesehen zu haben, was Menschen einander antun konnten, doch dann erkannte man, dass das ein Irrtum war. Bei Mord gab es ungezählte grausige Varianten.
    Doktor Badorf, die Rechtsmedizinerin, untersuchte den Toten noch in der Badewanne. Das blutige Wasser war, nachdem sie die Temperatur gemessen hatte, abgelaufen und hatte seine traurige Handschrift in der ehemals weißen Wanne und auf dem Körper des Toten hinterlassen.
    Es war sehr eng in diesem Raum, und Bert und Tessa blickten von der Tür aus stumm auf den Rücken der Ärztin, die sich über die Wanne beugte. Unter ihrer transparenten Schürze trug Doktor Badorf einen leichten, brombeerfarbenen Leinenanzug. Ihr langes rotbraunes Haar, in dem sich erste graue Fäden zeigten, war zu einem Zopf geflochten, der üppig und schwer zwischen ihren Schulterblättern lag. Unförmige Schoner schützten ihre dunklen Schuhe mit dem matten, teuren Glanz.
    Tessa atmete flach. Bert spürte, dass seine Partnerin, mit der er zum ersten Mal zusammenarbeitete, den Geruch und die Anwesenheit des Todes nicht länger ertrug. Er selbst hielt es auch kaum noch aus.
    »Schauen Sie sich schon mal in den übrigen Räumen um?«, fragte er wie beiläufig.
    Tessa nickte eilfertig und war schon verschwunden. Bert hörte, wie sie in einem der Zimmer hustete, ein Versuch, ihre Empfindungen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Oft war es die einzige Möglichkeit, ein Erbrechen zu vermeiden.
    Doktor Badorf drehte sich zu Bert um. Sie entledigte sich der Gummihandschuhe und der Schutzkleidung und beugte sich zu ihrer Tasche hinunter. Als sie sich wieder aufrichtete, war ihr schönes schmales Gesicht genauso verschlossen wie die große schwarze Tasche an ihrer Hand.
    Bert erwiderte ihren Blick aufmerksam.
    »Der junge Mann scheint in der Wanne überrascht worden zu sein«, äußerte sie sich endlich. »Darauf deuten die Druckstellen an Schultern und Armen und das Fehlen solcher Druckstellen an anderen Körperteilen hin.«
    Dafür sprechen auch die sorgsam auf dem Hocker abgelegten Kleidungsstücke sowie die Tatsache, dass der Tote sich überhaupt in der Badewanne befindet, dachte Bert.
    »Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten. Daran ist er wahrscheinlich verblutet.«
    »Kann er auch ertrunken sein?«
    »Das glaube ich nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dazu hat er zu viel Blut verloren. Aber letzte Sicherheit wird die Obduktion erbringen.«
    »Was können Sie mir sonst noch sagen?«
    »Der Tote hat sich massiv gewehrt.«
    »Was man …«
    »… vor allem an den Druckstellen an seinen Armen erkennen kann, wo der Täter ihn festgehalten hat. Und an der fürchterlichen Sauerei hier drinnen.«
    Mit einer Kopfbewegung wies Doktor Badorf auf die Wände, die voller Blutspritzer waren, und auf die nassen, schmutzigen Bodenfliesen.
    »Wann?«, fragte Bert, dem allmählich jedes Wort Mühe bereitete.
    »Der Tod muss vor etwa vier, fünf Stunden eingetreten sein.«
    Bert blickte auf seine Armbanduhr. Zweiundzwanzig Uhr dreißig. Also lag der Zeitpunkt des Todes zwischen siebzehn Uhr dreißig und achtzehn Uhr dreißig.
    Die Spurensicherung wartete schon darauf, mit der Arbeit anfangen zu können. Bert verabschiedete sich von der Ärztin und verließ das Badezimmer. Er fand Tessa in der Küche, wo sie sich Notizen machte.
    »Schon was gefunden?«
    Bert verspürte das dringende Bedürfnis, sich den Geruch des Todes abzuwaschen, der sich wie eine zweite Haut auf seinen Körper gelegt zu haben schien.
    »Der

Weitere Kostenlose Bücher