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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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erahnen konnte.
    »Sie haben Glück gehabt, dass ich noch hier bin«, fügte sie hinzu und zupfte an ihren dünnen blonden Haaren, die vom ständigen Bleichen spröde und glanzlos geworden waren. »Fünf Minuten später und ich wär weg gewesen.«
    Luke nickte dankbar. Er war froh, dass er auf Anhieb eine Unterkunft gefunden hatte. Fasziniert beobachtete er, wie die junge Frau ein loses Haar zutage förderte, es aufmerksam musterte und dann mit spitzen Fingern zu Boden fallen ließ, um gleich darauf wieder an ihren Haaren zu zippeln.
    Ihre Haut war mit Make-up zugekleistert, trotzdem konnte er erkennen, wie unrein sie war. Ihre geröteten Augen wirkten müde und klein, als würden die Lider von dem Zuviel an Mascara, Kajal und Lidschatten niedergedrückt.
    Aus dem Kabuff drang der Geruch nach dem Rauch unzähliger Zigaretten. Erst jetzt entdeckte Luke den Hund mit dem zerknitterten Gesicht und der schwarzen Schnauze, der auf einem zerschlissenen alten Sessel lag.
    »Ein Mops«, erklärte die junge Frau, die seinen Blick bemerkt hatte. »Er bringt mich immer zum Lachen.«
    Dabei hätte Luke sie angesichts ihrer herabhängenden Mundwinkel eher für den Typ Frau gehalten, der zum Lachen in den Keller geht.
    »Bei uns ist Vorauszahlung üblich.«
    Sie zog einen Quittungsblock hervor.
    »Das wären dann siebenundfünfzig Euro inklusive Frühstück.«
    Im Voraus zu bezahlen, war Luke ganz lieb. Dann konnte er verschwinden, wann immer er wollte, notfalls mitten in der Nacht. Er zog seine Geldbörse aus der Jackentasche und legte sechzig Euro auf die Theke.
    Die junge Frau öffnete die Kassette, die neben dem Telefon stand, und wollte das Wechselgeld herausnehmen.
    »Stimmt so«, sagte Luke.
    Er war fix und fertig. Er hatte auch keine Lust, an diesem hell erleuchteten Ort länger als nötig eine Zielscheibe abzugeben. Jeder da draußen auf der Straße konnte ihn durch die gläserne Eingangstür erkennen. Er streifte sich den Riemen seiner Reisetasche über die Schulter und griff nach den Schlüsseln.
    »Quittung?«, rief die junge Frau ihm halbherzig nach, den Blick schon wieder auf den Fernseher gerichtet.
    »Nicht nötig. Gute Nacht.«
    Wenig später stand Luke in seinem Zimmer.
    Bett, Schrank, Schreibtisch, Stuhl, alles aus dunklem Holz. Ein schmuddeliger Teppichboden von unbestimmbarer Farbe. Die Wände gelb gestrichen. Über dem Bett ein billig gerahmter Druck von Chagall, an der Wand gegenüber ein Fernsehgerät, so klein und so weit entfernt, dass man Augen wie ein Luchs haben musste, um etwas auf dem Bildschirm zu erkennen.
    Luke stellte die Tasche ab, warf seine Jacke über den Stuhl und trat ans Fenster. Hinter der Gardine verborgen blickte er auf die stille Straße hinunter. Wenn ihm jemand gefolgt war, dann hatte er das gut gemacht, denn Luke hatte nichts bemerkt. Auch jetzt konnte er niemanden entdecken, der das Haus beobachtete.
    Die am Straßenrand geparkten Wagen waren alle leer, in keinem Hauseingang verbarg sich eine verdächtige Gestalt. Nur eine Katze huschte geduckt an den Häusern entlang und verschwand unter einem schiefen Zaun.
    Trotzdem war Luke nicht beruhigt. Irgendwo lauerte Kristof oder einer seiner Männer. Sie würden ihn kein zweites Mal entkommen lassen.
    Auf dem Schreibtisch stand eine Flasche Mineralwasser, lauwarm, doch das machte Luke nichts aus. Er setzte sie an die Lippen und trank, dann fischte er das Handy aus der Hosentasche und schaltete es ein.
    Die Mailbox war voll.
    Alle Nachrichten waren von Jette.
    Er hörte nur die letzte ab.
    Luke, wo bist du? Ich sitze vor deinem Haus in meinem Wagen und warte auf die Polizei. Dein Freund … oh, Luke, ich hab ihn gefunden …
    Luke ließ das Handy sinken. Jetzt erst hatte der Albtraum richtig angefangen. Indem er versucht hatte, Jette aus der Sache rauszuhalten, hatte er sie nur weiter mit reingezogen.
    An ihre Verabredung hatte er in seiner Panik überhaupt nicht mehr gedacht, sonst hätte er ihr eine SMS geschickt, um ihr abzusagen, und Jette wäre nicht auf die schwachsinnige Idee verfallen, zu seiner Wohnung zu fahren.
    Er dachte eine Weile nach, dann wählte er ihre Nummer.
    Auch sie hatte ihr Handy ausgeschaltet.
    »Was immer sie dir erzählen werden«, sprach er auf ihre Mailbox, »ich habe nichts damit zu tun. Das musst du mir glauben.«
    Er zögerte.
    »Du warst das Beste in meinem ganzen Leben.«
    Wieder hielt er inne.
    »Aber wir dürfen uns nicht mehr sehen.«
    Letzte Worte, dachte er bitter, als er das Handy wieder ausschaltete

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