Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
Vom Netzwerk:
du wäre«, sagte Mrs Wither forsch. Sie hätte das, aus reiner Gewohnheit, selbst zu jemandem gesagt, der gerade Gift geschluckt hatte. »Ich möchte dich ja nicht behelligen, wo du gerade so beunruhigt bist, Arthur, aber ich wünschte wirklich, du würdest Madgie ihren Hund erlauben, Lieber. Sie hätte eine so große Freude daran, und dann würde sie dich nicht mehr damit belästigen.«
    »Das Vieh würde doch bloß die Staupe kriegen.«
    »Das kriegen sie heutzutage kaum mehr, Lieber, sagt Madge; wenn ich es recht verstehe, kriegen sie heutzutage eher Tollwut.«
    »Noch schlimmer, viel schlimmer«, murmelte Mr Wither.
    »O nein, Lieber. Das ist längst nicht so ansteckend – und falls es doch passieren sollte, könnte Saxon das Tier ja pflegen.«
    »Spurrey war ganz angetan von Saxon«, sagte Mr Wither in einem etwas muntereren Ton. »Hat gesagt, er sei ein smarter Bursche und ein wirklich guter Chauffeur. Mit seinem eigenen Fahrer ist er sehr unzufrieden. Wird alt, sagt er.«
    »Na, Mr Spurrey doch auch«, entgegnete Mrs Wither boshaft, »ich fand, er sah heute Nachmittag besonders alt aus. Sicher lässt sein Gedächtnis nach, und er fängt an, sich Dinge einzubilden.«
    »Unsinn. Der ist genauso wenig senil wie ich.«
    »Nun ja, Lieber … aber wie steht es nun mit Madgies Hund? Könnte sie nicht doch einen haben? Sie ist so ein gutes Mädchen.«
    Stille. Mr Wither starrte trübe auf seine Füße, die er in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte.
    »Was meinst du, Arthur?«
    »Madge hat doch alles, was sie braucht. Ein gutes Zuhause, Taschengeld, Freiheit. Diese übertriebene Sportbegeisterung tut ihr bestimmt nicht gut. Aber da mische ich mich doch auch nicht ein.«
    Mrs Wither seufzte. Als Frau und Mutter wusste sie, dass die von Mr Wither aufgezählten Herrlichkeiten nicht genug waren. Was Madge fehlte, war jemand, den sie liebhaben konnte. Aber es kam ihr überhaupt nicht in den Sinn, ihrem Mann das zu sagen. Er hätte es sowieso nicht verstanden. Außerdem sagte man so etwas nicht. Es gab so viel, das man nicht sagte. Eigentlich das meiste.
    Eine lange Pause. Von der anderen Talseite drang leise muntere Musik ins dunkle Zimmer und machte Mrs Wither noch niedergeschlagener. Sie erschauderte.
    »Na gut, dann soll sie eben einen haben«, meinte Mr Wither finster. »Aber sag ihr, dass ich ihn einschläfern lasse, sobald er auch nur eine Pfote ins Haus setzt!«
    »Ja, natürlich, Lieber, das werde ich Madge extra einschärfen. Ich bin sicher, sie wird darauf achten, dass er nie ins Haus kommt.«
    Aber so sicher war sie nicht.
    Schon jetzt schwante ihr, dass es Schwierigkeiten geben würde: helle Aufregung, wenn Madge den Hund gerade noch auf die Terrasse hinausscheuchte, bevor Mr Wither das Wohnzimmer betrat, heimliches Hinauf-Schmuggeln des Hundes in Madges Schlafzimmer, abgenagte Knochen im Badezimmer, über die Mr Wither stolpern konnte, angekaute Pantoffeln oder Pfützen an prominenter Stelle, in die Mr Wither auf dem Weg zu den Mahlzeiten treten konnte. Kostspielige Tierarztbesuche und Rechnungen für gerissene Hühner, eine hysterische Madge, weil der Vater bestimmt hatte, der Hund müsse eingeschläfert werden, wildes Gebell um drei Uhr morgens und möglicherweise jedes Jahr einen Wurf junger Hunde.
    »Das ist wirklich großzügig von dir, Lieber, ich danke dir. Aber jetzt komm ins Wohnzimmer, hier ist es viel zu kalt. Ich werde Fawcuss bitten, dir ein Glas Port zu bringen.«
    »Gleich. Ich will nur noch die Vorhänge zuziehen. Aber ich brauche nichts, danke.«
    Trotzdem dachte er, als er wenig später langsam ins Wohnzimmer tappte, mit einiger Vorfreude an den Geschmack des Port. Und als dieser von einer überraschten Fawcuss auf einem alten Glastablett, das seinem Vater gehört hatte, hereingebracht wurde, sagte er: »Ah, danke, Fawcuss«, und trank ihn mit wachsendem Behagen.
    Emmie ist eine gute Ehefrau, dachte er, eine wirklich gute Ehefrau. Und dann, wie ein kalter Windstoß: Was mach ich bloß, wenn sie mal nicht mehr ist?

8. KAPITEL
    Saxon schlief zu Hause. Es war nur ein zwanzigminütiger Fußweg von der Wegscheide bis zu The Eagles, und Mr Wither sah nicht ein, wieso Saxon zusätzlich zuden hundert Pfund, die er ihm pro Jahr bezahlte, ein gutes Zimmer belegen, teuren Strom verbrauchen und jeden Morgen auf Kosten seines Arbeitgebers ein gutes Frühstück verschlingen sollte. Wenige Tage nachdem Tina die Erlaubnis ihres Vaters für den Fahrunterricht bekommen hatte, lag Saxon eines frühen

Weitere Kostenlose Bücher