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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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betrachtet hätte. Für Tina war es wie ein Schock, sie hatte das Gefühl, auf einmal den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    »Es gibt vier Gänge und einen Rückwärtsgang«, begann sie und sprach schneller als beabsichtigt. »Man nimmt den Gang raus, bevor man den Motor anlässt, und zwar, indem man mit dem linken Fuß das Pedal runterdrückt …« Sie leierte das Gelernte bis zum Ende herunter und schaute ihn dann mit einem fragenden Lächeln an.
    »Stimmt ganz genau«, meinte er ebenfalls lächelnd, »Sie machen das wirklich gut … Madam. Mal sehen, ob Sie noch wissen, welches welcher Gang ist.«
    Auch das gelang ihr fehlerlos. Während sie das Ganze zum zweiten Mal durchging, begann die Kirchenglocke von Sible Pelden halb eins zu läuten, und das holte sie auf den Boden der Tatsachen zurück. The Eagles wartete auf sie mit dem Mittagessen. Es blieb gerade noch Zeit, zurückzufahren und sich kurz frisch zu machen, bevor sie sich an den Tisch setzte. Auf The Eagles wurde nie eine Mahlzeit ausgelassen, jeder hatte anwesend zu sein, außer er hatte sich rechtzeitig – will heißen, mehrere Tage im Voraus – abgemeldet. Wer eine Mahlzeit ausließ, war entweder krank oder sonst wie unpässlich; niemand blieb absichtlich fern.
    »Für mehr reicht die Zeit leider nicht«, sagte sie und lehnte sich mit einem leisen Seufzer zurück. »Wenn Sie jetzt bitte nach Hause fahren würden. Dann kann ich sehen, wie Sie das machen, und was draus lernen.«
    Saxon fuhr langsam los, die schmale, von Hecken gesäumte Landstraße entlang, deren Blätter noch in den frischen Grüntönen des Frühlings leuchteten, vorbei an kleinen weißen und lila Blumen, die, noch unberührt vom Sommerstaub, mit dem Maigrün kontrastierten. Wie jede einsame Straße schien auch diese am Ende der Welt zu liegen, darüber der ein wenig diesige blaue Himmel, erfüllt mit Vogelgezwitscher. Falls es Naturgeister gab, dann hielten sie sich an einem solchen Ort auf. Ah! Die ferne, lockende Stimme des Zauberers! Wir können morgen wieder herkommen, dachte Tina, die gar nicht auf das achtete, was Saxon mit dem Auto tat. Mehr will ich gar nicht: diese Straße, diese Sonne und das Schnurren des Motors, Saxon an meiner Seite, im Schweigen vereint.
    Ich trau mich nicht, ihn um Taschengeld zu bitten, dachte Viola, während sie ins Wäldchen eintauchte. Ach, schön wär’s. Fünf Shilling pro Woche, so viel, wie ich von Teddy gekriegt hab. Dann könnte ich mir zusammensparen, was ich brauche. Ich könnte ja sagen, dass ich von Dad auch immer was gekriegt hab. Mr Wither, viel hat mein Vater nicht gehabt, aber für seine Tochter war immer was übrig. – Wie viel? – Sieben Shilling und sechs Pence, Mr Wither. – Das ist nicht viel; von mir bekommst du siebzehn Shilling und sechs Pence. – Wie kann ich nur! Wie kann ich nur denken, dass sieben Shilling und sechs Pence nicht viel war! Es war alles, was Dad mir geben konnte, zumindest am Ende, und ich hatte ja auch noch meinen Lohn. 25 Pfund … keine Ahnung, wie das so schnell verschwinden konnte. Tja, Catty, ich musste mir ja mal Strümpfe kaufen, und dann habe ich Shirley fünf Pfund geliehen und dann die Bluse …
    Ich hab mir seit drei Monaten nichts mehr zum Anziehen gekauft.
    »Da biste ja, Täubchen«, rief der Einsiedler. Er saß neben seinem Lagerfeuer im Farn und schien mit einem scharfen Messer etwas zu schnitzen. Auf einem Baumstumpf ihm gegenüber saß Hetty. Sie hatte die Ellbogen auf die Knie und das Kinn in die Hände gestützt. Ein Buch war ihr vom Schoß gerutscht und lag nun aufgeschlagen, mit dem Rücken nach oben im Farn. Als sie hörte, was der Einsiedler sagte, hob sie den Kopf und winkte.
    Viola, die sich fragte, wer das sein mochte, winkte zurück und kam näher. Wenn noch jemand da war, brauchte sie die Anzüglichkeiten des Einsiedlers wohl nicht zu fürchten.
    Hetty freute sich, sie zu sehen, denn sie sah weder elegant noch reich aus; tatsächlich wirkte sie mit ihrem abgetragenen Tweed-Blazer, den üppigen hellblonden Locken und dem schläfrigen Gesichtsausdruck nicht nur arm, sondern auch ein wenig beschränkt, was Hetty höchst faszinierend fand, da ihr so etwas sonst nie begegnete.
    »Sie erinnern sich wohl nicht mehr an mich?«, rief sie ein wenig lauter als gewöhnlich, da Viola gar so dämlich dreinschaute. Diese schüttelte lächelnd den Kopf, obwohl sie die andere zu ihrer größten Verlegenheit nun als Victor Springs Cousine erkannte (diesmal ohne Hut).
    »Sie sind Mrs

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