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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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Jeff aus entgegengesetzten Richtungen angerannt kamen, kletterte ich in die Rinne und drückte mich durch das Gras zu meinem Kalb.
    Entsetzt taumelte ich zurück. Seine Beine waren vom Blitzschlag versengt, und in seiner Flanke klaffte eine verkohlte Fleischwunde. Kings dicke Zunge hing ihm aus dem Maul, und seine toten Augen starrten mich an. Ich stand da und starrte zurück.
    »Mein Gott!«, sagte Dad.
    »Seht euch das an!«, sagte Jeff.
    Dad bugsierte den Pick-up rückwärts an den Rand der Rinne, während Jeff ihm Handzeichen gab. Als Dad mir erklärte, was wir zu tun hätten, sagte ich, dass ich bei King bleiben würde. Dad warf mir einen Strick herunter.
    »Zieh ihn stramm um sein Bein«, sagte er. »Kannst du einen Doppelknoten?«
    »Ja«, sagte ich.
    King roch nach versengtem Haar. Ich schlang den Strick um sein Bein und band ihn fest. Mit erhobenem Daumen gab ich Dad das Okay. Er stieg wieder ein, startete den Truck erneut und legte den Gang ein.
    Das Bein rührte sich nicht, als das Seil gespannt war; die Leichen starre war bereits eingetreten. Kings Kadaver machte ein widerliches Geräusch, als er an der Wand der Rinne hochschrammte. Sobald er oben war, kletterte ich hinterher. Dad band ihn schon los.
    »Nur einmal schwer heben, Jungs, auf die Ladefläche«, sagte Dad. »Ich pack ihn hinten, ihr beide haltet den Kopf.«
    Kings schwarze Augen starrten mich vorwurfsvoll an, als wir ihn hochhievten. Ich sah weg.
    Dad brach das Schweigen auf der Fahrt nach Split Rail.
    »Was ist denn passiert?«, fragte er und deutete mit dem Kopf auf meinen frischen Verband.
    »Hab mir die Hand an einem Baum aufgeratscht«, sagte ich. Ich mauserte mich zu einem ganz schön erfinderischen Lügner.
    Jeff knuffte mich in die Rippen. Ich knuffte ihn noch härter zurück.
    In der Stadt sahen wir, dass Charley zurück war. Jeff wollte an der Polizeiwache abgesetzt werden.
    »Willst du mitkommen, Mitch?«, fragte er.
    Wollte ich nicht, aber Dad entschied für mich. »Sehr gern«, sagte er und schob mich zur Tür. »Ich bin drüben im Livery.«
    Ich nickte und folgte dann Jeff in das rote Backsteinhaus an der Ecke. Charley war gerade dabei, den Schreibkram auf seiner alten Corona zu tippen.
    Er blickte uns über seine Zweistärkenbrille an, als wir eintraten.
    »Hey, wenn das nicht die Loch-im-Kopf-Bande ist«, lachte er. »Habt ihr beide euch gut amüsiert?«
    »Ja«, logen wir wie aus einem Mund.
    Ich sah mich im Zimmer um. Es war die erste Polizeiwache, in der ich je gewesen war, und sie war kaum größer als unser Wohnzimmer in Olympia. Es gab Platz für Charleys Schreibtisch, eine kleine Kochnische mit einer Spüle, ein Schwarzes Brett (da hingen tatsächlich Steckbriefe) und an der Nordwand eine Einzelzelle. Ein hagerer, knochiger Mann musterte mich, und ich zuckte etwas zusammen, als ich ihn entdeckte. Er mochte um die vierzig sein, das schüttere Haar strähnig und mit grauen Stoppeln, die ihm den Nacken hinunterhingen, fast bis auf den Kragen.
    »Wer ist das?«, fragte Jeff und trat an den Käfig.
    »Lass ihn bloß in Ruhe!«, sagte Charley. »Das ist der, den ich in Judith Gap geschnappt habe.«
    »Was hat er denn getan?«, fragte Jeff. Ich genierte mich für den Mann, wie man über ihn redete, während er es hören konnte.
    »Das geht euch nichts an.«
    »Macht mir nichts aus, mit ihnen zu reden, Charley«, sagte der Gefangene. Die klumpigen Worte fielen ihm wie Haferflocken aus dem Mund.
    »Wie du meinst, Pete«, sagte Charley, ohne von seiner Schreibarbeit aufzublicken. »Aber bleib sauber.«
    Jeff trat näher an den Käfig heran, und ich ging auch hinüber, blieb aber ein Stück hinter ihm.
    Pete starrte kurz auf seine Füße, während er sich überlegte, was er sagen sollte. Schließlich sah er zu uns auf.
    »Jungs, ich bin fast mein ganzes Leben ein schlimmer Finger gewesen. Die Schule war mir schnurz. Einen Job konnte ich nie lange machen. Zu viel getrunken.« Er leckte sich die Lippen. »Jedenfalls, was ich meine, ist wohl, ich hab ziemlichen Mist gebaut. Hört also auf mich und macht nicht solchen Mist wie ich. Stimmt doch, oder, Charley?«
    »Ja, Pete, das stimmt.«
    »Ist das alles?«, fragte Jeff.
    »So ziemlich«, sagte Pete.
    »Na toll«, sagte Jeff und verdrehte die Augen. »Vielen Dank auch.«
    »In Ordnung, Jungs – weg da!«, sagte Charley. Er stand auf und setzte sich die Mütze auf. »Pete, ich geh mal schnell zum ›Tin Cup‹ rüber und hol dir was zu essen. Lauf bloß nicht weg.«
    Draußen fragte

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