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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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Feuer gemacht. Sie hatte währenddessen daneben gestanden. Als alles fertig gewesen war, hatte sie ihren Einsatz geleistet. Sie hatte den Rest der Fleischwurst aufgeschnitten, auf gebutterte Brotscheiben gelegt und diese mit Senf bestrichen. Dazu hatten sie Bier getrunken. Kari hatte es geschmeckt.
    Robert hatte von seinen Plänen erzählt. Am liebsten wollte er Musiker und Künstler werden. Graffiti sei angesagt, hatte er behauptet. Genau wie Hiphop und Rap die alten Säcke mit ihrem Rock verdrängt hatte, würde Graffiti die langweiligen Gemälde ablösen. Es frage sich nur, wann. Er sei richtig gut. Dann hatte er angefangen, seinen Stil zu beschreiben. Auf Kari wirkte die Beschreibung, als hätte sie all das schon mal gesehen. Aber sie hatte ihn nicht wieder ausgelacht.
    Sie waren nebeneinander eingeschlafen, diesmal enger aneinandergeschmiegt, weil es im Verlauf der Nacht kalt geworden war. Sie hatte tief geschlafen und war davon aufgewacht, dass sie fröstelte. Als sie aus dem Zelt gekrochen war um zu pinkeln, hatte ein Raubvogel über sie gewacht.
    Jetzt stand sie am Wegrand und hoffte, dass Robert bald mit dem Zelt fertig war, damit er den Motor anlassen und sie sich endlich im Auto aufwärmen konnte. Sie wusste nicht, wo sie waren. Robert hatte erst entschieden, dass sie den direktesten Weg nach Norwegen nehmen würden, es sich dann aber anders überlegt und eine weniger stark befahrene Straße gewählt. Ihr war es egal gewesen. Robert schleppte den Zeltsack zum Auto und warf ihn in den Kofferraum. Sie stiegen ein, und Robert drehte den Zündschlüssel. Nur ein Klicken ertönte, sonst nichts. Er versuchte es erneut. »Shit«, fluchte er und betätigte einen Hebel unter dem Armaturenbrett. Er stieg aus und öffnete die Motorhaube.
    »Ein Kabel von der Batterie ist abgegangen«, rief er. »Verdammte Scheiße.«
    »Kannst du das nicht reparieren?«, rief Kari zurück.
    »Es muss ausgewechselt werden«, antwortete er. »Wir müssen warten, bis jemand vorbeikommt, der uns zur nächsten Werkstatt abschleppen kann. Oder ein Starthilfekabel im Auto hat.«
    Sie stellte sich neben den Wagen und schaute sich um. Soweit ihr Auge reichte, schlängelte sich nur der schmale unbefestigte Weg. Wie spät es war, wusste sie nicht, aber nach der kühlen Luft zu urteilen, war es noch früh. »Nicht gerade Stoßverkehr hier«, meinte sie.
    Sie setzten sich wieder in den Wagen. Kari zog die Beine hoch und stützte das Kinn auf die Knie. Robert wollte seinen Arm um sie legen, um sie zu wärmen und ihr das Gefühl zu geben, dass alles gut werden würde. Aber er wagte es nicht. Stattdessen schaute er in den Rückspiegel, damit ihm kein Auto aus dieser Richtung entging.
    »Wohin das wohl unterwegs ist?«, fragte Robert als vor ihnen ein Ren den Weg überquerte.
    »Dorthin, wohin Rene immer gehen, um das zu tun, was Rene immer tun«, erwiderte Kari. »Als ich in die sechste Klasse ging, wollte ich Verhaltensforscherin werden«, fuhr sie fort. »Ich beobachtete Spinnen beim Bau ihrer Netze. Ich fragte mich, ob eine Spinne jemals Freizeit hatte oder einfach immer faul war. Wenn ich einen Hund sah, der vor einem Laden angeleint war, blieb ich stehen, um zu sehen, was er tat. Was denkt ein Hund, wenn Herrchen oder Frauchen ihn an einem Pfosten festbindet und einfach weggeht? Weiß er, dass er wartet, oder glaubt er, dass er für alle Ewigkeit dort sitzen bleibt? Das fand ich interessant. Als ich etwas älter war, wollte ich Entdeckungsreisende werden. Da sagte ein Lehrer zu mir, alles auf der Welt sei bereits entdeckt. Das Einzige, was übrig sei, sei die Tiefsee. Da kam ich auf die Idee, Archäologin zu werden. Dieser Lehrer hatte im Übrigen nicht recht. Es gibt immer noch Unzähliges zu entdecken. Es ist nur so, dass man es nicht sieht. Man muss es erst ausgraben.«
    »Hast du etwas in der Richtung studiert?«, fragte Robert.
    »Nein … ich hatte ganz gute Abiturnoten. Aber dann konnte ich mich nicht entscheiden. Wenn ich jetzt das Falsche gewählt hätte? So habe ich damals gedacht. Mama starb im vorletzten Schuljahr. Ich habe etwas Geld von ihr geerbt. Ich konnte eine Weile lang tun und lassen, was ich wollte. Studieren oder reisen. Obwohl die Erde, jedenfalls die Oberfläche, bereits entdeckt war, hatte ich sie schließlich noch nicht gesehen. Für mich war sie neu, genau wie …«
    Sie deutete auf die Sumpflandschaft vor der Windschutzscheibe.
    »… all das hier. Aber ich blieb zu Hause und starrte an irgendeine Wand. Und ich

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