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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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weggegeben? Warum gibt man sein eigenes Kind weg? Ich kann das nicht begreifen.«
    »Irgendeinen Grund muss es ja gegeben haben. Aber klar, komisch ist das schon. Angst kriegt man da schon.«
    Kari schaute Robert lange an.
    »Ich bin froh, dass du hier bist«, sagte sie schließlich.
    »Morgen fahren wir hin«, sagte Robert. Er spürte, dass er errötete. »Gönnen wir uns noch ein Bierchen?«

23. KAPITEL
    »Na dann Prost.«
    Nadia lächelte breit. Elina ging es gut. Die beiden Freundinnen saßen bei ihr zu Hause auf dem Sofa. Sie hatten auf einen Kneipenbesuch verzichtet und stattdessen gemeinsam gekocht. Gegrillter Halloumi und Wassermelone als Vorspeise. Fischsuppe aus Krebsbouillon als Hauptspeise. Sie waren bereits bei der zweiten Flasche Wein angelangt, an einem Samstagabend gab es keinen Wein aus dem Tetrapak.
    Sie kannten sich erst seit zwei Jahren, aber es war Freundschaft auf den ersten Blick gewesen. In ihrem Umgang miteinander gab es keinen Missklang. Ihre Gespräche flossen unbeschwert dahin, nur selten entstanden Pausen. Beide beanspruchten gleich viel Raum in ihrer gemeinsamen Welt. Es herrschte vollkommene Gleichberechtigung, und beide interessierten sich gleichermaßen für die andere. Aber dieser Frühling war anders gewesen. Nadia war der inneren Reise Elinas nicht gefolgt. Diese vorübergehende Unterbrechung hatte etwas länger als ein halbes Jahr gedauert. Jetzt konnte ihr Dialog weitergehen.
    »Am 7. Januar ist Schluss«, sagte Nadia. »Kannst du dir das vorstellen? Weißt du, was ich machen werde?«
    »Nein, was?«
    »Ich werde ihm Blumen schenken!«
    Nadia schickte ihren eigenen Worten ein lautes Lachen hinterher. »Zuerst wollte ich ihm einfach den Finger zeigen. Aber dann dachte ich, njet Nadia, zeig ein bisschen Stil, schließlich bist du Russin! Vier Jahre lang hat er sich wie ein Schwein benommen. Sei besser als er! Er soll mich vermissen. Und dann wird er sich schämen, wenn er Blumen von mir bekommt.«
    »Er wird nie wieder eine Kellnerin wie dich finden«, sagte Elina. »Und Blumen kann er wirklich gut gebrauchen. Wie wäre es mit einer fleischfressenden Pflanze?«
    Nadia klatschte in die Hände, lachte und trank noch einen Schluck Wein.
    »Am 10. Januar beginnt das Semester. Ich kann es kaum erwarten. Glaubst du, ich schaffe das?«
    »Wenn du mit betrunkenen Gästen fertig wirst, dann schaffst du auch ein Psychologiestudium. Da gibt es keinen großen Unterschied.«
    »Im Ernst, Elina, ich bin ein wenig nervös.«
    »Von wegen. Du weißt genau, dass alles gutgehen wird.«
    »Ich bin aber erst mit sechsunddreißig fertig. Und habe dann mindestens eine halbe Million Schulden.«
    »Reden wir nicht vom Alter. Ich werde bald sechsunddreißig.«
    »Wie geht es dir jetzt eigentlich?«, fragte Nadia etwas ernster.
    »Höre ich da schon die Psychologin?«, lachte Elina, um nicht antworten zu müssen. Aber Nadia ließ nicht locker.
    »Es war fast unmöglich, zu dir durchzudringen, bist du dir dessen bewusst?«
    Elina zögerte. »Ich weiß, dass ich ein wenig … abwesend war.«
    »Tut es dir leid, dass nach der Reise nichts mit Martin geworden ist?«
    »Da war sowieso nichts, nichts Ernstes jedenfalls. Bloß in meinem Kopf. Das habe ich zu guter Letzt auch eingesehen. Ich wünschte nur, ich hätte das viel früher begriffen. Sechs Jahre meines Lebens habe ich darauf verschwendet, an ihn zu denken.«
    »Jetzt ist es also vollkommen vorbei, auch in deinem Kopf?«
    »Ich vermisse es, an jemanden denken zu können. Ich bin jetzt noch einsamer. Manchmal ist ein halber Mann besser als gar keiner. Aber sein Schatten stand mir im Weg. Aber es war auch nicht ganz umsonst. Ich habe einiges daraus gelernt. Darf ich dich etwas fragen?«
    »Ich hatte schon seit einem halben Jahr keinen Sex mehr.«
    »Wie schade. Aber darum ging es mir gar nicht. Sie heißt Ylva.«
    »Wer ist sie?«
    »Ein Mädchen, das vor fast fünfundzwanzig Jahren umgebracht worden ist. Ein Fall, mit dem ich mich gerade beschäftige. Ich versuche, mich in sie hineinzuversetzen.«
    Elina erzählte, was sich ereignet hatte, bevor sie die Ermittlungen wieder aufgenommen hatte, und dass die Zeit nun knapp wurde.
    »Alle beschreiben sie so unterschiedlich«, meinte Elina. »Manchmal versuchte sie, es allen fast bis hin zur Selbstverleugnung recht zu machen, dann wehrte sie sich wieder, weil sie sich schlecht behandelt fühlte. Sie floh vor Männern, schien aber unfähig, neue, fatale Affären zu meiden. Sie besaß eine destruktive Ader.

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