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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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geht nicht.«
    »Nicht?«, erwiderte Elina. »Dann muss ich Sie bitten, mich auf die Wache zu begleiten.«
    »Das geht auch nicht.«
    »Doch. Ziehen Sie sich bitte Schuhe an, dann gehen wir.«
    »Warum?«
    »Weil es um einen Mord geht, auch wenn er schon lange zurückliegt.«
    Peter Fäldt schien zu zögern. »Okay«, sagte er schließlich. Elina wartete keine weitere Erklärung ab, schob die Tür auf und trat in die Wohnung. Ein unverkennbarer Haschischgeruch mischte sich mit dem Geruch einer nicht gelüfteten Wohnung. Elina ging zur Balkontür und öffnete sie, ohne zu fragen. »Sie wollen doch nicht, dass ich bei unserem Gespräch high werde?«, fragte sie. Er starrte sie wortlos an.
    Sie sah sich um. Eine Einzimmerwohnung mit Küche. Was Peter Fäldt mit »nicht aufgeräumt« gemeint hatte, musste nicht näher erläutert werden. Sowohl das Zimmer als auch die Küche hätten eine Begegnung mit Besen und Putzmitteln dringend nötig gehabt. Elina verfluchte sich im Stillen, weil sie vor ihrem Besuch nicht an einer Tankstelle auf die Toilette gegangen war. Seinen Abort wollte sie sich keinesfalls antun, selbst wenn ihr die Blase platzte.
    Sie räumte sich einen Platz auf dem Sofa frei und bat Fäldt, auf dem Sessel ihr gegenüber Platz zu nehmen.
    »Sie scheinen nicht gerade in Topform zu sein, Herr Fäldt. Aber ich werde so tun, als hätte ich eine verstopfte Nase und würde diesen Geruch, Sie wissen schon, nicht wahrnehmen.«
    Er trug eine Trainingsjacke und ein graues T-Shirt, eine verschlissene Jeans schlotterte um seine mageren Beine. Seine Augen waren halb geschlossen.
    »Was wollen Sie?«, fragte er.
    »Wissen Sie, wo Kaj Nilsson steckt?«, fragte sie. »Der Mann, mit dem Sie und Ylva nach Indien gereist sind.«
    Peter Fäldt zuckte mit den Achseln. »Ich habe ihn seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Und Ylva?«
    »Wir hatten nach der Reise auch nichts mehr miteinander zu tun. Wir haben uns gelegentlich noch zufällig in der Stadt gesehen. Dann ist sie ja auch weggezogen. Und dann ist all das andere passiert.«
    »Erinnern Sie sich an die Reise nach Indien?«
    »Klar. Ich habe zwar seither einiges geraucht, aber an meinem Gedächtnis ist nichts auszusetzen.«
    Elina bezweifelte das, widersprach aber nicht. »Ereignete sich irgendetwas Besonderes, während Sie in Indien waren?«
    »Dauernd ist irgendwas passiert. War ja schließlich Indien. Wenn Sie mal dagewesen sind, dann verstehen Sie das.«
    »Ich habe Ylvas Tagebuch gelesen. Sie war doch mit Kaj zusammen?«
    »Ab und zu. Nicht die ganze Zeit.«
    »Ach?«
    »Sie stritten oft. Mehrmals beschlossen wir, getrennter Wege zu gehen, aber letztendlich blieben wir doch immer zusammen.«
    »Und warum sind Sie dann nach Hause gefahren?«
    Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Das Geld war zu Ende, so war das wohl.«
    »Wohl?«
    »Ja, und dann waren wir auch dieses ewige Rumziehen leid. Das war auf Dauer recht anstrengend.«
    »Geschah etwas, kurz bevor Sie nach Hause fuhren? Etwas, das dazu führte, dass Sie den definitiven Entschluss fassten?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Ist nur so eine Überlegung. Bitte antworten Sie.«
    Er schwieg. Elina wartete. Er schloss die Augen. Nach einer Weile wiederholte sie ihre Frage. Sie überlegte, ob er eingeschlafen sei. Aber dann sah er sie mit seinem stumpfen Blick an.
    »Ich rauche einiges, das haben Sie doch begriffen, oder?«, sagte er.
    »Allerdings«, erwiderte Elina.
    »Und Sie sehen, wie es bei mir aussieht.«
    »Ja. Nicht sonderlich aufgeräumt.«
    »Ich will raus aus dem Ganzen. Wenn ich erzähle, können Sie dann dafür sorgen, dass mir geholfen wird?«
    »Ich weiß nicht. Das kommt darauf an.«
    »Nach dieser Sache ging’s abwärts. Ich konnte nicht mehr richtig schlafen und rauchte immer mehr, um überhaupt durchzuhalten.«
    »Was ist damals passiert?«
    Seine Pupillen weiteten sich, und er begann zu schwitzen. Als säße ihm die nackte Angst im Nacken. Dann begann er langsam und wie in Trance zu erzählen.
    »Wir waren in Varanasi, in diesem heiligen Badeort der Hindus am Ganges. Wir waren mit dem Zug aus Delhi gekommen, dritter Klasse, verdammt harte Bänke. Nach ein paar Tagen wollten wir weiter, es war nämlich wirklich übel da. Wir wollten nach Kalkutta. Aber dann traf Ylva diesen Typen in dem Hotel, in dem wir wohnten. Sie und Kaj waren zu diesem Zeitpunkt nicht zusammen. Das Hotel kostete übrigens fünf Rupien die Nacht für ein Bett und unzählige Kakerlaken. Das Scheißhaus war ein Loch im Boden

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