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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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mir die Polizei damals auch gestellt. Meine Antwort damals lautete, dass ich keine Ahnung hätte, und heute weiß ich auch nicht mehr als damals.«
    Elina ging ihren Fragenkatalog durch, hatte aber zehn Minuten später, als sie sich für das Gespräch bedankte, nicht den Eindruck, etwas Neues erfahren zu haben. Bis sie Feierabend machte, hatte sie sich mit sechs der sieben Lehrkräfte unterhalten. Einer von ihnen hatte erzählt, er habe den Verdacht gehegt, dass Ylva gelegentlich Hasch rauchte. Von dem tödlichen Unfall wusste keiner, aber einer von ihnen meinte, sich an einen »dunklen Unterton in Ylvas Leben« zu erinnern. Elina hatte ferner gefragt, ob jemandem irgendwelche unzulässigen sexuellen Avancen von Seiten der Lehrerschaft Ylva gegenüber aufgefallen waren. Alle antworteten mit Nein. Niemand wusste, wer der Vater von Ylvas Kind gewesen sein könnte oder warum sie das geheim gehalten hatte. Eine der Lehrerinnen meinte, sich an Ylvas abweisende Reaktion zu erinnern, als sie sich nach dem Kind erkundigt hatte. Offenbar hatte Ylva nicht über die Sache reden wollen.
    Als sie nach dem letzten Telefongespräch den Hörer auflegte, war sie kurz davor aufzugeben. Ihre Hoffnung, den Fall zu lösen, war fast gänzlich geschwunden. Sie entschied, dass es an der Zeit war, den Fall mit John Rosén zu besprechen, vielleicht hatte er eine Idee beizusteuern, die sie weiterbringen würde.
    Rosén öffnete die Tür, als Elina bei ihm anklopfte. Vor ihm stand eine kleine Reisetasche. »Fährst du weg?«, fragte Elina.
    »Nach Göteborg«, antwortete Rosén. »Mein Vater ist gestorben, und ich habe ein paar Tage freigenommen, um mich um alles zu kümmern.«
    »Das tut mir aber leid«, erwiderte Elina und legte ihre Hand auf seine Schulter. »Mein aufrichtiges Beileid.«
    »Er hatte ein raues Leben«, meinte Rosén. »Aber die letzten zehn Jahre war er trocken. Eigentlich ist es unglaublich, dass es ihm tatsächlich gelang, 72 Jahre alt zu werden. Mit sieben wurde er seinen Eltern weggenommen und in ein Kinderheim gesteckt. Meine Großeltern hielt man als Eltern für ungeeignet, weil sie dem fahrenden Volk angehörten. Man stahl ihnen ihre Kinder, um richtige Schweden aus ihnen zu machen. Aber Papa ging daran zugrunde, und niemand wollte dafür verantwortlich sein.«
    »Und wie geht es dir?«
    »Ich weiß noch nicht so recht. Im Augenblick bin ich hauptsächlich wütend. Aber du wolltest über etwas reden?«
    »Das kann warten, John.«
    »Wenn es um die Ermittlung geht, dann sollten wir jetzt darüber sprechen. Ich glaube nicht, dass ich vor nächster Woche zurück bin.«
    »Wenn es dir nicht zu viel ist.« John Rosén setzte sich und deutete auf den Besucherstuhl. Elina erzählte von ihren Nachforschungen, davon, wen sie vernommen und was sie in Erfahrung gebracht hatte.
    »Ylva scheint ein recht chaotisches Mädchen gewesen zu sein«, meinte Elina. »Sie ließ sich immer mit Männern ein, von denen sie annahm, dass sie ihr eine starke Schulter bieten würden. Männer, die sie dann ausnützten und dominierten. Männer, die sich in ihrer Machtvollkommenheit gefielen.«
    »Alle Übergriffe werden von Leuten verübt, denen ihre Macht gefällt«, erwiderte Rosén, »und die glauben, dass sie alles besser wissen und sich das Recht herausnehmen können, über andere zu bestimmen. Mein Vater fiel solchen Leuten zum Opfer. Die Macht hat ihn zerstört. Politiker, die sagen, dass sie die Macht lieben, ekeln mich an. Das ist, als würden sie sagen, dass sie gerne über andere Menschen bestimmen. Jemand will über mich bestimmen. Das ist pervers.«
    »Sie war sensibel und leicht zu manipulieren. Diese Manipulationen verunsicherten sie dann noch mehr. Sie fand nie zu sich selbst. Ich habe den Eindruck, dass sie ständig in dieselben Verhaltensmuster zurückfiel. Sie wollte wahrgenommen werden, beliebt sein und wie eine Gleichberechtigte behandelt werden, wurde aber immer nur ausgenutzt.«
    »Wirkte es, als wäre es ihr auch selbst aufgefallen?«
    »Ich weiß nicht, vielleicht lese ich in die Geschichte zu viel hinein. Es heißt, sie habe sich im letzten Jahr recht widersprüchlich verhalten, als hätte sie neue Eigenschaften entwickelt. Vielleicht weigerte sie sich ja zu sagen, wer der Vater ist, nicht nur um ihm das Recht an dem Kind zu verweigern, sondern auch an ihr. Vielleicht war es ja so.«
    »Du glaubst also, dass sie von jemandem ermordet wurde, der nicht loslassen konnte? Von einem dieser perversen Machtmenschen?«
    Rosén

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