Der Sonntagsmann
doch wohl? Nach denen brauchst du gar nicht erst zu fragen. Das weißt du vermutlich auch. Also? Stimmt das?«
»Ich bin nicht vom Dienst suspendiert worden, aber aus der Mordgruppe geflogen.«
»Und warum?«
Elina wusste nicht, ob, und wenn ja, was sie antworten sollte.
»Frag meinen Chef«, erwiderte sie.
»Das mache ich schon noch. Aber ich wollte erst hören, was du dazu zu sagen hast.«
»Warum ist das für die Öffentlichkeit von Interesse?«
Agnes Khaled lachte. »Du hast in den letzten Jahren einige der spektakulärsten Morde Schwedens aufgeklärt, und jetzt hat man dich als Ermittlerin aus der Mordgruppe gefeuert. Genügt das, um deine Frage zu beantworten?«
»Vermutlich.«
»Können wir uns treffen? jetzt gleich?«
Elina zuckte mit den Achseln. »Okay. Ich gehe in den Bagargården. Derselbe Tisch wie immer.«
Ylvas einzige Chance, dachte Elina. Vielleicht platzt Jönsson ja wie ein Troll in der Sonne, wenn das Licht der Medien auf ihn fällt.
31. KAPITEL
Elina erwachte davon, dass die Zeitung durch den Briefkastenschlitz in die Diele knallte. Bevor sie sie aufhob, stellte sie einen Topf Wasser auf den Herd, putzte sich die Zähne, tat zwei Löffel Pulverkaffee in eine Tasse, goss Wasser darüber und stellte die Tasse auf den Couchtisch im Wohnzimmer. Diese Morgenrituale nahmen dem Artikel einen Teil seines Schreckens.
Die Headline stand auf der unteren Hälfte der Seite eins und war zwei Spalten breit: »Bekannte Mordermittlerin gefeuert.« Einige Seiten weiter prangte ein Foto von ihr, das vergangenen Winter im Präsidium aufgenommen worden war. Hier verkündete die Überschrift: »Mörder kommt davon, wenn man mich stoppt.«
Die Buchstaben begannen vor Elinas Augen zu tanzen. Dann zwang sie sich, an sich selbst statt an die Meinung ihrer Kollegen zu denken.
Im Artikel wurde zunächst referiert, was vorgefallen war. Korrekt, soweit Elina das beurteilen konnte. Auch sie selbst wurde richtig, wenn auch nicht ganz wörtlich, zitiert. Weiter unten standen Egon Jönssons Kommentare. Er bestritt, dass man mit Elina Wiiks Arbeitseinsatz unzufrieden gewesen sei und lobte im Gegenteil ihr Geschick als Ermittlerin. Die Versetzung Wiiks beruhe allein darauf, dass die Arbeitsaufgaben gelegentlich umverteilt werden müssten, um dadurch die Flexibilität der Angestellten zu erhöhen. Der Mordfall sei an jenen Polizeibezirk zurückgegangen, wo er eigentlich hingehöre. Dort müsse man jetzt beurteilen, ob sich weitere Nachforschungen lohnten.
Schlau, dachte Elina. Er lässt durchschimmern, ich sei ein missverstandenes Frauenzimmer kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Sie bereute bereits, bei dem Interview aufrichtig gewesen zu sein. Aber Agnes Khaled hatte sich auch noch mit einem Kriminologen unterhalten, der für seine drastischen Äußerungen bekannt war: »Altmodische, männliche Hierarchien bei der Polizei behindern die Frauen darin, sich zu entfalten«, wurde er zitiert. Elina war ihm nie begegnet, aber er sagte, er hätte die Akten zweier ihrer Ermittlungen gelesen und sei sehr beeindruckt: »Sie ist ein fremder Vogel, der jetzt zum Schweigen gebracht und auf das Mittelmaß zurechtgestutzt werden soll.«
Es war erst kurz nach sieben, aber sie beschloss, jetzt schon ins Präsidium zu gehen. Nach dem Interview am Vortag war sie nicht mehr in ihr Büro zurückgekehrt, und es war denkbar, dass sich bereits einer der Polizeibezirke, bei denen Svalberg und sie angefragt hatten, gemeldet hatte. Vielleicht gab es schon Hinweise auf einen möglichen Mörder. Niemand konnte sie davon abhalten, zumindest die Antworten auf ihre Anfragen zu lesen. Dann würde man weitersehen.
Auf dem Korridor herrschte Stille, als sie im Präsidium eintraf. Sie war die Erste. Sie schaltete den Computer ein und öffnete ihre Mailbox. Zwei Bezirke hatten geantwortet. Enttäuscht stellte sie fest, dass beide Antworten negativ waren. Sie forstete ihre noch offenen Ermittlungsakten durch und beschloss, zwei davon genauer durchzusehen. Bei der einen handelte es sich um Körperverletzung vor einer Kneipe, bei der anderen um den Diebstahl eines Pkw. Die Sache mit der Körperverletzung war einfach, sie musste nur die beiden Kontrahenten und zwei Zeugen vernehmen und den Fall dann an den Staatsanwalt weiterleiten. Der Diebstahl war schwieriger. Das lag nicht an der eigentlichen Schuldfrage, sondern an der Tatsache, dass der Dieb erst dreizehn Jahre alt war. Sie beschloss, mit der Körperverletzung anzufangen. Dieser Fall ließ sich am
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