Der Sonntagsmann
leichtesten unterbrechen, falls sich im Fall Ylva etwas Neues ergab.
Um Viertel vor acht klingelte ihr Telefon.
»Hallo«, ließ sich eine Stimme vernehmen. »Jesper Pärsson vom Aftonbladet. Sie wissen vielleicht noch, ich habe damals nach der Ermordung des Bürgermeisters einen Artikel über Sie geschrieben.«
Elina erinnerte sich dunkel. Ein Journalist, der sich dem Image gemäß gekleidet hatte. Jeans und Jeansjacke. Dreist und unverschämt.
»Schon möglich«, antwortete sie.
»Ich habe die Länstidningen im Internet gelesen. Sie sind gefeuert worden?«
»Aus der Mordgruppe. Das stimmt. Aber ich möchte darüber nicht sprechen.«
»Aber Sie bestätigen das?«
»Ich stehe zu den Zitaten in der Västmanlands Länstidningen, falls Sie das wissen wollen.«
»Gut. Es geht darum, dass ich den Reichspolizeichef um einen Kommentar gebeten habe.«
»Er hat wohl kaum etwas damit zu tun.«
»Doch«, erwiderte Pärsson. »Ich wurde an einen Abteilungsleiter aus dem Stab des Reichspolizeichefs verwiesen. Er heißt Steve Klinga. Sagt Ihnen der Name was?«
»Ich weiß, wer er ist.«
»Ich hätte gern einen Kommentar zu seinem Kommentar. Er sagt Folgendes: ›Es wäre ein Versagen der Polizei, wenn man nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen würde, ein so grobes Gewaltverbrechen zu lösen. So etwas darf nicht von Personalfragen abhängen. Ich gehe davon aus, dass die Polizei in Västerås diese Personalfrage lösen wird.‹«
Elina wollte etwas sagen, aber Pärsson kam ihr zuvor.
»Warten Sie«, sagte er, »es kommt noch mehr. Er sagt auch noch Folgendes: ›Egal wie dieser konkrete Fall schließlich und endlich gehandhabt wird, scheint er mir ein Beispiel dafür zu sein, dass eine grundlegende Umorganisation der Polizei nötig ist. Die zentrale Führung muss gestärkt werden, und das geht leider nur auf Kosten der regionalen oder lokalen Leitung.‹ Na, was sagen Sie dazu?«
»Ich verstehe nicht recht, was er meint«, erwiderte Elina. »Und es geht mich auch nichts an. Ich bin nur daran interessiert, meine Arbeit so gut wie möglich zu machen.«
»Ich deute das so, dass die Macht innerhalb der Polizei noch weiter zentralisiert werden soll. Da ist irgendetwas los. Wie gefällt es Ihnen, dass man Sie als Beispiel dafür verwendet, dass die gesamte Polizei grundlegend umorganisiert werden muss?«
»Für mich geht es um ganz andere Dinge. Das ist alles, was ich zu sagen habe. Auf Wiederhören.«
Sie legte auf, ehe er eine weitere Fragen stellen konnte. Eine Sekunde später klingelte das Telefon bereits wieder. Heute bin ich wirklich gefragt, dachte Elina, ehe sie abhob.
»Elina? Hier ist Steve.«
»Ja bitte?«, erwiderte Elina, weil ihr nichts Besseres einfiel.
»Ich meine, Steve Klinga. Die Entwicklung in deiner Sache ist ja höchst bedauerlich.«
»Ja.« Sie kam sich etwas dumm vor, weil sie nichts Intelligenteres zu entgegnen wusste.
»Ich kann vermutlich nichts weiter unternehmen, um dir zu helfen. Leider werden solche Beschlüsse formell von Mitarbeitern gefasst, die vielleicht nicht immer die Bedeutung gewisser Spezialeinsätze begreifen. Aber wir wollen hoffen, dass du deine Ermittlung zurückbekommst, auch wenn …«
»Auch wenn was?«, fragte Elina.
»Tja, das wissen wir schließlich beide. Ein paar Wochen vor der Verjährung. Dass du deinen Fall löst, ist ungefähr so wahrscheinlich, wie eine Mücke, die einen Elefanten frisst.«
»Ich glaube, dass sich der Fall lösen lässt. Sonst hätte ich ihn nicht noch mal aufgerollt.«
»Ausgezeichnet, ausgezeichnet. Alle Mitarbeiter sollen natürlich von ihren Aufgaben überzeugt sein.«
Elina wusste nicht recht, wovon er redete, wurde aber langsam wütend. »Und du bist das nicht? Warum hast du mir dann Rückendeckung gegeben?«
»Manchmal sind andere Dinge wichtiger.«
»Zum Beispiel was? Was ist wichtiger, als einen Mordfall zu lösen?«
»Natürlich nichts. Ich meine bloß, dass es bei der Polizei nicht nur um diese eine Ermittlung geht. Wir müssen längerfristig denken. Viel Glück, Wiik. Ich hoffe, dass bei dir alles wieder ins Lot kommt.«
Er legte auf. Sie versuchte zu begreifen. Ihr Unbehagen wuchs. Schließlich glaubte sie, ersticken zu müssen. Sie wünschte sich, Rosén wäre da, um ihr zu helfen. Sie wehrte sich gegen die Schlüsse, die die Äußerungen von Jesper Pärsson und Steve Klinga nahelegten. Hatte man sie ausgenutzt? Ging es um einen Machtkampf in Stockholm, bei dem Steve Klinga sie dazu verwendete, seinen Argumenten
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