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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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näher kam, sah sie, dass es Robert war.
    Sie blieb vor ihm stehen. »Du darfst nicht einfach so verschwinden«, schrie sie. Er versuchte, sie in die Arme zu nehmen, aber sie schlug um sich. »Wo warst du?«
    »Ich musste nur schnell etwas erledigen. Entschuldige, ich wollte dir keine Angst machen.«
    Sie sah sich um. Sie waren allein. Hatte sie sich das nur eingebildet? Sie ging an ihm vorbei und schaute ins Zelt.
    »Ich will jetzt nicht mit dir reden«, sagte sie. Er folgte ihr wie ein enttäuschter Welpe.
    »Willst du es dir nicht wenigstens ansehen?«, flehte er.
    »Nein«, sagte sie barsch und kroch in ihren Schlafsack. Demonstrativ drehte sie ihren Kopf von ihm weg.

39. KAPITEL
    Der Donnerstag war eine einzige lange Quälerei gewesen. Elina war in ihrem Zimmer auf und ab gegangen. Sie hatte nicht stillsitzen können. Das Telefon klingelte nicht. Heidi Jenssen ließ nichts von sich hören. Sollte sie sie nochmals anrufen und ihr Dampf machen? Aber dafür war es noch zu früh. Würde Heidi Jenssen überhaupt begreifen, was es bedeutete, dass sie nur noch eine Woche Zeit hatte? Eine Woche von fünfundzwanzig Jahren. Die Worte würde sie verstehen. Aber wohl kaum das Gefühl. Elina kämpfte gegen die Uhr. Sie hatte das Gefühl, als würde die Zeit zwischen ihren Fingern zerrinnen, als würde man sie ihr bald wie einen Teppich unter den Füßen wegziehen. Sie wusste nicht, ob sie danach jemals wieder auf die Beine kommen würde.
    Irgendetwas hatte sich zwischen Ulf Nyman und seiner Schülerin an der Entwicklungshilfeschule abgespielt und war von allen Beteiligten vertuscht worden. Elina fragte sich, welche Bedeutung das für ihre Ermittlung haben mochte. Es hatte kaum direkt mit Ylva zu tun. Aber es würde ihr ein besseres Bild davon vermitteln, wozu Ulf Nyman fähig war und somit für sie von Vorteil sein, wenn sie Nyman schließlich gegenüber stand. Ihr Wissen würde ihn vielleicht aus der Fassung bringen, in die Defensive zwingen und dazu bringen, etwas Unüberlegtes zu sagen.
     
    Um elf Uhr abends lag Elina in ihrem Bett. Sie war schon fast eingeschlafen, da holte sie das Klingeln des Telefons unbarmherzig in die Wirklichkeit zurück. Die Stimme einer Frau. Sie sprach Norwegisch mit einem Akzent, den Elina von Einwanderern in Schweden kannte, geographisch jedoch nicht zuordnen konnte.
    »Heidi Jenssen hat gesagt, dass ich Sie anrufen soll.«
    Mit einem Mal war Elina hellwach.
    »Sie sagte, es ginge um Ulf Nyman«, fuhr die Frau fort.
    »Ja. Sie müssen seine ehemalige Schülerin sein.«
    »Ich heiße Grace. Heidi sagte, es sei wichtig.«
    »Es ist sehr wichtig. Ich würde gerne wissen, was zwischen Ulf Nyman und Ihnen vorgefallen ist.«
    »Warum?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Aber es könnte erheblich zur Lösung eines sehr schweren Verbrechens beitragen. Ich möchte nicht näher darauf eingehen. Aber ich muss unbedingt wissen, was damals vorgefallen ist.«
    Die Frau schwieg eine Weile. »Dann müssen Sie hierher kommen.«
    »Nach Norwegen? Ich weiß nicht einmal, wo Sie wohnen.«
    »In Oslo.«
    »Ich treffe mich gerne mit Ihnen. Aber warum ist es so wichtig, dass ich zu Ihnen komme?«
    »Ich will Ihnen etwas zeigen.«
    »Und was?«
    »Das werden Sie dann schon sehen.«
    Elina zögerte kurz, dann suchte sie nach einem Stift und bat um die Adresse. »Ich komme morgen«, sagte sie.
    »Nein. Kommen Sie am Samstag.«
    »Mir wäre morgen lieber.«
    »Das geht nicht. Samstag.«
    Noch ein Tag verloren, dachte Elina. Aber es scheint mir nichts anderes übrig zu bleiben.
    »Okay. Dann bis Samstag.«
    »Ich erwarte Sie.«
     
    Elina legte sich wieder ins Bett. Ihre Gedanken machten jeden Versuch einzuschlafen zunichte. Was wollte sie ihr zeigen? Hatte er sie misshandelt? War sie von ihm gezeichnet worden? Wer war sie? Und dann die praktischen Fragen: durfte sie als schwedische Polizistin überhaupt eine Vernehmung in Norwegen durchführen? Wohl kaum, aber sie entschloss sich, dieser Frage gar nicht erst nachzugehen. Sie hatte keine Zeit, sich um eine Unmenge Formalitäten zu kümmern. Sie würde sich am Samstagmorgen einfach ins Auto setzen und niemanden um Erlaubnis fragen.

40. KAPITEL
    »Jens Paulus Karlsen? Knut Niklas Einarsen? Leif Oskar Bjerre?«
    Kari starrte auf den gelben Zettel. »Leif Oskar. Sind sie das?«
    »Die Pflegekinder. Genau!«
    »Wie hast du ihre Namen rausgekriegt?«
    Sie standen vor dem Zelt, nachdem sie sich in dem Toilettenhäuschen an der Straße gewaschen hatten. Kari hatte die ganze

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