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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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klopf an die Tür. Wir …«
    Ein feuchtes Husten brach aus Hall hervor. Als Geiger und Harry sich zu ihm umdrehten, bewegte Hall stöhnend Arme und Beine. Geiger kauerte sich neben ihn.
    »Geiger«, sagte Harry, »hast du dir wirklich überlegt, was du da tust?«
    Geiger löste Halls Krawatte und fesselte ihm damit die Füße.
    »Erstens«, sagte Harry, »hast du gegen dein eigenes erstes Gebot verstoßen: Lass nie das Äußere das Innere ändern. Ich will nicht sagen, dass ich der Meinung bin, du hättest einen Fehler begangen – es ist immerhin ein Kind –, aber ich weiß nicht, was jetzt aus uns werden soll.«
    Geiger zog den Knoten um Halls Fußgelenke fest.
    »Zweitens besteht vielleicht noch eine Chance, hier heil rauszukommen, aber wenn du den Jungen mitnimmst, bist du ein für alle Mal raus aus dem Geschäft. Hast du verstanden? Wenn sich das herumspricht, sind wir erledigt. Nicht mal Carmine gibt uns dann noch einen Auftrag. Hast du daran schon mal gedacht?«
    Geiger erhob sich und blickte Harry an.
    »Nein. Ich glaube, ich habe über nichts davon nachgedacht.«
    »Na, dann solltest du lieber mal damit anfangen, sonst …«
    »Harry, hör mir zu.«
    »Ich kann nicht glauben, dass du …«
    Geiger packte seinen Partner und rammte ihn gegen den Türrahmen. »Du hörst mir nicht zu, Harry. Halt den Mund, atme tief durch und hör dir an, was ich sage.«
    Harry, der kaum Luft bekam, nickte. »Okay«, sagte er. »Okay.«
    Geigers schwarze Pupillen waren unergründlich. Harry kamensie vor die Mündungen zweier Schrotflinten in einem grauen Nebel, die genau auf ihn zielten.
    »Hier geht es nicht um ein Gemälde«, sagte Geiger.
    Er ließ Harry los, ging zur Bar, schenkte sich ein Glas Wasser ein und trank. Harrys Schulterblätter schmerzten vom Aufprall gegen die Wand. Es war das erste und einzige Mal gewesen, dass Geiger ihn berührt hatte. Wie es aussah, gab es in dieser Nacht noch weitere erste Male – und letzte Male wahrscheinlich auch. Er beobachtete, wie Geigers Adamsapfel auf und ab tanzte, bis Geiger schließlich das geleerte Glas abstellte.
    »Mr. Hall«, sagte er dann, »ist kein Privatdetektiv, der für einen reichen Kunstsammler arbeitet.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Er sagte, er wäre zu mir gekommen, weil ich ›zurückhaltender‹ bin als Dalton. Wenn ich abgelehnt hätte, wäre er mit Ezra zu Dalton gegangen, obwohl er wusste, dass der Junge dabei zum ›Norell‹ werden könnte, zum blutigen Wrack. Würdest du so etwas tun, um ein gestohlenes Gemälde wiederzubeschaffen?«
    »Wer ist der Kerl dann?«
    »Ich weiß es nicht.« Geiger wandte sich wieder Harry zu. »Aber wer immer Hall ist, ich glaube nicht, dass er aufgibt – und seine Stellenbeschreibung führt vielleicht auch Mord als zulässiges Mittel auf.«
    »Darf ich dich noch etwas fragen?«
    Geiger wartete. Seine Finger erwachten wieder zum Leben.
    »Was ist passiert, Geiger?«
    »Inwiefern?«
    »In Bezug auf dich. Irgendetwas ist passiert.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte Geiger.
    Harry schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, ich auch nicht.«
    Und das war’s , dachte Harry. Keine weiteren Fragen, denn Geiger besaß keine Antworten. In diesem Raum hatte eine Flut von Veränderungen stattgefunden, und Harry stand bis zum Hals im Wasser und konnte kaum den Kopf über den Wellen halten.Land war keines in Sicht, und er wusste nicht, in welche Richtung er schwimmen sollte. Und wenn er mit viel Glück je ans Ufer gelangte, hatte er keine Garantie, dass ihm nicht jemand sofort den Schädel wegpustete. Sicher sein konnte er nur, dass an dem Strand, falls er ihn jemals erreichen sollte, keine Aktenkoffer voll Geld mehr auf ihn warten würden. Der Schock dieses Gedankens – dass irgendwo auf kosmischer Ebene ein Ausgleich der Waagschalen stattfand, dass ein wiedererwachtes Gefühl Geiger zu einem spontanen Gnadenakt veranlasst hatte – ließ Harry lächeln, so traurig, wie vielleicht jemand lächelt, der in einer unordentlichen Schreibtischschublade etwas sucht und stattdessen das vergilbte Foto eines verstorbenen Menschen findet, der ihm lieb und teuer gewesen war.
    »Warum lächelst du?«
    »Ist nicht so wichtig.«
    »Dann besorg das Auto.«
    »Mach ich.«
    Harry gestattete sich einen letzten Blick auf Halls Aktenkoffer und ging hinaus. Geiger sah zu, wie er in den Aufzug stieg und hinunterfuhr. Dass er sich mit Harry beschäftigt hatte, hatte ihm ein wenig Halt und Sicherheit zurückgegeben. Der Vorgang des

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