Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
Vom Netzwerk:
ich schieße. Haben Sie verstanden?«
    »Ja.«
    Dalton ließ die Waffe und den Blick auf Geigers Gesicht gerichtet, während er mit der freien Hand die Fessel ertastete und die Schnalle öffnete. Dann machte er vier Schritte zurück,zog die Handschuhe aus und ließ sie auf den Boden fallen. Geiger bemerkte, wie präzise Dalton sich bewegte – er war sorgsam bis ins letzte Detail, geriet nicht ins Schwitzen, blieb völlig unbewegt. Seine Pistole zeigte noch immer genau auf Geigers Stirn.
    »Sie dürfen jetzt«, sagte Dalton.
    Geiger hob den Arm. Zuerst hatte er das Gefühl, der Arm wäre außerordentlich leicht, doch als er nach unten griff, kehrte das Gefühl sich um, und Fleisch und Knochen fühlten sich dermaßen aufgedunsen an, dass sein Arm ihn durch sein Gewicht vom Stuhl auf den Fußboden hätte ziehen können, wäre er nicht an der Brust angeschnallt gewesen. Er löste die erste Fußfessel.
    Dalton lachte trocken. »Das war wirklich beeindruckend, Geiger. Wenn ich meine Memoiren schreibe, sind Sie eines der Highlights.«
    Geiger befreite den anderen Fuß. »Sie schreiben ein Buch?«
    »Wenn ich in den Ruhestand gehe. Den Titel weiß ich schon: ›Dalton – mein Leben als Folterer‹.«
    Geiger setzte sich auf und löste den Brustriemen. Seine Rippen hoben sich, und seine Lunge blähte sich wie ein Blasebalg. Die Luft, die hineinströmte, fühlte sich kühl und dicht an.
    »Aber keine Sorge, Geiger, ich ändere Ihren Namen.« Dalton lachte meckernd. »Ich werde wohl eine Anmerkung einfügen müssen: ›Mehrere Namen wurden geändert, um Schuldige zu schützen.‹«
    Geigers Finger schlossen sich um die letzte Fessel an seinem anderen Handgelenk, und er löste die Schnalle. Er blickte Dalton an und fühlte sich plötzlich wieder leichter. »Ich werde jetzt aufstehen und in den Beobachtungsraum gehen. Dort werde ich mich nähen und mir frische Kleidung nehmen.«
    »Nur zu«, sagte Dalton und winkte Geiger mit der Pistole hoch.
    Geiger erhob sich vom Friseurstuhl. Seine ersten Schrittewaren zögerlich, und er spreizte die Arme an den Hüften leicht ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Seine untere Körperhälfte fühlte sich seltsam beschwert an, als hätten seine Innereien sich teilweise gelöst, wären unter seine Gürtellinie gerutscht und in Beinen und Füßen zur Ruhe gekommen. Die locker um sein Bein gewickelte, blutgetränkte Gaze rutschte hinunter. Als Geiger voranschlurfte, löste sie sich, und er zog sie am Boden hinter sich her.
    Dalton folgte ihm durch die Tür und blieb stehen, als Geiger einen Schrank am anderen Ende des Beobachtungsraums öffnete. Auf einer Seite waren Verbandmaterial und Medikamente, auf der anderen Schubladen mit Kleidung. Geiger nahm Päckchen mit Nadeln und resorbierbaren Fäden heraus, eine Schere, eine Rolle Verbandstoff und Leukoplast. Er überlegte, Lidocain-Spray zu benutzen, entschied sich aber dagegen, denn die Wundränder waren ausgerissen und daher knifflig zu nähen; deshalb war es besser, den Schmerz in Kauf zu nehmen und nach Gefühl eine enge Naht zu nähen.
    Geiger nahm eine Hose und einen schwarzen Pullover aus einer Schublade und hinkte zur Couch. Er ließ sich auf die Kissen sinken, aber Geist und Körper fehlte noch die Koordination. Ehe er ganz saß, stieß er sich heftig den Kopf an der Wand.
    »Autsch«, sagte Dalton und senkte die Waffe.
    Geiger hielt sich Nadel und Faden vor die Nase. Beim Einfädeln störte ihn eine wiederkehrende optische Verschiebung zwischen Vordergrund und Hintergrund, als wäre sein Gehirn ein Kameraobjektiv, das sich automatisch scharfzustellen versuchte. Beim dritten Versuch fand Geiger das Nadelöhr mit dem Faden.
    Dalton nahm eine Flasche Remy Martin aus der Bar und schenkte sich ein. Er nippte am Cognac und beobachtete Geiger, wie er einen Schnitt nach dem anderen nähte. Seine Stiche erfolgten präzise wie bei einem Schneidermeister. Er sah Geiger kein einziges Mal zusammenzucken – der Kerl war so schmerzunempfindlich wie ein Stein.
    »Wo haben Sie das gelernt?«, erkundigte sich Dalton.
    »Mein Vater hat es mir beigebracht.«
    Geiger hatte sich bemüht, den Schmerz zu verteilen, indem er das Brennen in der Brust, das Pochen im Mund und das Schneiden im Bein vereinte und durch seinen Körper sandte, bis der Schmerz überall war, sodass jeder Stich der Nadel, jeder Zug des Fadens mehr Teil eines Ganzen war als ein individueller Angriff auf sein Fleisch.
    »Ist er Arzt?«
    »Er war Zimmermann. Er ist tot.«
    Geiger

Weitere Kostenlose Bücher