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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einmal die Hälfte verstehe. Ich weiß ja nicht einmal wirklich, was Sie sind. Sie erzählen mir etwas von Jared und Shait und dem Hyperraum und …« Er suchte einen Moment lang verzweifelt nach Worten. »… und verlangen von mir, daß ich mein und Nets und vielleicht das Leben jedes einzelnen Menschen auf diesem Planten aufs Spiel setze, um etwas zu tun, von dem ich nicht einmal weiß, warum ich es tun soll!« Er spürte selbst, wie hölzern diese Worte klangen. Sie sagten nicht das, was er hatte sagen wollen. »Ich verstehe Sie, Hartmann«, sagte Kyle ruhig. Er seufzte. »Vielleicht haben Sie recht. Ich hätte Ihnen vieles erklären müssen, Ihnen und Captain Laird und den anderen. Aber die Zeit war so kurz, und es ging alles so schnell … Ich verspreche Ihnen, daß Sie die Wahrheit erfahren werden, wenn … wir das hier überstehen.« »Nein«, sagte Hartmann zornig. Sofort. Oder ich verspreche Ihnen, Kyle, daß Net und ich unserer Wege gehen und Sie hier liegen lassen.« Kyle sah ihn durchdringend an – und plötzlich lachte er ganz leise. »Aber wohin wollen Sie denn gehen, Hartmann?« fragte er. Hartmann schlug zu, so hart er konnte. Kyles Kopf flog zurück und prallte gegen die Wand, und Net sah überrascht zu ihnen herab, sagte aber nichts, sondern runzelte nur die Stirn. »Es reicht, Kyle«, sagte Hartmann. Sein Atem ging schnell. Seine Hand schmerzte, so heftig hatte er zugeschlagen, und aus Kyles Mundwinkel lief Blut. Er bezweifelte, daß der Megamann den Schlag überhaupt richtig gespürt hatte – aber das spielte auch keine Rolle. Wichtig war die Absicht, die dahinter stand, und die hatte Kyle garantiert verstanden. »Das war nicht nötig, Hartmann«, sagte Kyle nach einer Weile. Hartmann ballte zornig die Faust, hob den Arm – und ließ die Hand mit einem erschöpften Seufzer wieder sinken. Plötzlich kam er  sich unsagbar dumm und hilflos vor. »Es tut mir leid«, murmelte er. »Ich … habe die Beherrschung verloren.« »Es ist nicht nötig, mich zu schlagen«, sagte Kyle, während er sich mit dem Handrücken das Blut von der Unterlippe wischte. Eine Sekunde lang sah er auf den roten Fleck auf seiner Hand herab und runzelte die Stirn, als begriffe er nicht einmal dessen Bedeutung. »Ich sagte bereits – es tut mir leid!« wiederholte Hartmann, bereits wieder zornig werdend. »Nein, Hartmann, das stimmt nicht«, sagte Kyle. »Es tut Ihnen nicht leid. Aber Sie haben Angst. Große Angst. Vor mir.« Wieder verging eine Sekunde, in der er Hartmann nur auf diese beunruhigend vertraute Weise ansah: »Warum?« »Hören Sie auf, Kyle«, flüsterte Hartmann. »Ich habe mich entschuldigt. Was wollen Sie noch?« »Daß Sie aufhören, mich zu fürchten, Hartmann.« Kyle hob die Hand und deutete zur Tür hinauf. »Sie haben dieses Ungeheuer gesehen, und Sie fürchten es wie den Tod – mit Recht. Aber ich sehe diese Angst nicht zum ersten Mal in Ihrem Blick. Sie haben Angst vor uns. Vor den Jared. Aber das müssen Sie nicht. Wir sind nicht wie die Shait.« »O nein, ich weiß nicht!« antwortete Hartmann aufgebracht. Er wollte das nicht sagen. Er wußte nicht einmal genau, was er sagen würde, bis zu dem Moment, in dem er die Worte aussprach. Aber sie waren in ihm, ein Ausdruck einer Furcht, die ihn vom allerersten Moment an, in dem er Kyle und den Jared begegnet war, nicht mehr losgelassen hatte. Plötzlich, als hätte er eine Tür in seinem Geist geöffnet und wäre selbst gar nicht mehr in der Lage, sie wieder zu schließen, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. Erregt gestikulierte er zur Tür hinauf. »Sie sehen nicht so scheußlich aus, nicht wahr? Sie sind kein Ungeheuer. O nein! Sie benutzen menschliche Körper – oder die, die Ihnen gerade in den Kram passen! Aber waren es nicht Ihre eigenen Worte, Kyle, daß das Äußere eines Individuums nichts über seine wirklichen Absichten und sein wirkliches Wesen verraten muß? Wer sagt mir, daß Sie nicht genauso wie sie sind? Wer sagt mir, daß ich euch nicht dabei helfe, die Erde zu befreien, sondern sie für euch zu erobern statt für die Shait!« Er wußte nicht, welche Reaktion er erwartet hatte – Zorn vielleicht oder eine wohlwollende Herablassung. Aber alles, was er in Kyles Augen las, war ein Ausdruck tiefer Trauer. Doch nicht einmal dieses Gefühl vermochte ihn vollends zu überzeugen. Er wußte nicht, wer dieses Wesen war, von dem sie alle kaum mehr als seinen Namen kannten. »Es tut mir leid, Hartmann«, sagte Kyle.

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