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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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natürlich, die in der Schule alle Kathi nannten. Doch reichte das für ein Motiv? Wohl nicht, beschloss Verena, während sie ihren Motor startete.
    Im Büro, es war 18 Uhr, brachte sie sich auf den neuesten Stand: E-Mails, Notizen der Sekretärin und ein Dutzend fliegende Zettel. Die übliche Sammelwut in der ersten Phase von Ermittlungen. Sie checkte ihre Maileingänge, 40 seit dem Morgen, Routinefälle in ihrem Dezernat, die nebenher weiterliefen, und Hinweise auf mögliche Spuren im Mordfall Stein. Nichts Weltbewegendes war darunter. Verena leitete die E-Mails weiter.
    Eine Nachricht von Petra Schramm: Der Landesvorsitzende der Bürgerpartei stand ab morgen früh in der Parteizentrale zur Verfügung; Professor Zorn, der Wichtigtuer, hatte um ihren Besuch im Institut für Rechtsmedizin gebeten; die Spezialisten hatten das Passwort von Steins Handy geknackt, man wusste jetzt, mit wem er gestern Kontakt gehabt hatte. Kurz vor sieben hatte er mit Bernd Wagner telefoniert, davor war das Handy stundenlang abgeschaltet gewesen. Die Mailbox war mittags zuletzt abgehört worden. Sechs Eingänge. Ein Anrufer hatte aufgelegt, er wurde noch ermittelt. Zwei Anrufe von einer Frau Peters, die aufgeregt um Rückruf bat. Ein Anruf von Marion Klaßen, sie bedankte sich für Essen und Gespräch. Nach sechs ein Anruf von Töchterchen Katharina, die ihrem Papi „Gute Nacht“ wünschte. Vielversprechend klang der Anruf eines Mannes namens Hübner. Er klang aufgebracht und wollte sich kurzfristig mit Stein treffen. Es ginge um die Deutsche Antriebstechnik. Der Tonfall war drohend, Hübner bat nicht, er forderte.
    Verena Hauser erinnerte sich. War die Deutsche Antriebstechnik nicht das Unternehmen, über das die Presse berichtet hatte? Das Unternehmen, das fusionieren wollte? Sie suchte in den Ordnern mit den Zeitungsberichten über Stein, fand aber keine Hinweise. Dann griff sie nach ihrer Tasche, Zeit den Anwalt aufzusuchen. Eigentlich hatte Stollmann es übernehmen wollen, aber dann war ihm etwas dazwischen gekommen. Jedenfalls behauptete er es.
    Für eine renommierte Anwaltskanzlei sah das gelb getünchte Haus unscheinbar aus. Das änderte sich, als Verena das Treppenhaus betrat. Marmorfußboden, hochwertiges Treppengeländer, moderne Original gemälde an den Wänden.
    In der Kanzlei sorgte die Klimaanlage für mitteleuropäische Temperaturen. Nach der brütenden Hitze draußen ein Schock. Die Dame am Empfang war ausnehmend elegant, akkurat frisiert, trug eine Perlenkette und hatte einen erlesenen Kleidergeschmack. Verena kam sich in ihrer weißen Jeans und der ärmellosen Bluse schäbig vor.
    Die Geschmackvolle führte sie in den Besprechungsraum. Es war für zwei Personen gedeckt, Tassen, Gläser und eine Alukanne, die hinter einem riesigen Strauß gelber Rosen verborgen war.
    Sie setzte sich. Wohl war ihr bei dem Gedanken nicht, den Anwalt wieder zu sehen. Hackmann war seit ihrer letzten Begegnung nicht gewachsen, aber immerhin etwas schlanker geworden. Nicht mehr so dick, aber immer noch gut im Futter. Mit seinem rötlichen Gesicht sah er aus wie ein Landwirt und nicht wie ein erfolgreicher Fachanwalt.
    Verena hatte die Wahl zwischen Wasser und Kaffee und kam gleich zur Sache: „Sie wissen natürlich, warum ich hier bin.“
    Hackmann verlor keine Zeit mit koketten Spielchen: „Eine schlimme Nachricht, ich konnte es nicht glauben, als ich es heute Morgen erfuhr. Ich glaube es immer noch nicht. Aber da Sie nun hier sind, ist wohl kein Zweifel möglich.“
    Verena glich die ihr vorliegenden Unterlagen ab. Über acht Jahre war Stein in der Kanzlei tätig gewesen, im letzten Jahr hatte er seine Tätigkeit deutlich zurückgefahren, vor sechs Monaten war er ausgeschieden, um sich ganz auf seine politische Karriere zu konzentrieren.
    Hackmann sang das Loblied auf seinen Ex-Kollegen: „Er war intelligent, ehrgeizig und sehr effizient. Solche Talente fehlen in der Politik. Ich habe gerade mit seiner Frau telefoniert und ihr meinen Besuch angekündigt. Schreckliche Sache, das. Sie und die Tochter stehen jetzt ja ganz alleine da. Uwe und Isabel waren Einzelkinder. Es gibt wohl auch weiter keine Familie, die sie auffangen könnte.“
    Hackmann begann, die Kriminalbeamtin auszufragen: Verdächtige, Spuren, Reaktion der Medien. Der Golfschläger interessierte ihn besonders. Verena versuchte, den viel zu starken Kaffee trinkbar zu machen, erst mit Milch, dann mit Zucker.
    Hackmann sah ihr eine Weile dabei zu, bevor er sagte: „Trinken Sie

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