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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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zuletzt nicht mehr zu unseren Weihnachtsfeiern im Restaurant Wichmann mitgebracht. Dort gibt es übrigens die beste Weihnachtsgans weit und breit. Kann ich nur empfehlen.“
    „Danke, ich kenne Wichmann.“ Ich habe schließlich jahrelang an den Weihnachtsessen, die mein Verflossener für seine Mitarbeiter gegeben hat, teilgenommen, hätte sie hinzufügen können. „Ich wundere mich immer noch, wie wenig Sie über den privaten Uwe Stein wissen.“
    „Anwälte sind Einzelkämpfer. Jeder macht sein eigenes Ding und redet nicht viel darüber. Das würden die Mandanten auch nicht schätzen. Steuersachen, ganz besonders Strafsachen, sind eine delikate Angelegenheit. Bei uns ist Diskretion oberstes Gebot. So gesehen hat sich Uwe vorbildlich verhalten.“
    „Wie war er als Kollege? Im Umgang mit den gleichgestellten Anwälten und den Mitarbeiterinnen im Sekretariat?“
    „Ich weiß nicht, weshalb Sie so auf diesem Punkt bestehen. Sie können doch nicht im Ernst glauben, in meinem Haus einen Mörder zu finden. Es gab einmal eine Klage aus dem Sekretariat über Uwe. Er sei übertrieben misstrauisch und leide unter Kontrollzwang. Das hat die bewusste Dame frustriert. Ich habe darüber mit Uwe gesprochen und ihm eine andere Mitarbeiterin zugewiesen. Danach gab es keine Klagen mehr. Sie werden das aus Ihrem Haus kennen. Manchmal stimmt die Chemie nicht, das ist nichts Persönliches.“
    „Und Sie selbst, hat zwischen ihnen die Chemie gestimmt?“
    „Wir sind uns nicht an die Gurgel gegangen. Natürlich gab es auch mal kleinere Konflikte. In neun Jahren bleibt das nicht aus. Ich wette, Sie kriegen sich auch ab und zu mit jemandem aus Ihrem Kollegenkreis in die Wolle.“
    Er brach ab, ihm war offenbar etwas eingefallen. Verena wartete ab.
    Hackmann trat ans Fenster. Mit dem Rücken zu seiner Besucherin sagte er: „Einmal gab es eine Auseinandersetzung, die gravierender war. Es ging um einen potenziellen Mandanten, einen Litauer, mit erstem Wohnsitz in St. Petersburg und Zweitwohnsitz in Zürich. Er behauptete, Investitionen in Hannover tätigen zu wollen. Ich hatte von Anfang an einen komischen Eindruck. Manchmal hat man so ein Gefühl. Das ist noch kein Beweis, aber man wird vorsichtiger. Mit dem Mann stimmte was nicht. Als er davon sprach, dass sein Geldhaus das Bankhaus Vaduz sei, habe ich die Reißleine gezogen und ihn freundlich gebeten, sich eine andere Kanzlei zu suchen. Wir vertreten zwar auch Steuersünder gegenüber den Finanzbehörden. Aber mit Geldwäsche will ich nichts zu tun haben. Und darum schien es zu gehen. Stein sah das anders. Er meinte, ich würde den Teufel an die Wand malen, es sei nicht bewiesen, dass das Geld aus kriminellen Geschäften stamme. Das Mandat würde der Kanzlei viel Geld einbringen, es wäre falsch, darauf zu verzichten. Aber letztlich lag die Entscheidung bei mir und Stein musste sie akzeptieren, damals war er noch kein Juniorpartner. Das Ganze liegt über zwei Jahre zurück, ich sehe keinen Zusammenhang mit dem Mord.“
    „Der Litauer tauchte nicht mehr auf?“
    „Bei mir nicht, nein.“
    Hackmann schaute auf seine Armbanduhr: „In fünf Minuten erwarte ich einen wichtigen Mandanten. Können wir zum Schluss kommen?“
    „Ja, wie geht es übrigens Karla Heise und ihrer Mutter?“, knüpfte Verena an die Staatskanzleimorde an.
    „Karla? Ihr geht es gut, sie lebt jetzt bei mir. Sie haben vielleicht gehört, dass die Mutter von Karlas Freundin, Frau Klaus, und ich geheiratet haben. Karlas Mutter ist in Bayern geblieben. Sie hat in der Klinik einen Mann aus dem Allgäu kennengelernt, bei dem sie nun lebt.“
    Als Verena gegangen war, kehrte Hackmann in sein Büro zurück. Gegenüber spielte ein kleiner Junge auf dem Rasen Fußball, die Hitze machte ihm nichts aus. Hackmann ging zu seinem Schreibtisch hinüber und öffnete die untere Schublade. Der Umschlag lag noch dort, genau wie Stein ihn ausgehändigt hatte. Nicht unmöglich, dass der Inhalt Rückschlüsse auf das Tatmotiv lieferte. Aber das zu entscheiden, war nicht Hackmanns Sache. Er würde ihn der Person aushändigen, für die er bestimmt war.
    Es war fast 21 Uhr, als Verena nach Hause fuhr und noch immer kein Gewitter in Sicht. Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht von Schwester Hildegard aus dem Osnabrücker Seniorenheim, in dem Verenas Mutter seit Anfang des Jahres lebte. Der Zustand der alten Dame sei kritisch geworden, Bitte um baldigen Rückruf. Auch Dagmar bat um ihren Rückruf, es ging um Verenas Geburtstag.

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